Politik

Regierungskrise hinter den Kulissen: Kretschmann greift Scholz an

Hinter den Kulissen scheint eine handfeste Regierungskrise ausgetragen zu werden. Alle Nachrichten dazu lesen Sie im Live-Ticker.
28.03.2023 14:00
Lesezeit: 3 min
Regierungskrise hinter den Kulissen: Kretschmann greift Scholz an
Mitglieder der Bundesregierung in Rotterdam. (Foto: dpa) Foto: Michael Kappeler

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach der Marathonsitzung des Koalitionsausschusses direkt angegriffen. „Die Ampel könnte auch besser regieren, als sie es tut“, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in Stuttgart. „19-Stunden-Sitzungen zu machen, finde ich schon ein Zeichen von Führungsschwäche des Kanzlers.“ Von sowas sei die grün-schwarze Regierung in Baden-Württemberg weit entfernt.

Union: „Wir haben ganz offensichtlich eine Regierungskrise“

Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat der Ampel-Koalition Handlungsunfähigkeit attestiert. „Wir haben ganz offensichtlich in Deutschland eine Regierungskrise“, sagte Merz, der auch CDU-Vorsitzender ist, am Dienstag vor einer Sitzung der CDU/CSU-Abgeordneten in Berlin. Die Bundesregierung könne sich in wesentlichen Fragen nicht mehr einigen. „Sie hat in den letzten Tagen und Wochen permanent öffentlich gestritten.“ Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe „streckenweise wie ein Unbeteiligter am Spielfeldrand gestanden und so getan, als ob er mit der ganzen Sache nichts zu tun hat“, kritisierte Merz.

Auf die Frage, welches Ergebnis er von den Verhandlungen des Koalitionsausschusses erwarte, antwortete Merz: „Nach so vielen Stunden ergebnisloser Beratungen kann man im Grunde genommen kaum noch mit tragfähigen und belastbaren Lösungen rechnen.“ Er könne sich „kaum vorstellen, dass es noch eine ausreichend sichere Grundlage für den Fortbestand dieser Koalition gibt.“ Merz ergänzte: „Wir werden wahrscheinlich Formelkompromisse hören und wir werden sehen, dass die Streitereien in dieser Koalition danach unverändert weitergehen.“

Aus Brüssel gebe es besorgte Nachrichten über den Zustand der Bundesregierung, sagte Merz. „Deutschland ist in Brüssel mittlerweile als Totalausfall registriert. Ein Land, auf das man nicht mehr zählen kann.“ Die Union werde die Handlungsunfähigkeit der Regierung am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde im Parlament thematisieren. Man werde vor allem darauf hinweisen, dass Entscheidungen zur Energiewende, zur Entbürokratisierung, zur Planungsbeschleunigung sowie zur Aufstellung des Bundeshaushaltes 2024 nötig seien.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt nannte das Klima innerhalb der Ampel zerrüttet und vergiftet. Der Koalitionsausschuss sei handlungsunfähig, man erlebe Zank, Zaudern und Zögern. „Das ist das Programm dieser Ampel. Das ist aber zu wenig für Deutschland.“

Nächtliche Verhandlungen

Die Spitzenpolitiker von SPD, Grünen und FDP im Bund hatten sich am Sonntagabend getroffen, um über verschiedene Streitthemen im Koalitionsausschuss zu sprechen - und ihre Gespräche am Montagmittag unterbrochen.

Kanzler Scholz und mehrere Minister, die Mitglieder des Koalitionsausschusses sind, waren zu deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen nach Rotterdam gereist. Am Dienstagmorgen nahmen sie die Gespräche im Koalitionsausschuss wieder auf.

Links-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali hat die langwierigen Verhandlungen der Ampel im Koalitionsausschuss scharf kritisiert. 2Das ist schon ein erbärmliches Bild, das die Bundesregierung hier abgibt“, sagte Mohamed Ali am Dienstag in Berlin. Dass sich die Koalitionspartner tagelang einschlössen, sei ein „verantwortungsloses Getue.“ Die Regierung erkenne nicht den Ernst der Lage. Viele Menschen hätten größte Schwierigkeiten, ihr normales Leben zu bezahlen, meinte die Linken-Politikerin.

Die Bundesregierung kämpft derweil mit schlechten Umfragewerten. Einer Umfrage zufolge ist das Vertrauen der Bürger zuletzt teilweise massiv eingebrochen.

Lesen Sie dazu: Schock-Umfrage: Vertrauen in die Bundesregierung bricht zusammen

Ticker

14.30 Uhr - Kanzler Olaf Scholz steht bei den Wählerinnen und Wählern in der Frage der Kanzlerpräferenz einer Umfrage zufolge schlechter da als zuletzt. In einer Forsa-Erhebung für die Sender RTL/ntv kommt der SPD-Politiker auf 24 Prozent Zustimmung (minus zwei), während CDU-Chef Friedrich Merz und der Grünen-Politiker Robert Habeck je einen Prozentpunkt auf 22 beziehungsweise 18 Prozent zulegen. Wird nach Außenministerin Annalena Baerbock statt Habeck gefragt, liegt Scholz bei 26, Merz bei 24 und Baerbock bei 20 Prozent.

14.30 Uhr - Eine Mehrheit der Deutschen glaubt einer Umfrage zufolge daran, dass die Regierung aus SPD, Grünen und FDP bis zur nächsten Bundestagswahl 2025 halten wird. Dieser Ansicht sind einer Forsa-Umfrage für die Sender RTL/ntv 57 Prozent der Befragten. 36 Prozent glauben an ein Auseinanderbrechen der Ampel-Koalition vor 2025.

13.14 Uhr - Wegen der weiter andauernden Beratungen im Ampel-Koalitionsausschuss hat nun auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sein für 14.30 Uhr geplantes Statement vor der Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion abgesagt. Mützenich ist einer der Verhandler bei den Beratungen.

11.38 Uhr - Ein für 13.00 Uhr geplantes Statement von FDP-Fraktionschef Christian Dürr zur anstehenden Sitzungswoche des Bundestags wird "aus aktuellem Anlass" abgesagt. Dürr nimmt am laufenden Koalitionsausschuss der Ampel teil.

09.30 Uhr - Die Partei- und Fraktionsvorsitzenden der Ampel-Parteien sind im Kanzleramt eingetroffen. Der Beginn war auf 09.30 Uhr verschoben worden. Bislang ist offen, wie lange die Verhandlungen unter Leitung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) andauern könnten.

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