Weltwirtschaft

Die Fed gewinnt: US-Wirtschaft wächst deutlich

Lesezeit: 3 min
30.06.2023 14:55  Aktualisiert: 30.06.2023 14:55
Trotz der starken Zinsanhebungen wächst die US-Wirtschaft derzeit sogar noch stärker als erwartet. Die Federal Reserve hat alle Kritiker eines Besseren belehrt. Eine Zinswende ist nicht in Sicht.
Die Fed gewinnt: US-Wirtschaft wächst deutlich
Trotz der starken Zinsanhebung durch Fed-Chef Jerome Powell ist die Wirtschaft der USA weit von einer Rezession entfernt. (Foto: dpa)
Foto: Manu Fernandez

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Seit die Federal Reserve vor über einem Jahr damit begann, die Leitzinsen immer weiter anzuheben, warnen Analysten und Investoren ohne Unterlass, dass die US-Notenbank damit eine Rezession auslösen würde. Einige Investoren versuchen dabei absichtlich Panik zu schüren, da eine drohende Rezession die Notenbank im Hinblick auf die Zinspolitik zum Einknicken zwingen könnte. Denn fallende Zinsen oder gar eine Wiederaufnahme der Wertpapierkäufe (QE) würden die Finanzmärkte nach oben treiben.

Die von der Federal Reserve unerbittlich fortgesetzte Anhebung der Zinsen von 0,38 Prozent im März letzten Jahres auf aktuell 5,13 Prozent hat den Investoren festverzinslicher Geldanlagen massive Verluste zugefügt. Aber auch allen anderen Geldanlagen stehen durch die hohen Zinsen unter Druck. Zugleich zeigt die US-Wirtschaft keine Zeichen einer Rezession. Vielmehr hat sich das Wirtschaftswachstum sogar beschleunigt, sodass eine Abkehr der Notenbank von ihrer geldpolitischen Straffung vorerst nicht zu erwarten ist.

Wie unerwartet gut es um die US-Wirtschaft steht, zeigte auch die jüngste Schätzung des U.S. Bureau of Economic Analysis, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Die Behörde schätzt die inflationsbereinigte Wachstumsrate für das erste Quartal nun auf 2 Prozent, das ist deutlich mehr als in ihren bisherigen Schätzungen. Als einen Grund nennt sie unter anderem ein sprunghaftes Wachstum der Verbraucherausgaben um real 4,2 Prozent. Dies war der schnellste Konsumanstieg seit der Auszahlung der Konjunkturpakete im ersten Quartal 2021.

US-Handelsdefizit geht wieder zurück

Als weiteren Grund für die erhöhte Wachstumsprognose nennt das Bureau of Economic Analysis das abnehmende Handelsdefizit. Denn Exporte führen zu einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts, während Importe das BIP vermindern. Dem BEA zufolge stiegen im ersten Quartal die US-Exporte von Waren und Dienstleistungen mit 7,8 Prozent deutlich schneller, als in einer früheren Schätzung erwartet, und zugleich nahmen die Importe mit 2 Prozent langsamer zu, als in einer früheren Schätzung erwartet.

Zwar betrug das US-Handelsdefizit im ersten Quartal immer noch mehr als 1,2 Billionen Dollar. Doch ein Jahr zuvor waren es noch 1,5 Billionen Dollar. Der Rückgang des Handelsdefizits ist eine Normalisierung, nachdem es während der Corona-Pandemie auf Rekordwerte angestiegen war, weil die Verbraucher die staatlichen Konjunkturhilfen für den Konsum importierter Waren ausgaben, während zugleich die Exporte aus den USA zurückgingen. Diese Verzerrung hat sich im Verlauf des letzten Jahres langsam wieder abgebaut, auch wenn das Defizit im ersten Quartal weiterhin ungewöhnlich hoch war.

Staat und Unternehmen investieren mehr

Die staatlichen Ausgaben stiegen im ersten Quartal um 5 Prozent, es war das dritte Quartal in Folge mit Zuwächsen nach zuvor fünf Quartalen mit Rückgängen. Dies gilt sowohl auf Bundesebene, als auch für die Bundesstaaten und die Kommunen. Die staatlichen Ausgaben enthalten keine Transferzahlungen und andere direkte Zahlungen an die Verbraucher wie Konjunkturprogramme, Arbeitslosenunterstützung oder Sozialversicherungsbeiträge, die zum BIP gezählt werden, wenn Verbraucher und Unternehmen diese Zahlungen des Staates ausgeben oder investieren.

Als weiteren Grund für den Anstieg der realen Wirtschaftskraft im ersten Quartal nennt das Bureau of Economic Analysis die gestiegenen "Anlageinvestitionen ohne Wohngebäude". Zwar sind die privaten Bruttoinlandsinvestitionen binnen Jahresfrist um 11,9 Prozent gesunken, doch auch dies ist etwas weniger schlimm als in der vorherigen Schätzung von minus 12,5 Prozent. In einem Monat wird das BEA seine erste BIP-Schätzung für das zweite Quartal veröffentlichen. Und die bisher veröffentlichten Zahlen deuten auch weiterhin nicht auf eine Rezession hin.

US-Wirtschaftswachstum keine Überraschung?

Eigentlich sollte das unerwartet starke Wirtschaftswachstum in den USA keine Überraschung sein, schreibt der Analyst Wolf Richter. Denn die Billionen von Dollars, die während der Pandemie gedruckt und verteilt wurden, seien immer noch auf allen Ebenen im Umlauf und zusammen mit stark steigenden Löhnen ausgegeben werden und die Inflation und das Wirtschaftswachstum weiter anheizen. Im Umkehrschluss würde dies bedeuten, dass die Rezession in Europa keine notwendige Folge der hohen Zinsen ist, sondern entscheidend auf die Energiepolitik zurückzuführen ist.

Das von der BEA prognostizierte Wachstum von 2 Prozent im ersten Quartal liegt weit über der Schätzung der Federal Reserve in Höhe von 1 Prozent für das Gesamtjahr 2023. Und schon mit nur 1 Prozent Wirtschaftswachstum erwartete die große Mehrheit der Teilnehmer auf der letzten Fed-Sitzung mindestens zwei weitere Zinserhöhungen in diesem Jahr. Wenn die Wirtschaft nun aber stärker wächst, als von der Notenbank erwartet, so öffnet dies möglicherweise sogar Spielraum für noch weitere Zinsanhebungen im erklärten Kampf gegen die Inflation.

Als Reaktion auf das stärker als erwartet ausgefallene Wirtschaftswachstum in den USA stiegen die Renditen von US-Staatsanleihen am Donnerstag umgehend sprunghaft an. Die zehnjährige Rendite sprang um etwa 15 Basispunkte auf 3,86 Prozent, die zweijährige Rendite stieg um 18 Basispunkte auf 4,89 Prozent, den höchsten Stand seit dem letzten Handelstag vor dem offiziellen Beginn der Bankenkrise. Denn eine starke Wirtschaft bedeutet, dass die Fed die Zinsen voraussichtlich höher anheben und über einen längeren Zeit höher halten wird.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Panorama
Panorama Amokfahrt von Magdeburg: Trauer, Entsetzen und offene Fragen halten Deutschland in Atem
22.12.2024

Fünf Menschen sind tot, 200 verletzt: Nach der folgenschweren Fahrt mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg stellt sich die...

DWN
Politik
Politik Donald Trump hofft: Elon Musk übernimmt (noch) nicht die US-Präsidentschaft
22.12.2024

Kritiker nennen den Tech-Milliardär süffisant «Präsident Musk». Donald Trump stellt klar, wer das Sagen hat - bestreitet aber auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Quiet Quitting: Der stille Job-Rückzug mit gefährlichen Folgen
22.12.2024

Ein stiller Rückzug, der Unternehmen erschüttert: Quiet Quitting bedroht die Substanz deutscher Betriebe. Warum immer mehr Beschäftigte...

DWN
Politik
Politik Steuern und Abgaben: Mehrheit der Steuerzahler zahlt 2025 noch mehr – mit oder ohne Ampel!
22.12.2024

Das „Entlastungspaket“ der Ampel ist eine Mogelpackung, denn Steuersenkungen sind nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Ab dem 1. Januar 2025...

DWN
Technologie
Technologie DWN-Sonntagskolumne: Künstliche Intelligenz Hype Cycle - Zwischen Revolution und Enttäuschung
22.12.2024

Ist künstliche Intelligenz nur ein Hype oder der Beginn einer Revolution? Zwischen hohen Erwartungen, Milliardeninvestitionen und...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Psychische Gewalt am Arbeitsplatz: Ursachen, Folgen und Lösungen
22.12.2024

So können Unternehmen gegen verbale Übergriffe aktiv werden- Beleidigungen, Drohungen und Beschimpfungen: Rund ein Drittel der...

DWN
Politik
Politik Migrationskrise: Asyl-Rekordhoch in Deutschland und die illegale Migration an den Grenzen geht ungebremst weiter
22.12.2024

In Deutschland leben fast 3,5 Millionen Geflüchtete, von Asylsuchenden über anerkannte Flüchtlinge bis zu Geduldeten. Das ist ein neuer...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...