Politik

Google gibt Regierung in London oberstes Zensur-Recht für YouTube

Google erteilt der Regierung in London umfassende Zensur-Rechte beim Videoportal YouTube. Inhalte, welche „die nationale Sicherheit gefährden“, können sofort gelöscht werden. In China will Google die Suchanfragen dagegen verschlüsseln: Dort muss sich der Internet-Gigant den Markt erst erobern.
14.03.2014 00:24
Lesezeit: 2 min

Der Internet-Konzern Google beginnt mit der Verschlüsselung von Suchanfragen aus China. Chinesische Nutzer sollen damit die Möglichkeit erhalten, anonymisierte Suchen im Internet durchzuführen und um auf bisher gesperrte Inhalte zuzugreifen.

Das Unternehmen aus dem Silicon Valley fordert so die Zensoren der Kommunisten Partei heraus, wie die Washington Post berichtet. Google starte derzeit eine weltweite Datenschutz-Offensive und wolle die Überwachung der Nutzer durch staatliche Geheimdienste erschweren, behauptet das Blatt.

Der tatsächliche Grund dürfte wohl eher wirtschaftlicher Natur sein. Google droht den Kampf um den chinesischen Markt endgültig zu verlieren. Der größte Konkurrent Baidu kontrolliert mittlerweile über 75 Prozent der Suchanfragen. Google arbeitete bis 2009 noch unter Selbstzensur in China. Seit 2010 zog sich Google jedoch zunehmend aus China zurück und geht seitdem auf Konfrontationskurs mit den staatlichen Behörden. Durch die Verschlüsselung von chinesischen Suchanfragen, hofft der Konzern seine Umsätze in China wieder zu steigern.

„Egal, was der Grund dafür ist, aber dieser Schritt wird chinesischen Internetnutzern dabei helfen, Inhalte zu sehen, die sie nie zuvor gesehen haben“, sagte der chinesische Aktivist Percy Alpha. Er ist Mitbegründer der Plattform GreatFire.org, die die Aktivitäten der chinesischen Zensoren beobachtet.

Die Verschlüsselung chinesischer Suchanfragen folgt auf eine Rede von Google-Chef Eric Schmidt. „Wir können die staatliche Zensur innerhalb eines Jahrzehnts beenden“, so Schmidt. Dafür verschlüssele Google nun Stück für Stück seine Dienste im Netz.

Der Internet-Aktivist Jeff Chester vom Centre of Digital Democracy hält das Google-Manöver für wenig überzeugend. „Es ist ein guter Zug, soviel wie möglich zu verschlüsseln, aber ich denke Google betreibt hier Effekthascherei“, so Chester.

Dafür spricht auch, dass Google in Europa nach wie vor eng mit den staatlichen Behörden zusammenarbeitet. Wie die FT berichtet, gestattet der Internetkonzern den britischen Behörden bevorzugte Zugangsrechte zu seiner Video-Plattform YouTube. Die Behörden können das Portal so in Echtzeit nach Inhalten absuchen, die „die nationale Sicherheit gefährden“, um diese umgehend löschen zu lassen. Begründet wird der Einschnitt mit dem „Kampf gegen den Terrorismus“.

„[Das Video-Material] mag nicht illegal sein, aber es ist sicher nicht das, was die Menschen sehen wollen“, sagte der britische Sicherheits- und Immigrationsminister James Brokenshire der FT.

Dadurch beugt sich Google dem Druck der britischen Regierung. Diese fordert schon länger von Suchmaschinen und Sozialen Medien, dass sie „extremistische Inhalte“ zensieren, auch wenn diese nicht gegen das Gesetz verstoßen. Zudem plant die Regierung die Einführung eines Filters, der pornografische, gewalttätige und esoterische Inhalte blockiert. Dadurch kehrte die Zensur endgültig zurück nach Europa (mehr hier).

Erst kürzlich wurde bekannt, dass der britische Geheimdienst Internetnutzer über deren Webcams ausspioniert (hier). Zudem unterwandert er gezielt kritische Webseiten mit Foren-Trollen und schreckt bei der Unterdrückung unerwünschter Stimmen auch vor Rufmord nicht zurück (hier).

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