Finanzen

Bankenkrise: UBS übernimmt angeschlagene Credit Suisse

Lesezeit: 4 min
20.03.2023 08:36  Aktualisiert: 20.03.2023 08:36
Kurz vor Öffnung der Börsen steht der Mega-Deal: Die schlingernde Großbank Credit Suisse wird vom größeren Konkurrenten UBS geschluckt. Gestützt wird das Milliarden-Geschäft mit erheblichen Liquiditätshilfen und Staatsgarantien.
Bankenkrise: UBS übernimmt angeschlagene Credit Suisse
Eine Luftaufnahme zeigt die Hauptsitze der Schweizer Banken Credit Suisse und UBS am Paradeplatz in Zürich. (Foto: dpa)
Foto: Michael Buholzer

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Schweizer Großbank UBS übernimmt den schwer angeschlagenen Konkurrenten Credit Suisse für gut drei Milliarden Euro. Das gaben Vertreter der beiden Institute sowie der Schweizer Bundesrat und der Aufsichtsbehörden am Sonntagabend bekannt. Mit dem Deal wird die UBS ein Mammutinstitut, das größer sein wird als die Deutsche Bank.

Eine Übernahme der zweitgrößten Schweizer Bank Credit Suisse durch die größere UBS ist die bedeutendste Bankenfusion in Europa seit der Finanzkrise vor 15 Jahren. Vorausgegangen war ein das ganze Wochenende dauernder Verhandlungsmarathon, an dem die Beteiligten der beiden Banken sowie Spitzenvertreter von Politik und Aufsichtsbehörden teilgenommen hatten. Staat und Aufsichtsbehörden ging es darum, einen Flächenbrand zu verhindern.

SNB und Bund stützen den Megadeal mit Milliarden

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) unterstützt die Übernahme mit einer Liquiditätshilfe von 100 Milliarden Franken (rund 101 Mrd. Euro) an beide Banken. Zusätzlich könne die SNB der Credit Suisse ein mit einer Ausfallgarantie des Bundes gesichertes Liquiditätshilfe-Darlehen von bis zu 100 Milliarden Franken gewähren.

Um Risiken für die UBS zu reduzieren, spreche der Bund der UBS zudem eine Garantie im Umfang von 9 Milliarden Franken zur Übernahme von potenziellen Verlusten aus, hieß es. Mit den Maßnahmen werde sichergestellt, dass die SNB der Credit Suisse im Bedarfsfall umfassend Liquidität zur Verfügung stellen könne.

Die beiden Banken waren von der Politik und den Aufsichtsbehörden zum Zusammenschluss gedrängt worden. Der Schweizerische Bundesrat hatte am Wochenende mehrere Sitzungen zur Situation der CS abgehalten.

Bankenfusion soll Großbrand verhindern

Die Schweizer Regierung in Bern stand unter erheblichem Druck, die Lage zu stabilisieren und die Credit Suisse zu stützen. Denn Credit Suisse ist einer der weltweit größten Vermögensverwalter und gehört zu den 30 global systemrelevanten Banken, deren Ausfall das internationale Finanzsystem erschüttern würde. In die Gespräche zur Not-Übernahme waren nach Medienberichten unter anderem auch die US-Behörden einbezogen. Dort sind beide Banken sehr aktiv.

Internationale Notenbanken begrüßten die Maßnahmen. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, betonte, das rasche Handeln und die Entscheidungen der Schweizer Behörden seien „entscheidend für die Wiederherstellung geordneter Marktbedingungen und die Gewährleistung der Finanzstabilität“. Der Chef der US-Notenbank Fed, Jerome Powell, und US-Finanzministerin Janet Yellen sprachen von einem Schritt zur Stützung der Finanzstabilität.

Der Schweizer Bundespräsident Alain Berset sagte, „der Bundesrat ist überzeugt, dass die Übernahme die beste Lösung ist, um das Vertrauen wiederherzustellen“. Credit Suisse habe Vertrauen der Kunden verloren, Liquidität habe gewährleistet werden müssen. Deshalb habe die SNB einen Kredit zur Verfügung gestellt.

Die Übernahme werde vom Bundesrat unterstützt, hieß es. Dieser stelle die nötigen Rahmenbedingungen. Die Transaktion sei wichtig für die Stabilität des schweizerischen Finanzplatzes. Eine rasche stabilisierende Lösung sei unabdingbar gewesen. SNB-Präsident Thomas Jordan betonte, die Reputation sei für die Volkswirtschaft der Schweiz zentral.

„Die Steuerzahler haben nur geringes Risiko“

Finanzministerin Karin Keller-Suter sagte, der Bund habe die Garantie von 9 Milliarden Franken gegeben, um Risiken der Credit Suisse abzufangen. „Die Steuerzahler haben nur geringes Risiko“ – jedes andere Szenario hätte mehr Kosten verursacht. Man habe einen privaten Partner und eine solide Bank, die die Credit Suisse übernehme. Es handele sich nicht um eine staatliche Rettung, betonte die Ministerin. Der Bund habe lediglich eine Garantie übernommen.

Colm Kelleher, Verwaltungsratspräsident UBS Group, sagte: „Das ist eine Riesenchance für uns.“ Die Kombination beider Banken stärke die Position der UBS. Durch den Zusammenschluss soll laut UBS ein Unternehmen mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 5 Billionen US-Dollar entstehen. Sie werde die Position von UBS als führender globaler Vermögensverwalter mit Sitz in der Schweiz weiter stärken.

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) begrüßte die Übernahmelösung sowie die vom Bund und der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ergriffenen Maßnahmen. Die Übernahme führe zu einer größeren Bank. Dafür sehe die bestehende Regulierung höhere Kapitalpolster vor. Die Finma werde für deren Aufbau angemessene Übergangsfristen gewähren, heißt es in einer Mitteilung.

Bei der Credit Suisse habe die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit bestanden, auch wenn die Bank weiterhin solvent gewesen sei, hieß es weiter. „Die Behörden mussten Maßnahmen ergreifen, um schweren Schaden für den Schweizer und internationalen Finanzmarkt abzuwenden“, so die Finma.

Wie und in welchem Ausmaß der Zusammenschluss zwischen den beiden Großbanken zum Abbau von Arbeitsplätzen führen wird, steht noch in den Sternen. Für UBS-Präsident Kelleher ist es noch zu früh, um zu sagen, ob es Stellenkürzungen geben wird. Die Credit Suisse versucht, Befürchtungen zu besänftigen: „UBS hat sich zuversichtlich geäußert, dass die Mitarbeitenden der Credit Suisse weiterbeschäftigt werden“, teilte die Bank mit.

Credit-Suisse verlor in Monaten 60 Prozent an Wert

Die schlingernde Großbank Credit Suisse hatte zuletzt unter erheblichem Vertrauensverlust der Anleger gelitten. Der Aktienkurs war auf ein Rekordtief gefallen, nachdem der größte Investor der Bank die Bereitstellung von weiterem Kapital ausgeschlossen hatte und das Institut weiter mit Geldabflüssen zu kämpfen hatte.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) stellte dann dem Institut zunächst Kredite bis zu 50 Milliarden Franken (knapp 51 Mrd. Euro) zur Verfügung. Für die Notenbank, Finanzaufsicht und Regierung ging es auch darum, eine allgemeine Bankenkrise zu verhindern.

Im gesamten vergangenen Geschäftsjahr hatten Kunden der Credit Suisse Vermögen von rund 123 Milliarden Franken abgezogen. Der Börsenwert der 1856 gegründeten Traditionsbank sackte in den vergangenen zwölf Monaten um rund zwei Drittel ab. Zu Glanzzeiten Mitte der Nullerjahre war die Bank mehr als 110 Milliarden Franken wert. Zuletzt war Credit Suisse an der Börse nur noch umgerechnet 7,46 Milliarden Euro wert, die UBS dagegen umgerechnet etwa 60,8 Milliarden Euro.

Die Bilanzsumme der UBS mit mehr als 72 000 Beschäftigten belief sich 2022 auf umgerechnet 1 030 Milliarden Euro, die der Credit Suisse mit gut 50 000 Beschäftigten auf umgerechnet 535,44 Milliarden Euro. Die UBS hatte 2022 einen Gewinn von 7,6 Milliarden Dollar (aktuell 7,07 Mrd. Euro) erwirtschaftet. Credit Suisse wies dagegen einen Verlust von 7,3 Milliarden Franken (7,4 Mrd. Euro) aus.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Der DWN-Kommentar: Scholz gegen Lindner – ein Symbol des Scheiterns der Regierung und des Kanzlers
07.11.2024

Die Ampel ist Geschichte. Ein Scheitern, dass die Probleme dieser Konstellation nochmal verdeutlicht.

DWN
Politik
Politik Entmilitarisierte Zone entlang der Front? Erste Pläne zur Umsetzung von Trumps Wahlkampf-Versprechen
07.11.2024

Donald Trump hat die Wahl mit einer klaren Mehrheit gewonnen. Nun beginnen Vorbereitungen für die Machtübernahme. Die Demokraten hingegen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ampel-Aus: Wirtschaft fordert Steuersenkungen und das Lockern der Schuldenbremse
07.11.2024

Stabilität, Verlässlichkeit, Vertrauen – all dies bot die Ampel-Regierung in den vergangenen Wochen nicht. Stattdessen gab es Zoff und...

DWN
Politik
Politik Nato-Generalsekretär Mark Rutte erwartet neue Geld-Debatte mit Donald Trump
07.11.2024

Der Streit um Verteidigungsausgaben brachte die Nato in der ersten Amtszeit von Trump zeitweise an den Rand des Abgrunds. Wird es nun noch...

DWN
Politik
Politik Kollateralschaden? Gesundheitsminister Lauterbach sorgt sich um seine Krankenhausreform
07.11.2024

Die Ampel-Koalition ist am Ende. Was wird nun aus noch laufenden Vorhaben? Der Gesundheitsminister will eine Großoperation trotz allem ins...

DWN
Politik
Politik Exportnation Deutschland im Tief: Das Land ist schlicht "nicht wettbewerbsfähig"
07.11.2024

Drohende US-Zölle und eine Bundesregierung auf Abruf: Schwere Zeiten für die deutsche Wirtschaft. Die jüngsten Konjunkturdaten machen...

DWN
Politik
Politik Ampel-Aus: Was dann? Wie geht's jetzt weiter?
07.11.2024

Wann finden die Neuwahlen statt? Das ist die drängende Frage, die Deutschland beschäftigt. Gestern kam es mit einem Paukenschlag zum...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Förderbank des Bundes: KfW vergibt weniger Fördermilliarden und macht mehr Gewinn
07.11.2024

Das Geschäft der Förderbank normalisiert sich nach mehreren Krisenjahren zusehends. Dennoch verdient die KfW Bankengruppe gut.