Die Gerichtsentscheidung ist eine heftige juristische Niederlage für den 77-Jährigen. Das letzte Wort dürfte allerdings noch nicht gesprochen sein, da Trump Berufung gegen die Entscheidung angekündigt hat. Es ist davon auszugehen, dass die Frage nach der Immunität erst vom Obersten Gericht des Landes abschließend geklärt wird.
Trump ist in der US-Hauptstadt Washington im Zusammenhang mit versuchtem Wahlbetrug angeklagt. Anhänger Trumps hatten am 6. Januar 2021 den Parlamentssitz in Washington gestürmt. Dort war der Kongress zusammengekommen, um den Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentenwahl formal zu bestätigen. Trump hatte seine Anhänger zuvor bei einer Rede aufgewiegelt. Infolge der Krawalle kamen damals fünf Menschen ums Leben. Trump hatte bereits vor dem Sturm auf das Kapitol auf verschiedenen Ebenen versucht, das Wahlergebnis zu kippen. Er erkennt seine Niederlage gegen Biden bis heute nicht an.
Trump sieht in Urteil Verstoß gegen Verfassung
Trump und seine Anwälte wollen, dass die Anklage fallen gelassen wird. Sie berufen sich dabei auf die Immunität Trumps in seinem damaligen Amt als Präsident. Sie argumentieren, dass Trump nicht rechtlich für Taten belangt werden könne, die zu seinen Pflichten als Präsident gehörten. "Wenn einem Präsidenten keine Immunität gewährt wird, wird jeder zukünftige Präsident, der aus dem Amt scheidet, sofort von der gegnerischen Partei angeklagt", reagierte Trumps Sprecher Steven Cheung auf die Entscheidung des Berufungsgerichts. Die Verfolgung eines Präsidenten wegen Amtshandlungen verstoße gegen die Verfassung und bedrohe das Fundament der USA, hieß es weiter.
Trump will für die Republikaner nach der Präsidentenwahl 2024 wieder ins Weiße Haus einziehen und bezeichnet die Ermittlungen gegen ihn regelmäßig als "politische Hexenjagd". Sollte der Supreme Court Trumps angekündigte Berufung annehmen, hängt von dessen Entscheidung ab, ob das Verfahren gegen Trump in Washington fortgesetzt werden kann. Die zuständige Richterin hatte den Beginn des Prozesses bis zur endgültigen Klärung der Immunitätsfrage am vergangenen Freitag auf unbestimmte Zeit verschoben. Eigentlich sollte das Verfahren Anfang März beginnen.
Berufungsgericht sieht Gewaltenteilung in Gefahr
Insgesamt ist Trump mit vier strafrechtlichen Verfahren gegen ihn konfrontiert - neben dem Wahlbetrugsverfahren im Bund gibt es ein weiteres im US-Bundesstaat Georgia. Trump ist auch wegen der Mitnahme geheimer Regierungsdokumente nach seiner Zeit im Amt und im Zusammenhang mit Schweigegeld an einen Pornostar angeklagt worden. Gleichzeitig laufen zivilrechtliche Verfahren gegen ihn. Für das Wahlbetrugsverfahren in Washington ist die Entscheidung des Berufungsgerichts nun von besonders zentraler Bedeutung.
Das Gericht fand in seiner Urteilsbegründung sehr eindeutige Worte: "Jegliche Immunität der Exekutive, die ihn während seiner Amtszeit als Präsident geschützt hat, schützt ihn nicht mehr vor dieser Strafverfolgung", hieß es in der Urteilsbegründung. Trumps Auffassung von Immunität würde das System der Gewaltenteilung in den USA zum Einsturz bringen. Trumps Auffassung, dass er kategorisch vor jeder Strafverfolgung geschützt werden solle für alle offiziellen Handlungen während seiner Amtszeit, werde nicht gestützt durch die Geschichte oder den Text oder die Struktur der US-Verfassung.
Supreme Court im Fokus
Es ist offen, ob das höchste Gericht des Landes sich letztlich mit der Frage nach der Immunität beschäftigen wird - allerdings durchaus wahrscheinlich. Schließlich ist die Frage nach strafrechtlicher Verfolgung von nationaler Bedeutung. Zum einen steht und fällt damit die Anklage gegen Trump wegen versuchten Wahlbetrugs. Auch für den Wahlkampf ist entscheidend, ob Trump recht bekommt oder nicht. Bisher deutet alles auf eine Neuauflage des Rennens zwischen ihm und dem demokratischen Amtsinhaber Biden hin. Nicht zuletzt hat die Entscheidung über den Schutz vor Strafverfolgung immense Bedeutung für künftige Präsidenten. Sollten diese wirklich Immunität genießen, könnten sie Straftaten im Amt begehen, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.
Der Supreme Court ist unter Trump weit nach rechts gerückt. Der Republikaner verschob während seiner Amtszeit die Mehrheiten am Gericht deutlich. Allerdings entschied das Gericht in der Vergangenheit nicht immer Sinne des ehemaligen Präsidenten.
Bereits am Donnerstag werden alle Augen auf den Supreme Court gerichtet sein, denn dann geht es um einem anderen Trump-Fall. Die Richterinnen und Richter in Washington haben sich in den juristischen Streit um die Teilnahme Trumps an den Vorwahlen für die republikanische Präsidentschaftskandidatur eingeschaltet. Trump hatte sich an das Gericht gewandt, um einen Beschluss aus dem Bundesstaat Colorado zu kippen, wonach er sich aufgrund seiner Rolle in Verbindung mit der Attacke auf das US-Kapitol für die Vorwahl disqualifiziert habe. (dpa)