Nach längerem Zögern hat Polen dem von der Europäischen Union angestrebten Preisdeckel auf russisches Öl in Höhe von 60 Dollar pro Barrel zugestimmt. Zudem sei ein Anpassungsmechanismus vorgesehen, der die Grenze bei mindestens fünf Prozent unter dem Marktpreis hält, sollte ein Fass Öl günstiger als 60 Dollar werden, teilte Polens EU-Botschafter Andrzej Sados am Freitag mit. Sein Land hatte für einen möglichst großen Abschlag auf den Marktpreis argumentiert, um Russland die Finanzierung des Krieges gegen die Ukraine zu erschweren. Mit der Zustimmung Polens können die EU-Staaten nun über das Wochenende den Preisdeckel, der für über den Seeweg transportiertes russisches Öl gelten soll, formell unter Dach und Fach bringen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wies in einer ersten Reaktion darauf hin, dass der Preisdeckel im Laufe der Zeit angepasst werden könne. Er werde zudem die weltweiten Energie-Märkte stabilisieren, erklärte sie in einer Videobotschaft. Auch der Pressesprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, sprach von der Möglichkeit, den Deckel anzupassen. Dieser werde dabei helfen, die Öl-Gewinne von Russlands Präsident Wladimir Putin zu begrenzen.
Das Vorhaben nimmt einen Plan der sieben führenden Industriestaaten (G7) auf und soll einen EU-Beschluss ersetzen, wonach russisches Öl ab Montag gar nicht mehr in Europa angelandet werden darf. Ziel ist es, auf der einen Seite Russlands Einnahmen zu schmälern. Daher setzten sich gerade Polen und die baltischen Staaten für einen geringen Preis ein. Auf der anderen Seite soll der weltweite Ölpreis jedoch nicht durch einen kompletten Importstopp in die Höhe getrieben werden, da Russland etwa zehn Prozent des weltweiten Öls produziert. Der Hebel zur Umsetzung der Preisgrenze soll sein, dass Versicherungen und Reedereien sich an den russischen Geschäften nur beteiligen dürfen, wenn das Öl unter 60 Dollar verkauft wird. Am Freitagnachmittag lag der Preis für russisches Ural-Öl bei 67 Dollar je Barrel.
Unklar blieb zunächst, wie Russland reagiert. Die Regierung in Moskau hatte einen Lieferboykott für Staaten angedeutet, die sich an einem Preisdeckel beteiligen. Ausgenommen von den EU-Sanktionen ist Pipeline-Öl, das nach Europa fließt. Darauf hatte unter anderem Ungarn gedrungen. Deutschland jedoch hat erklärt, ab 2023 auch auf diesem Weg kein russisches Öl mehr abzunehmen. Daher sucht die Bundesregierung einen anderen Weg, um die Versorgung der Raffinerie Schwedt zu sichern. Im Gespräch ist auch ein Preisdeckel für Erdgas. Hier soll im Dezember eine Einigung erzielt werden, die EU ist bei dem Thema jedoch seit Monaten zerstritten.