Ein hochrangiger Vertreter des zuständigen Referats für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion der Generaldirektion der Europäischen Kommission hat in einem Gespräch in der EU-Vertretung in Berlin erklärt, dass die Kommission noch in diesem Monat Vorschläge für den Rechtsrahmen zur Einführung der Digitalen Währung machen werde. Mit der Einführung einer neuen digitalen Währung sei „frühestens im Jahre 2026 zu rechnen“, so der Vertreter der Generaldirektion. Der Kommission komme es nicht auf Schnelligkeit, sondern auf Genauigkeit und größtmögliche Transparenz an.
Dies ist auch dringend nötig, denn noch sind die Vorbehalte gegenüber der Einführung einer Digitalwährung erheblich. So hat eine jüngste Umfrage im Auftrag des Deutschen Bankenverbands ergeben, dass drei Viertel der Befragten angaben, dass sie die Einführung einer solchen Währung für nicht nötig erachteten. Rund 29 Prozent der Befragten gaben zudem an, dass sie überhaupt gar keine Vorstellungen darüber hätten, wie eine digitale Variante der europäischen Gemeinschaftswährung ausgestaltet sein könnte und wozu ein Digital-Euro genutzt werden könnte.
Tatsächlich sind der Kommission die Vorbehalte bekannt. Jedoch weist sie daraufhin, dass andere Umfragen ergeben hätten, dass beispielsweise Bargeld als bevorzugtes Zahlungsmittel immer stärker an Zuspruch verliere. So hatten bei einer Befragung noch vor fünf Jahren 79 Prozent der Befragten gesagt, dass sie Bargeld als Zahlungsmittel bevorzugen, heute seien es nur noch 59 Prozent. Damit sei klar, dass die Bedeutung von Bargeld auch in Europa auf dem Rückzug sei.
Kein Ersatz für Bargeld
Trotzdem denke die Kommission nicht daran, dass die neue digitale Währung das Bargeld ersetzen solle. Sie solle dabei das Bargeld lediglich ergänzen. Und wie bei Bargeld auch solle der digitale Euro durch die Europäische Zentralbank ausgegeben, geschützt und reguliert werden. Ebenso wie die Münzen und Geldscheine des Euros würde die digitale Währung durch das Prinzip der Gelschöpfung der EZB und der Geschäftsbanken generiert. Die Geschäftsbanken könnten dann ihren Kunden für deren Guthaben neben Scheinen und Münzen auch die neue Digitalwährung anbieten.
Einer der größten Vorteile des digitalen Euros wäre, so die Kommission, ein erheblicher Zugewinn an Schnelligkeit, da dann Überweisungen binnen weniger Sekunden erfolgen würden. Dies wäre für die deutsche Wirtschaft mit ihren vielfältigen internationalen Handelsbeziehungen von erheblichem Vorteil, denn bisher konnten grenzüberschreitende Zahlungen durchaus mehrere Tage in Anspruch nehmen. Darüber hinaus soll – so die Versicherung der Kommission – bei der Zahlung mit der Digitalwährung die Privatsphäre des Käufers beim Einkauf genauso gewahrt sein wie beim Bezahlen mit Münzen und Geldscheinen, da keine persönlichen Daten übermittelt würden.
Indes wird deutlich, dass die Einführung eines digitalen Euros auch eine hochpolitische Dimension hat. Der Vertreter der Kommission räumt bei dem Gespräch in Berlin ohne Umschweife ein, dass mit der Einführung einer digitalen Währung auch das Ziel verfolgt werde, eine größere Unabhängigkeit Europas zu erreichen. So seien internationale grenzüberschreitende Zahlungssysteme wie PayPal, Visa, oder Mastercard eben keine europäischen Systeme. Mit einer eigenen Digitalwährung könne, so der Finanzfachmann der Kommission, die „finanzpolitische Widerstandsfähigkeit Europas erheblich erhöht“ werden.
Zumal auch andere Zentralbanken hinsichtlich der Einführung einer digitalen Zentralbank-Währung schon weiter seien. So hat bereits im Jahre 2020 China den digitalen Yuan in Umlauf gebracht. Dieser wird gegenwärtig in einigen ausgewählten Pilotregionen getestet. Auch die schwedische Zentralbank _ Schweden ist nicht Mitglied der Eurozone - hat bereits das Digitalprojekt „E-Krone“ gestartet, das auch noch in der Erprobungsphase ist. Damit strebe Europa nicht nur eine größere Unabhängigkeit, sondern auch eine eigenständige Rolle als Akteur in der Finanzpolitik an.
Risiken einer digitalen Währung
Die Einführung eines digitalen Euros sei aber, so die Kommission, nicht ohne Risiko. So könnte theoretisch das Szenario eintreten, dass Kunden, die das Vertrauen in ihre Geschäftsbanken verloren haben, ihr Geld von herkömmlichen Konten abheben und es auf den digitalen Konten bei der Zentralbank anlegen. Somit könnten große Geldsummen aus dem Sektor der privaten Geschäftsbanken hin zur Europäischen Zentralbank geleitet werden. Dies aber hätte eine Liquiditätskrise der privaten Geschäftsbanken zur Folge. Um dies zu verhindern, werde, so die Kommission, über die Möglichkeit einer Begrenzung des digitalen Geldes nachgedacht, das bei der Zentralbank angelegt werden kann oder über verschiedene Zinssätze – so dass der Zinssatz für das in der Geschäftsbank angelegte Geld höher ist als das digitale Geld in der Zentralbank.
Nachdem der regulatorische Rahmen im Juni festgelegt werden soll, wird dann der EZB-Rat im Oktober entscheiden, ob eine Vorbereitungsphase zur Entwicklung und Erprobung des digitalen Euros eingeleitet werden soll. Diese Phase könnte dann zwei bis drei Jahre dauen. Dabei wird es auch um die Kompatibilität eines Digital-Euros mit anderen digitalen Währungen gehen. In einem Interview hatte der zuständige Direktor der EZB, Fabio Panetta, zuvor erklärt, dass zu diesem Zweck die EZB sehr eng mit den Zentralbanken der USA, Japans, Großbritanniens, Kanadas, der Schweiz und Schweden zusammenarbeite.