Politik

Russische Armee zieht sich aus Cherson zurück - oder doch nicht?

Die russische Armee hat angekündigt, das Gebiet rechts des Dnipro aufzugeben. Die Ukraine reagiert auffallend verhalten.
09.11.2022 16:45
Aktualisiert: 09.11.2022 16:45
Lesezeit: 1 min

Russland hat den Rückzug seiner Truppen westlich des ukrainischen Flusses Dnipro um die Stadt Cherson im Süden des Landes angeordnet. Das teilte Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Mittwoch mit.

General Sergej Surowikin erklärte ergänzend, beabsichtigt sei, dass die Streitkräfte sich auf das Halten des Ostufers des Flusses konzentrieren sollten. Es bestehe die Gefahr, dass das Gebiet am Westufer überschwemmt werde und die russischen Truppen dort eingekesselt würden.

Mit dem Rückzug verliert Russland im Süden die Kontrolle über die einzige ukrainische Gebietshauptstadt, die es seit Beginn des Angriffskriegs Ende Februar eroberte.

„Das Leben und die Gesundheit der Soldaten der Russischen Föderation waren immer eine Priorität“, sagte Schoigu zur Begründung. Surowikin berichtete von zuletzt heftigem Beschuss der Ukrainer auf die Stadt Cherson und umliegende Ortschaften.

Russland hatte das Gebiet Cherson in den ersten Kriegswochen weitgehend besetzt und im September - ebenso wie die Regionen Saporischschja, Luhansk und Donezk - völkerrechtswidrig annektiert. Ungeachtet dessen kündigte die Ukraine immer wieder an, Stadt und Gebiet Cherson auch mithilfe westlicher Waffen befreien zu wollen.

In den vergangenen Wochen gab es andauernde heftige Kämpfe. Mehrfach berichteten die Ukrainer von großen Zerstörungen und hohen Verlusten auf russischer Seite. Unabhängig konnte das oft zwar nicht überprüft werden. Zuletzt rechneten aber auch russische Militärblogger mit einem baldigen Rückzug der eigenen Truppen aus der Stadt Cherson.

Auch Kommandeur Surowikin kündigte bereits im Oktober „schwierige Entscheidungen“ in Cherson an, was von Beobachtern als Indiz für einen geplanten Abzug gedeutet wurde. Zudem brachten die russischen Truppen eigenen Angaben zufolge Zehntausende Zivilisten aus der Stadt Cherson weg.

Ukraine reagiert verhalten

Die Ukraine reagiert verhalten auf die Ankündigung. Es sei zu früh, von einem Abzug zu sprechen, sagt Präsidentenberater Mychailo Podoljak der Nachrichtenagentur Reuters. Es verblieben einige russische Truppen in der Stadt, zudem würden zusätzliche Kräfte in die Region beordert. Die Ankündigungen aus Moskau und die Handlungen vor Ort seien mitunter höchst unterschiedlich. Solange nicht die ukrainische Flagge über Cherson wehe, könne von einem russischen Rückzug nicht gesprochen werden. Die ukrainischen Streitkräfte hielten sich an die Vorgabe, sich auf Aufklärung, Risikoabwägung und effektive Gegenangriffe zu konzentrieren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Halbleiter-Aktien: Wie die ASML-Aktie zur europäischen Macht im Chipsektor wird
08.12.2025

Die US-Großbank Bank of America setzt in Europa auf einen Chipkonzern, der in einem neuen Wachstumszyklus steckt und die Branche unter...

DWN
Politik
Politik EU-Staaten beschließen schärfere Migrationspolitik
08.12.2025

Die EU zieht die Zügel in der Migrationspolitik an: Abschiebungen sollen leichter, Verteilung verpflichtender werden. Doch neue Regeln zu...

DWN
Politik
Politik Russland tobt nach Interview mit ehemaligen NATO-General Rob Bauer
08.12.2025

Ein explosiver Schlagabtausch zwischen Russland und einem früheren NATO-Spitzenoffizier schürt neue Ängste vor einer Eskalation. Moskau...

DWN
Politik
Politik EU-Kommission: Vorschläge zum Verbrenner-Aus nächste Woche
08.12.2025

Die EU-Kommission legt am 16.12. neue Vorschläge zum Verbrenner-Aus vor. Nach wachsender Kritik aus Industrie, Politik und Bevölkerung...

DWN
Finanzen
Finanzen Confluent-Aktie auf Höhenflug: IBM will Dateninfrastruktur-Spezialisten Confluent kaufen
08.12.2025

Ein Mega-Deal rückt die Confluent-Aktie schlagartig ins Rampenlicht: IBM bietet Milliarden für den Datenstreaming-Spezialisten Confluent....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft VDA rechnet 2026 mit rund 693.000 neuen E-Autos
08.12.2025

Deutschlands Autokäufer stehen vor einem elektrischen Wendepunkt: Verbände prognostizieren deutliche Zuwächse bei Elektroautos und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtwechsel im Arbeitsmarkt 2025: Arbeitgeber geben wieder den Ton an
08.12.2025

Der Wind am Arbeitsmarkt 2025 dreht sich offenbar: Nach Jahren der Bewerbermacht gewinnen Unternehmen wieder Spielraum. Jan-Niklas Hustedt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Insolvenzzahlen 2025: Warum Firmenpleiten weiter steigen
08.12.2025

Deutschlands Insolvenzzahlen klettern auf den höchsten Stand seit Jahren. Besonders Mittelstand, Handel und Autozulieferer geraten unter...