Technologie

Extrem heiße Brände: E-Autos gefährden die Schifffahrt

E-Autos stellen eine wachsende Gefahr für die Schifffahrt dar. Die Feuerlöschsysteme auf Schiffen sind für die extrem heißen Brände der Batterien nicht ausgelegt und eine Lösung ist nicht absehbar.
29.07.2023 11:04
Aktualisiert: 29.07.2023 11:04
Lesezeit: 2 min
Extrem heiße Brände: E-Autos gefährden die Schifffahrt
Autofrachter "Fremantle Highway" in der Nordsee. E-Autos lösen immer öfter Brände auf Schiffen aus. (Foto: dpa) Foto: Coast Guard Netherlands

Die Zahl der Seetransporte von Fahrzeugen mit Elektroantrieb steigt immer weiter. Die in E-Autos eingesetzte Batterietechnologie setzt Experten zufolge die Schifffahrt dem Risiko schwer kontrollierbarer Brände aus. Der Brand des Autofrachters "Fremantle Highway" vor der niederländischen Küste rückt diese Gefahren in den Fokus. Die Ursache des am Dienstagabend ausgebrochenen Feuers ist nach Angaben der niederländischen Küstenwache noch unklar. Laut einer vom Sender RTL veröffentlichten Aufnahme eines Notrufs soll vermutlich ein in Brand geratener Akku eines E-Auto das Feuer ausgelöst haben.

BATTERIEN ALS BRANDBESCHLEUNIGER

Lithium-Ionen-Batterien gehören nach Angaben der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) zu jenen Frachtarten, die für einen Großteil der Ladungsbrände verantwortlich sind. Die Batterien, die auch in Laptops und anderen elektronischen Geräten verbaut sind, sind nur schwer zu löschen. Einmal in Brand geraten, könnten sie nicht mit Wasser oder durch Sauerstoffentzug gelöscht werden, sagt Nathan Habers, Sprecher des niederländischen Reederverbands KVNR. Zudem könnten sich die Feuer durch thermische Prozesse spontan wieder entzünden. "Die erste Frage, die sich stellt: Wird das derzeitige Regelwerk dem Risikoprofil dieser Art von Gütern gerecht?"

SCHWIMMENDE PARKHÄUSER

Während alle Logistikunternehmen mit dem erhöhten Brandrisiko durch Batterien konfrontiert sind, läuft die Seefahrt nach Angaben von Branchenvertretern und Versicherern den technologischen Entwicklungen hinterher. Die Feuerlöschsysteme auf den riesigen Schiffen, mit denen Autos transportiert werden, seien für diese heißeren Brände nicht ausgelegt, sagt Douglas Dillon, Geschäftsführer der Tri-state Maritime Safety Association in den USA.

Das Geschäftsmodell der Unternehmen, das eng gepackte Schiffe vorsieht, erhöht die Risiken. Autotransporter wie die "Fremantle Highway" sind schwimmende Parkhäuser auf denen Tausende von Fahrzeugen untergebracht sind. Die Autos werden dicht an dicht geparkt und haben nur wenig Abstand zur Decke.

"Auf einem Schiff gibt es für einen Feuerwehrmann in Schutzkleidung keine Möglichkeit, zum Brandherd zu gelangen", sagt John Frazee vom Versicherungsmakler Marsh. Dagegen seien Brände bei Lastwagen oder Zügen, die auch E-Autos transportieren, einfacher zu isolieren und zu löschen: Eisenbahnwaggons können abgekoppelt werden, ein Lastwagenfahrer kann an den Straßenrand fahren, erläutert Frazee. An Land kann die Umgebung eines brennendes Fahrzeugs freigeräumt werden und der Wagen mit Wasser geflutet werden. An Bord eines Autofrachters sei das schwierig, sagt Dillon.

"KEINE SCHNELLE LÖSUNG"

Laut einem Bericht des Versicherers Allianz wurden im vergangenen Jahr 209 Schiffsbrände gemeldet - die höchste Zahl seit einem Jahrzehnt und 17 Prozent mehr als im Jahr 2021. Davon ereigneten sich 13 auf Autofrachtern, aber wie viele davon E-Autos betrafen war unklar. Die steigende Zahl der Brände sind nicht nur eine Gefahr für Mensch und Umwelt, sondern setzen auch eine neue Kostenspirale in Gang. Schiffseigner nehmen Autobauer in Regress, wenn eines ihrer Fahrzeuge als Ursache für einen Brand identifiziert worden ist. Autohersteller kaufen daher zusätzlichen Versicherungsschutz, sagt Frazee. Und auch die Versicherungskosten für Schiffseigner dürften steigern.

Die Versicherer dürften bei der Verbesserung der Sicherheit an Bord eine führende Rolle spielen. Zu den möglichen Optionen gehörten neue Chemikalien zum Löschen, spezielle Feuerlöschdecken, batteriedurchdringende Feuerlöschdüsen und Abstände zwischen E-Fahrzeugen.

Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) plant nach Angaben eines Sprechers angesichts der wachsenden Zahl von Bränden auf Frachtschiffen im nächsten Jahr neue Maßnahmen für Schiffe, die Elektrofahrzeuge transportieren. Die Organisation mit Sitz in London legt die Vorschriften für die Sicherheit auf See fest. Dazu könnten Details für die Art der verfügbaren Wasserlöscher auf Schiffen und Vorgaben gehören, wie weit eine Batterie aufgeladen werden darf.

Es gebe bereits eine Reihe von Gesprächen über eine Verschärfung der Vorschriften, um den zusätzlichen Sicherheitsrisiken Rechnung zu tragen, sagt KVNR-Sprecher Habers. "Doch der aktuelle Vorfall macht deutlich, dass wir den Prozess möglicherweise beschleunigen müssen". Versicherungsexperte Frazee zeigt sich skeptisch: "Ich sehe keine schnelle Lösung." (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Was Deutschland nach der parlamentarischen Sommerpause erwartet: Spahn, Arbeitslosengeld und Bundesverfassungsgericht
13.07.2025

Die umstrittene Juristin Frauke Brosius-Gersdorf wurde am Freitag nicht zur Verfassungsrichterin ernannt. Im Sommerinterview mit der ARD...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Wirtschaft: Wie wenig Unternehmen wirklich Deutschlands Wachstum und Wohlstand produzieren
13.07.2025

Analyse des McKinsey Global Institute (MGI) zeigt: Statt Effizienzsteigerung in der Breite treiben nur wenige deutsche Unternehmen den...

DWN
Finanzen
Finanzen Wenn Märkte überhitzen: Droht der Small-Cap-Rally das Aus?
13.07.2025

US-Anleger stürzen sich auf kleine Firmen – ein alarmierendes Zeichen. Warum Euphorie an der Börse oft das Ende markiert und was das...

DWN
Panorama
Panorama 100 Jahre Rolltreppe: Aufstieg in 30 Sekunden
13.07.2025

Die Rolltreppe ist allgegenwärtig – und doch übersehen wir oft ihre faszinierende Geschichte. Seit 100 Jahren bewegt sie Menschen durch...

DWN
Technologie
Technologie The bright, bright future ahead (AI): Bringt künstliche Intelligenz uns eine bessere Zukunft?
13.07.2025

Es geht Schlag auf Schlag. Bald, so hört man, haben wir die AGI (artificial general intelligence) und danach kommt die Superintelligence....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Geschäftsideen schützen: Mehr Umsatz für Unternehmen mit Patenten und Marken
13.07.2025

Mehr als 50-Prozent mehr Umsatz für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Innovationen schützen – warum cleverer Schutz der...

DWN
Politik
Politik Patient Pflegeversicherung: Es fehlen Milliarden in den Kassen
13.07.2025

Immer mehr Pflegebedürftige in Deutschland – und die Finanzierungslücke wächst. Der Bundesrechnungshof warnt und spricht von über 12...

DWN
Technologie
Technologie KI als Mobbing-Waffe: Wenn Algorithmen Karrieren zerstören
13.07.2025

Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsplatz smarter machen – doch in der Praxis wird sie zum Spion, Zensor und Karriere-Killer. Wer...