Rüstungsaktien profitieren von globaler Sicherheitslage - und Milliardeninvestitionen
Der Einmarsch Russlands in die Ukraine und der Angriff der palästinensischen Hamas-Terroristen auf Israel hat uns allen vor Augen geführt, wie labil Frieden ist und wie trügerisch Sicherheit sein kann. Vor allem die Geopolitik von US-Präsident Donald Trump und seine Gebietsansprüche unter anderem gegenüber Grönland machen vielen Menschen in Europa und Deutschland große Sorgen. Sind die USA noch Partner oder bereits Gegner? Zerbricht das transatlantische Bündnis, das Europa in den vergangenen Jahrzehnten den Frieden gesichert hat? Wären die USA weiterhin bereit, einen NATO-Partner im Angriffsfall zu verteidigen?
Die anhaltenden geopolitischen Konflikte sind ein Weckruf: Deutschland hat auf die komplizierte Sicherheitslage in der Welt reagiert und den Weg frei gemacht für Milliardeninvestitionen in die Bundeswehr. Auch die EU will in den kommenden Jahren viel Geld in die Verteidigung Europas investieren. Von diesen Plänen erhofft sich die Rüstungsbranche Aufträge in nie dagewesener Höhe. In einer ersten Reaktion auf diese rosigen Aussichten sind die Aktien von Rüstungskonzernen deutlich nach oben geklettert. Zwischen Jahresanfang und Ende März 2025 legte beispielsweise der Rheinmetall-Aktienkurs mehr als 115 Prozent zu, die Hensoldt-Aktie kletterte im selben Zeitraum immerhin noch annähernd 90 Prozent.
Mehr noch: Der Kurs der Rheinmetall-Aktie ist seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 bis Ende März 2025 um über 1.300 Prozent gestiegen. Wer damals mit 10.000 Euro in Rheinmetall-Aktien investiert war, kann sich heute über 130.000 Euro freuen. Ein Ende der Aufwärtsrallye scheint vorerst nicht in Sicht: Die Auftragsbücher sind so voll wie nie, der Konzern plant eine Aufstockung auf 40.000 Mitarbeiter. Für die Rheinmetall-Aktie winkt zur Belohnung die Aufnahme in den Euro Stoxx 50. Der europäische Leitindex listet die im Euroraum 50 stärksten börsennotierten Unternehmen.
Rheinmetall könnte weitaus größere Wachstumsraten erreichen als erwartet. Und damit ist Rheinmetall nicht alleine: Die Verteidigungsindustrie boomt und viele Rüstungskonzerne in Europa und Deutschland stehen vor weiteren Milliardengeschäften. Rüstung ist ein lukratives Geschäft geworden.
Stellt sich die Frage, wie Sie als Anleger von dieser außergewöhnlichen Entwicklung profitieren können – und ob das moralisch vertretbar ist? Letzte Frage müssen Sie persönlich mit sich und Ihrem Gewissen vereinbaren können. Es ist zugegebenermaßen zumindest fragwürdig mit Waffen, Konflikten und Kriegen mehr aus seinem Geld machen zu wollen. Doch angesichts der Sicherheitslage in Europa und der in den vergangenen Jahren kaputtgesparten Bundeswehr, sind diese Investitionen wohl unausweichlich.
Wie kann ich in Rüstung investieren? Mit Rüstungsaktien oder mit Rüstungs-ETFs?
Wer als Anleger am Boom der Rüstungsindustrie teilhaben möchte, kann in Rüstungsaktien oder in Rüstungs-ETF investieren. Die Abkürzung ETF steht für Exchange Traded Funds. ETFs sind also Investmentfonds, die die Performance eines ganzen Aktienindex' abbilden, also die Kursentwicklung mehrerer Aktien. Ein Rüstungs-ETF bildet also die Kursentwicklung eines ganzen Bündel an Rüstungsaktien nach. ETFs werden auch als börsengehandelte Indexfonds bezeichnet, weil sie wie Einzelaktien jederzeit an der Börse gehandelt werden können.
Gegenüber Einzelaktien bieten Rüstungs-ETFs den Vorteil, dass sie breit diversifiziert sind und eben nicht nur in Rheinmetall oder Hensoldt investieren. Das hat den Vorteil, dass Sie das Anlagerisiko streuen. Performt ein Unternehmen mal nicht so gut, weil vielleicht das Management falsche Entscheidungen getroffen hat, können Sie mit einer Investition in mehrere Unternehmen diese Schwäche ausgleichen. Gleichzeitig ermöglichen ETFs Anlegern den Zugang zu einer Vielzahl von Unternehmen, die in der Rüstungsbranche führend sind.
In Rüstungs-ETF investieren – so geht‘s
Mit sogenannten Verteidigungs-ETFs oder Rüstungs-ETFs (bei Google suchen viele Anleger auch nach "ETF Rüstungsindustrie weltweit") können Sie relativ einfach in die besten Unternehmen investieren, die Munition, Militärausrüstung, Verteidigungssysteme, gepanzerte Fahrzeuge, Soldatenausrüstung, militärische Überwachungs- und Kommunikationstechnologien, Drohnen, Handfeuerwaffen und weitere militärische Produkte herstellen. Entsprechende Fonds zählen daher zu den Themen-ETFs.
VanEck Defense ETF
Der VanEck Defense UCITS ETF (ISIN: IE000YYE6WK5) war im März 2023 der erste in der Europäischen Union (EU) zugelassene Defense ETF. Der passive Investmentfonds verfolgt einen Pure Play-Ansatz. Das heißt, er richtet sich an Anleger aus der EU, die gezielt an einem bestimmten Sektor, in diesem Fall dem Verteidigungssektor, partizipieren möchten. Dementsprechend investiert dieser Rüstungs-ETF in Unternehmen, die den Großteil ihres Umsatzes mit Produkten oder Dienstleistungen im Verteidigungssektor erwirtschaften. Aus diesem Grund folgt der VanEck ETF dem Market Vector Global Defense Industrie Index.
Dieser Index konzentriert sich auf Unternehmen, die in der globalen Verteidigungsindustrie tätig sind, einschließlich der Bereiche Rüstung, Militärtechnik und Sicherheitstechnologien. Ausgeschlossen sind Unternehmen, die Umsätze mit Atomwaffen, Streumunition oder Landminen erzielen oder im Verdacht stehen, diese Standards nicht einzuhalten. Insgesamt umfasst der VanEck-Rüstungs-ETF annähernd 30 Positionen, darunter der französische Thales-Konzern, der italienische Militärkonzern Leonardo und die Palantir-Aktie aus den USA. US-amerikanische Unternehmen bilden mit einem Anteil von deutlich mehr als 50 Prozent die größte Gruppe im VanEck Defense ETF. Es folgen Frankreich mit rund 20 Prozent und Italien mit etwas mehr als 5 Prozent. Unternehmen aus Deutschland machen etwa zwei Prozent des Fondsvolumens aus (Stand: 28. März 2025).
Dass der VanEck Defense ETF Unternehmen aus den USA am stärksten gewichtet, liegt daran, dass die USA seit jeher das Land mit den höchsten Militärausgaben sind und entsprechend viele Unternehmen im US-amerikanischen Verteidigungssektor vertreten sind. Anleger, die in den Rüstungs-ETF von VanEck investieren wollen, zahlen laufende Kosten in Höhe von 0,55 Prozent pro Jahr (TER). Der VanEck-ETF ist thesaurierend, er legt alle Erträge wie Dividenden oder Kursgewinne also direkt wieder im Fondsvolumen an.
HANetf Future of Defence UCITS ETF
Mit dem Future of Defence UCITS ETF von HANetf (ISIN: IE000OJ5TQP4) können Privatanleger in der EU seit Juli 2023 gezielt in Rüstungsaktien investieren. Konkret investiert der ETF Fonds in Unternehmen, die von den Verteidigungs- und Cyberabwehrausgaben der NATO und ihrer Verbündeten profitieren. Im Gegensatz zum VanEck ETF, der den Market Vector Global Defense Industry Index abbildet, folgt der HANetf Defence ETF dem EQM Future of Defense Index.
Dabei handelt es sich um einen spezialisierten Aktienindex, der Unternehmen enthält, die in der Entwicklung, Herstellung und dem Vertrieb von Technologien und Dienstleistungen für die Verteidigungsindustrie tätig sind. Der Index konzentriert sich insbesondere auf Unternehmen, die in zukunftsträchtigen Verteidigungsbereichen wie unbemannte Systeme, Cybersecurity, Raumfahrt und hochentwickelte Waffensysteme tätig sind. Anleger partizipieren mit dem thesaurierenden HANetf Future of Defence UCITS ETF an der Entwicklung von annähernd 80 Rüstungsaktien. US-Aktien sind mit annähend 50 Prozent und am stärksten im ETF Fonds gewichtet. Bei den Top-Aktien steht aber das Düsseldorfer Unternehmen Rheinmetall ganz oben. Der Anteil der Rheinmetall-Aktie beträgt rund 9 Prozent, gefolgt von der Thales-Aktie und vom britischen Rüstungskonzern BAE Systems (beide jeweils rund 6 Prozent).
Ein weiterer Unterschied zwischen VanEck ETF und dem Future of Defence UCITS ETF von HANetf liegt in der Gesamtkostenquote (TER). Mit 0,49 Prozent TER ist der Fonds von HANetf etwas günstiger als der VanEck ETF.
Statt reine Rüstungs-ETF in breite Branchen-ETFs investieren
Der Future of Defence UCITS ETF von HANetf und der VanEck Defense ETF sind reine Themen-ETFs, die ausschließlich in die Rüstungsindustrie investieren. Für Anleger, denen eine solche Monothematik zu riskant ist, bieten sich etwas breiter diversifizierte Branchen-ETFs als Alternative an. Entsprechende Fonds, beispielsweise der iShares MSCI Europe Industrial Sector UCITS ETF von BlackRock (ISIN: IE00BMW42520), enthalten Rüstungsaktien, investieren aber auch in andere Branchen. Finanztest bezeichnet diesen ETF auf die Rüstungsindustrie deshalb als marktbreit und versieht ihn mit dem Siegel 1. Wahl.
Insgesamt hält der im Mai 2021 aufgelegte iShares MSCI Europe Industrial Sector ETF über 90 Positionen. Dazu zählen neben klassischen Industriewerten wie Siemens (etwa 9 Prozent) und Deutsche Post (rund 3 Prozent) auch Positionen im Rüstungssegment wie Safran, BAE-Systems sowie Thales, Airbus und Rheinmetall. Insgesamt belaufen sich die Investitionen in die Rüstungsindustrie auf annähernd 20 Prozent.
Weil der iShares MSCI Europe Industrial Sector UCITS ETF kein reiner Rüstungs-ETF ist, zahlen Anleger hier deutlich geringere Gebühren. Pro Jahr kostet der Branchen-ETF 0,18 Prozent (TER). Der iShares-ETF ist auch ein Thesaurierer.
Der beste Rüstungs-ETF? Wisdomtree Europe Defence UCITS ETF
Der Rüstungs-ETF Wisdomtree Europe Defence UCITS ETF (ISIN: IE0002Y8CX98) ist ganz neu - und wartet gleich mit zwei Besonderheiten auf:
Zum einen bildet der Wisdomtree Europe Defence UCITS ETF (ISIN: IE0002Y8CX98) den speziell entwickelten Wisdomtree Europe Defence-Index ab und fokussiert sich damit auf europäische Wertpapiere. Der thesaurierende Wisdomtree Rüstungs-ETF bildet mindestens 20 europäische Unternehmen aus dem Verteidigungssektor ab, dabei ist deren Umsatzanteil in diesem Sektor entscheidend. Zum anderen schließt der ETF laut dem Factsheet Unternehmen aus, „die mit Waffen im Zusammenhang stehen, die gemäß internationalem Recht verboten sind, wie Streumunition, Antipersonenminen sowie biologische und chemische Waffen“.
Dass die Rheinmetall-Aktie mit einem Anteil von annähernd 12 Prozent zu den größten Position in diesem neuen Rüstungs-ETF gehört, unterstreicht die Hoffnung der Anleger auf weitere Kursgewinne bei Aktien der deutschen Rüstungsindustrie. Zu den Top-Positionen dieses klassischen Rüstungs-ETFs zählen außerdem Konzerne wie Leonardo aus Italien (12 Prozent), Thales aus Frankreich (12 Prozent), BAE Systems aus Großbritannien (12 Prozent) und Airbus (8 Prozent). Wer also von den hohen Verteidigungsinvestitionen in Deutschland und Europa in den kommenden Jahren profitieren möchte, sollte sich den ETF genau anschauen.
Anleger müssen für den aktuell vielleicht spannendsten Rüstungs-ETF eine Gesamtkostenquote von 0,40 Prozent (TER) bezahlen. Da der ETF erst im März 2025 aufgelegt wurde, ist das Fondsvolumen noch entsprechend klein.
Rüstungs-ETFs und moralische Bedenken
Noch vor wenigen Jahren waren globale Investitionen in den Verteidigungssektor aus moralischen und ethischen Gründen verpönt. Stattdessen gewannen nachhaltige Kriterien wie Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) an Bedeutung, weshalb sowohl institutionelle Investoren als auch Privatanleger Anlagen nach ESG-Prinzipien bevorzugten. Spätestens seit Beginn des Nahostkonflikts und der geopolitischen Ausrichtung der USA durch Präsident Donald Trump hat ein Umdenken stattgefunden: Die Rüstungsindustrie wird als Beitrag zur Verteidigung der globalen und vor allem der europäischen Freiheit verstanden.
Zwar sind der boomende Rüstungssektor und damit verbundene Anlagen nach wie vor nicht unumstritten, dennoch bieten Rüstungs-ETFs Privatanlegern eine Anlagemöglichkeit mit viel Potenzial - gerade vor dem Hintergrund anhaltender geopolitischer Risiken und einer konstanten Nachfrage nach Rüstungsgütern.