Das Vererben von Wertpapierdepots ist nicht ganz einfach und kann zur Kostenfalle werden. Die Erbschaftssteuer bemisst sich nämlich nach den Kursen am Todestag des Erblassers. Fallen die Kurse anschließend und kommen die Erben nicht sofort an ein Depot heran, können sie die Wertpapiere womöglich nur noch zu einem sehr geringen Kurs verkaufen, um die Erbschaftsteuer zu begleichen.
Um das zu verhindern, empfiehlt Frank Hansen von der Steuerberatungsgesellschaft ttp im DWN-Gespräch, eine Vorsorgevollmacht ausstellen zu lassen. Der Bevollmächtigte könne im Notfall die Wertpapiere verkaufen. „Die Vollmacht sollte nur auf eine Person ausgestellt sein, am besten auf den Erben“, erklärt der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Verbands vermögensberatender Steuerberater.
Bei einer gemeinschaftlichen Vollmacht könne die Bank verlangen, dass die weiteren Bevollmächtigten vor Ort einem Wertpapiergeschäft zustimmen. „Der Regelfall ist eine Vollmacht über den Tod hinaus, die dem Bevollmächtigten im Geschäftsverkehr mit der Bank freie Hand lässt“, erklärt Hansen. Es gebe aber auch beschränkte Vollmachten, die etwa mit dem Tod erlöschten oder erst dann in Kraft treten würden. Beschränkte Regelungen würden aber rasch kompliziert.
Vollmacht der Bank vorlegen
Ein Notar sollte die Vollmacht aufsetzen. „Notarielle Vollmachten finden höhere Akzeptanz“, erklärt Hansen. Die Notarkosten würden sich an der Vermögenshöhe bemessen und lägen bei circa 400 Euro für Erbschaften um die 200.000 Euro und bei circa 2000 Euro für ein Vermögen von 1,2 Millionen Euro.
Erblasser sollten Vollmachten der Bank zur Prüfung vorlegen. „Man sollte nachhaken, ob die Bank die Vollmacht anerkennt und ob ein Erbe frei agieren könnte“, sagt Hansen. Banken hätten voneinander abweichende Geschäftsbedingungen, wie mit Depots von Verstorbenen umzugehen sei.
Hansen zufolge gibt es legale Steuertricks, um Erbschaftsteuern deutlich zu senken oder sogar auf null zu reduzieren. Eine Option sei ein Nießbrauchdepot. Dabei gehe das Eigentum am Vermögensstock an das Kind über, während Erträge wie Zinsen oder Dividenden weiter an den ursprünglichen Eigentümer fließen. „Das Kind hat keinen Zugriff auf das Nießbrauchdepot“, erklärt Hansen.
Das Finanzamt zieht daher den Wert des Nießbrauchs – also des Rechts, die Erträge des Depots zu verwenden – vom Depotwert ab und besteuert bloß die Differenz. „Ein 50-Jähriger kann unter Umständen sein Zwei-Millionen-Depot steuerfrei an sein Kind schenken“, erklärt Hansen. Der Nießbrauch könne in diesem Fall bis zu 1,6 Millionen Euro betragen. Dadurch müsse das Kind bloß noch 400.000 Euro versteuern. 400.000 Euro seien aber bei Schenkungen und Erbschaften an das eigene Kind steuerfrei.
Eine weitere Steuervermeidungsstrategie sei ein sogenanntes Depot im Versicherungsmantel. „Dabei handelt es sich vom Charakter her um eine Risikolebensversicherung, aber das Wertpapiervermögen befindet sich in einem Depot im Zugriff des Kunden und nicht bei einer Versicherungsgesellschaft“, erklärt Hansen.
Durch den Versicherungsmantel würden Abgeltungssteuern gestundet. Diese würden im Depot verbleiben und könnten zusätzliche Erträge abwerfen. Außerdem würde beim Verkauf bloß die Hälfte aller Erträge unter die Steuerbelastung fallen, wenn man mindestens 62 Jahre alt sei und den Versicherungsmantel mindestens zwölf Jahre gehalten habe.
Millionendepots steuerfrei vererben
Die Steuervorteile des Depots im Versicherungsmantel würden im Todesfall auf den Erben übergehen. Dadurch spare auch der Erbe Abgeltungssteuern. „Das Depot lohnt sich für Vermögen ab circa 250.000 Euro“, sagt Hansen. Allerdings müssten Anleger auf das Geld mindestens zwölf Jahre lang verzichten. Die laufenden Kosten lägen bei circa 0,5 Prozent pro Jahr, wobei im Depot günstige Produkte wie ETFs liegen könnten.
Einen Preisvergleich verschiedener Anbieter ist Hansen nicht bekannt. „Anleger können sich von der Private-Banking-Abteilung der Hausbank ein Angebot machen lassen“, erklärt der Certified Financial Planner.
Daneben rät Hansen, die Freibeträge der Erbschaftssteuer auszuschöpfen. Diese erneuern sich alle zehn Jahre und liegen bei 500.000 Euro für den Ehepartner, 400.000 Euro für Kinder, 200.000 Euro für Enkel, 100.000 Euro für Eltern und Großeltern sowie 20.000 Euro für entfernte Verwandte und Freunde.
Außerdem sollten die Erben prüfen, ob Bezugsrechte oder Nießbrauchrechte auf das Depot bestünden. Bei einem Schweizer Depot solle man schauen, ob die Kapitalerträge in Deutschland gemeldet wurden. „Ansonsten ist eine Selbstanzeige beim Finanzamt nötig.“
Der Erbe solle zudem prüfen, ob der Erblasser die Depotbank gewechselt habe. Womöglich seien die Verluste nicht über eine Verlustbescheinigung übertragen worden. „Ohne Verlustübertrag kann es passieren, dass die Depotbank zu hohe Kapitalerträge an das Finanzamt meldet“, erklärt Hansen. Dadurch setze das Finanzamt die Erbschaftssteuer zu hoch an. Erben sollten im Zweifel eine Verlustbescheinigung von der vorherigen Depotbank einholen. Die Depotbank ist verpflichtet, eine Kontrollmitteilung an das Finanzamt zu tätigen, sobald sie vom Tod des Depotinhabers erfährt.
Hansen empfiehlt, das letztendliche Testament erst mit Mitte oder Ende sechzig notariell aufsetzen zu lassen. „Der Notar rechnet nach dem Gegenstandswert ab, der Rechtsanwalt nach Stunden. Beim Notar kann ein Testament daher rasch mehrere tausend Euro im Falle eines Millionenvermögens kosten“, erklärt Hansen. Zuvor solle etwa ein Familienvater mithilfe eines Anwalts ein Testament verfassen.