Politik

Militär-Putsch in Gabun bedroht Interessen europäischer Länder

Im zentralafrikanischen Gabun hat das Militär wenige Tage nach der Präsidentenwahl geputscht. In Afrika findet seit 2020 eine Putsch-Serie statt, welche die Interessen der Europäer in der Region bedroht.
31.08.2023 10:28
Aktualisiert: 31.08.2023 10:28
Lesezeit: 2 min
Militär-Putsch in Gabun bedroht Interessen europäischer Länder
Das Videobild zeigt Anhänger der Putschisten, die Polizisten bejubeln. (Foto: dpa) Foto: Betiness Mackosso

Im zentralafrikanischen Gabun hat das Militär wenige Tage nach der Präsidentenwahl geputscht. Minuten nachdem die Wahlkommission Präsident Ali Bongo am Mittwoch zum Sieger ausrief, erklärte ihn eine Gruppe ranghoher Offiziere im Fernsehen für abgesetzt. Die Wahl sei nichtig, hieß es. Staatliche Institutionen seien aufgelöst und die Grenzen geschlossen.

In der Hauptstadt Libreville gingen Hunderte Menschen auf die Straßen und feierten. Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich verurteilte den Putsch. Am Abend erklärte ein Militärsprecher im Fernsehen General Brice Oligui Nguema, ehemaliger Befehlshaber der Präsidentengarde, zum Chef einer Übergangsregierung.

Bongos Familie regiert das ölreiche Land mit 2,3 Millionen Einwohnern seit 56 Jahren. Dem Militär zufolge wurde der 64-Jährige Ali Bongo unter Hausarrest gestellt. Auch sein Sohn Noureddin Bongo Valentin und andere Personen seien wegen Korruption und Verrats festgenommen worden.

In einer im Internet verbreiteten Botschaft sagte Bongo ebenfalls, er und seine Familie seien festgenommen worden. Er sei in seiner Residenz. "Ich weiß nicht, was passiert", erklärte er auf Englisch. "Ich möchte eine Botschaft an alle unsere Freunde in der ganzen Welt senden und ihnen sagen, dass sie Lärm machen sollen." Die Echtheit des Videos wurde von BTP Advisors bestätigt, eine PR-Agentur, die mit Bongo im Wahlkampf zusammengearbeitet hatte.

Kritiker werfen Bongo vor, den Ölreichtum des Landes nicht zugunsten der Bevölkerung zu nutzen. Nach seinem umstrittenen Wahlsieg 2016 waren Unruhen ausgebrochen, 2019 blieb ein Putschversuch erfolglos.

Putsch-Serie in Afrika

Der neue Militärputsch ist der achte in West- und Zentralafrika seit 2020. Zuletzt hatte die Armee im Niger die Macht übernommen, davor in Mali, Guinea, Burkina Faso und im Tschad. Mehrere dieser Staaten sehen sich mit radikalen Islamisten-Aufständen konfrontiert, was auf Gabun nicht zutrifft. Der Putsch dürfte auch die Sorgen Frankreichs in der Region verschärfen. Die Truppen der ehemaligen Kolonialmacht sind inzwischen aus Mali und Burkina Faso ausgewiesen worden. In Gabun sind etwa 350 Soldaten stationiert.

Das Ergebnis der Wahl dort müsse respektiert werden, sagte ein Regierungssprecher in Paris. Ministerpräsidentin Elisabeth Borne erklärte, die Lage werde genau beobachtet. UN-Generalsekretär Antonio Guterres verurteilte den Putschversuch. Er forderte alle Beteiligten auf, "Zurückhaltung zu üben, einen inklusiven und bedeutungsvollen Dialog zu führen und sicherzustellen, dass Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte vollständig geachtet werden", erklärte sein Sprecher. Die USA zeigten sich besorgt.

Die EU-Verteidigungsminister sollten sich mit der Lage in Gabun befassen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte, man werde auf die Vorgänge in Gabun genauso reagieren wie auf die in Niger. Allerdings hatte die EU sehr unterschiedlich auf den Putsch dort reagiert, wie Borrell selbst in einem Schreiben an die Mitgliedsstaaten vor einigen Tagen einräumte. EU-Diplomaten hatten Differenzen mit Frankreich bestätigt.

Gabun, das von vielen Beobachtern als Diktatur eingestuft wird, stand bislang unter westlichem Einfluss. So ist der von Frankreich kontrollierte und an den Euro gebundene CFA Franc die Landeswährung und der Staat ist Mitglied im britischen Commonwealth of Nations.

Lesen Sie dazu: Frankreichs Eliten beuten noch heute zahlreiche afrikanische Staaten aus

Gabun ist zudem Mitglied der Organisation erdölexportierender Länder (Opec). Es fördert etwa 200.000 Barrel pro Tag. Zu den dort tätigen Unternehmen gehört unter anderen TotalEnergies und Perenco. Das französische Bergbauunternehmen Eramet, das in Gabun Manganerz fördert, stoppte zunächst die Produktion. Sie werde am Donnerstag wieder aufgenommen, hieß es am Abend. Die Aktien von TotalEnergies Gabon und Maurel et Prom gaben zeitweilig um mehr als 20 Prozent nach. Etwa 30 Handelsschiffe warfen vor der Küste Gabuns den Anker.

Das Auswärtige Amt teilte mit, die Ereignisse in Gabun mit Sorge zu verfolgen und die Lageentwicklung in enger Abstimmung mit den Partnern zu beobachten. Der Krisenstab der Bundesregierung sei am Mittwoch im Auswärtigen Amt zusammengetreten. Deutsche Staatsangehörige würden gebeten, die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts zu befolgen und sich insbesondere in die Krisenvorsorgeliste Elefand einzutragen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kassenbeiträge 2026: Gesundheitsministerium hält Orientierungswert stabil
10.11.2025

Für das kommende Jahr plant Bundesgesundheitsministerin Nina Warken, den maßgeblichen Orientierungswert für die Entwicklung der...

DWN
Technologie
Technologie KI-Rechenleistung wächst rasant – Europa bleibt im Rückstand
10.11.2025

Die Rechenkapazitäten für Künstliche Intelligenz in Deutschland und Europa sollen laut einer Bitkom-Studie bis 2030 vervierfacht werden....

DWN
Finanzen
Finanzen Goldreserven: Wie der Ukraine-Krieg eine neue Geldordnung auslöst
10.11.2025

Während der Krieg in der Ukraine weiter tobt, sichern sich Zentralbanken weltweit mit Gold ab – aus Furcht vor Sanktionen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Förderstopp bremst Chinas Autoindustrie – auch deutsche Marken betroffen
10.11.2025

Nach dem Ende staatlicher Subventionen für Autos ist der chinesische Pkw-Markt erstmals seit Monaten leicht rückläufig. Im Oktober...

DWN
Politik
Politik Oberstes Gericht könnte Trumps Zölle kippen: Doch was dann?
10.11.2025

Das Oberste Gericht der USA prüft, ob Donald Trump seine Zölle rechtswidrig verhängt hat. Doch selbst wenn die Richter seine Politik...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fachkräfte von morgen fehlen: Zahl der Azubis in Deutschland sinkt weiter
10.11.2025

Die duale Berufsausbildung in Deutschland steht unter Druck: Immer weniger junge Menschen beginnen eine Lehre, während viele...

DWN
Politik
Politik Wagenknechts Zukunft im BSW: Rückzug aus der Parteispitze
10.11.2025

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht will den Bundesvorsitz ihrer Partei abgeben. Dies teilte die 56-Jährige in Berlin mit. Gleichwohl will sie...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienmarkt zieht an: Preise für Wohnungen und Häuser steigen kräftig
10.11.2025

Die Preise für Immobilien in Deutschland steigen wieder spürbar – besonders in den Metropolen. Laut aktuellen Zahlen des Verbands...