Finanzen

2022 „eines der bedeutendsten Jahre der Vermögensvernichtung“

Lesezeit: 2 min
02.01.2023 14:46  Aktualisiert: 02.01.2023 14:46
Finanzexperten zufolge ist die hartnäckig hohe Inflation eine riesige Herausforderung. Aktien und Anleihen erzielten vergangenes Jahr eine „signifikant negative Rendite“.
2022 „eines der bedeutendsten Jahre der Vermögensvernichtung“
Laut der Schweizer Privatbank Lombard Odier ist 2022 eines von nur drei Jahren seit 1926, in denen sowohl Aktien als auch Anleihen im Wert gesunken sind. (Foto: dpa)
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2022 war Anlegern zufolge eines der schlechtesten Jahre seit einem Jahrhundert. Eine rasant steigende Inflation sowie Aktien und Anleihen, die massiv abverkauft wurden, haben die Rendite stark unter Druck gesetzt.

Die anhaltend hohe Inflation ist eine große Herausforderung für die Erhaltung des realen Vermögens für Klienten, so die Meinung mehrerer Investmentmanager in einem Financial Times-Interview. Darüber hinaus haben die Markt-Schwankungen in den letzten 12 Monaten die konventionelle Weisheit in der Branche, 60 Prozent des Kapitals in Aktien und 40 Prozent in festverzinsliche Wertpapiere zu investieren, massiv in Frage gestellt.

Das 60/40-Portfolio ist bei Anlegern daher zunehmend in Verruf geraten, denn die klassische Strategie verzeichnete einen massiven Rückgang um 19 Prozent - die schlechtesten Wertentwicklung seit fast 15 Jahren. „Dieses Jahr ist eines der bedeutendsten Jahre der Vermögensvernichtung seit fast 100 Jahren“, sagte Renaud de Planta, Direktor bei der Investment-Firma Pictet Asset Management, die 635 Milliarden US-Dollar verwaltet. „Viele Privatanleger hätten mehr als ein Viertel ihres realen inflationsbereinigten Vermögens verlieren können“, so de Planta am Beispiel eines Portfolios, das zu gleichen Teilen aus Anleihen und Aktien besteht.

„Signifikant negative Rendite“ bei Aktien und Anleihen

Standard-Portfolios haben im Jahr 2022 gelitten, weil viele Aktien und auch Anleihen zweistellige Verluste verzeichnet haben. Die beiden Anlageklassen bewegen sich normalerweise in entgegengesetzte Richtungen und Pensionsfonds haben in den letzten zehn Jahren Billionen in die 60/40-Portfolio Strategie investiert, weil sie davon überzeugt waren, dass Anleihen zuverlässig stetige Erträge abwerfen würden, um bei einem Marktabschwung Aktienverluste auszugleichen.

Stéphane Monier, Investitionsleiter bei der Schweizer Privatbank Lombard Odier, sagte, 2022 sei eines von nur drei Jahren seit 1926 gewesen, in denen sowohl Aktien als auch Anleihen eine „signifikant negative Rendite“ erzielt hätten.

Der Financial Times zufolge lag der MSCI World Index, der die weltweiten Aktienmärkte abbildet, Ende Dezember 2022 in US-Dollar gerechnet um 14 Prozent niedriger als im Januar, während der Bloomberg Global Aggregate Benchmark für festverzinsliche Wertpapiere in ähnlichem Umfang zurückging.

Rückgänge in fast allen Anlageklassen

Angesichts der Rückgänge in fast allen Anlageklassen mit der Ausnahme von Energie und Rohstoffen gab es für die Anleger nur sehr wenige Möglichkeiten, Verluste zu vermeiden, kommentierte Graham Harrison, Vorsitzender der Vermögensberatung-Firma ARC. „Für Anleger, die an eine niedrige und stabile Inflation gewöhnt sind, sind die Auswirkungen auf den realen Wert ihres Vermögens möglicherweise nicht sofort erkennbar.“

Investment-Manager haben vergangenes Jahr deshalb versucht, Vermögenswerte zu finden, die nicht mit Aktien und Anleihen korreliert sind. So haben einige sich auf Hedge-Fonds konzentriert, insbesondere auf Strategien, die von der Volatilität in Märkten profitieren, während andere auf Rohstoffe und Gold fokussiert waren.

Der 1,3 Billionen Dollar schwere norwegische Staatsfonds kündigte vor kurzem eine konträre Strategie an, um im aktuellen Markt bestehen zu können. Der Fonds, der rund 1,3 Prozent aller börsennotierten Unternehmen der Welt hält, stellte einen Dreijahresplan vor, um die Verluste einzudämmen, die sich in den turbulenten Märkten des Jahres 2022 angesammelt hatten.

Aufgrund der Marktturbulenzen im vergangenen Jahr sei es jetzt wichtig, persönliche Gespräche mit Kunden zu führen, so die Finanzexperten. Peter McLean, Direktor bei Stonehage Fleming, sagte, die Kunden bräuchten dieses persönliche Engagement. „Es gibt viel mehr Erklärungen darüber, was passiert ist, warum es passiert ist und welche Änderungen wir vornehmen werden, wenn es angemessen ist“, so McLean. „Im Vergleich zu dem Jahrzehnt vor der Pandemie haben wir es heute eindeutig mit einem höheren Inflationsrisiko zu tun. Kurzfristig wird es sehr schwierig sein, damit Schritt zu halten“, fügte er hinzu.

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Vera von Lieres gehört seit September 2022 zum DWN-Team und schreibt als Redakteurin über die Themen Immobilien und Wirtschaft. Sie hat langjährige Erfahrung im Finanzjournalismus, unter anderem bei Reuters und führenden Finanzmedien in Südafrika. Außerdem war sie als Kommunikations- und Marketing-Spezialistin bei internationalen Firmen der Investment-Branche tätig.


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