Mitten im Ökostrom-Boom stehen die drei größten Windenergie-Konzerne der Welt enorm unter Druck: Explodierende Kosten, gestörte Lieferketten, langwierige Genehmigungsverfahren und auch hausgemachte Probleme setzen Konzernen wie Siemens Energy, Vestas oder Orsted zu.
"Der ganze Markt ist im Moment angestrengt und eng", klagte Siemens-Energy-Chef Christian Bruch am Mittwoch bei der Vorstellung der Quartalsbilanz. Dabei spielt die Branche eine Schlüsselrolle bei der Energiewende. Windräder an Land und auf See sollen in Deutschland und weiteren europäischen Ländern das Rückgrat einer fossilfreien Energieversorgung bilden.
Weltgrößter Entwickler schreibt rote Zahlen
Der weltgrößte Windparkentwickler Orsted hat nach milliardenschweren Verlusten die Reißleine gezogen und ein umfassendes Sparprogramm inklusive Jobabau aufgelegt. Ziel sei es, die Fixkosten bis 2026 um eine Milliarde dänische Kronen reduzieren, was den Abbau von 600 bis 800 Arbeitsplätzen weltweit beinhalte, teilte Orsted am Mittwoch mit. Der Vorstand kündigte zudem an, seine Investitions- und Kapazitätspläne einzudampfen, für die Jahre 2023 bis 2025 keine Dividenden zu zahlen und bis 2030 Vermögenswerte im Volumen von rund 115 Milliarden Kronen (15,4 Milliarden Euro) zu verkaufen.
"Wir haben Projekte innerhalb unseres Portfolios priorisiert und bedeutende Änderungen in unserem Geschäft eingeführt, einschließlich der Überarbeitung unseres Betriebsmodells, um Risiken zu reduzieren", sagte Orsted-Chef Mads Nipper. Die ursprünglich vorgesehenen Investitionen für die kommenden drei Jahre von 475 Milliarden Kronen sollen um 35 Milliarden reduziert werden. Zudem soll das Ziel für die Stromerzeugungskapazität bis zum Ende des Jahrzehnts von 50 Gigawatt (GW) auf 35 bis 38 GW gesenkt werden.
Die Krise in der Windbranche hatte den Branchenprimus 2023 in die Bredouille gebracht. Wegen aus dem Ruder laufenden Kosten und Lieferketten-Problemen stornierte der dänische Konzern Offshore-Projekte in den USA und Großbritannien. Infolge dessen fuhr Orsted 2023 einen Verlust von 20,2 (plus 15,0) Milliarden Kronen ein.
Vestas kehrt in die schwarzen Zahlen zurück
Die Herausforderungen werden sich fortsetzen, erklärte der Chef des weltgrößten Windturbinen-Herstellers Vestas, Henrik Andersen. "Die unruhige geopolitische Lage, langsame Verfahren und Verzögerungen beim Netzausbau werden auch 2024 für Unsicherheit sorgen." Vestas gelang es im vergangenen Jahr zwar, in die Gewinnzone zurückzukehren. Eine Dividende soll es aber nicht geben.
Vestas sieht sich nach der Rückkehr in die schwarzen Zahlen auf Wachstumskurs. Im vergangenen Jahr erreichte der Konzern mit einem Umsatz von 15,4 Milliarden Euro und einer Rendite von 1,5 Prozent den oberen Rand der eigenen Prognose, wie Vestas am Mittwoch mitteilte.
Der Auftragseingang erreichte einen Rekordwert von 18,4 Gigawatt (GW). Das stimmte Andersen zuversichtlich für 2024. Er peilt einen Umsatzanstieg auf 16 bis 18 Milliarden Euro an und eine operative Umsatzrendite (Ebit-Marge) von vier bis sechs Prozent. Die Windbranche hatte seit längerem unter einem harten Preiskampf und gestörten Lieferketten geächzt, was Vestas 2022 einen Verlust einbrockte.
Siemens Energy hadert mit Siemens Gamesa
Der Energietechnik-Konzern Siemens Energy hat im Auftaktquartal dank Sondereffekten schwarze Zahlen geschrieben. Beteiligungsverkäufe hätten dazu geführt, dass der Konzern im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2024 (per Ende September) einen Gewinn nach Steuern von 1,6 Milliarden erzielt habe, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit.
Im Vorjahreszeitraum habe Siemens Energy einen Verlust von 598 Millionen Euro erzielt. Stark belastet habe das Ergebnis erneut die mit Qualitätsmängeln kämpfende spanische Windturbinentochter Siemens Gamesa, deren Verluste mit 434 Millionen Euro allerdings nur noch fast halb so hoch wie ein Jahr zuvor waren. Siemens Energy hatte bereits im Januar eine Reihe von vorläufigen Zahlen vorgelegt und die Prognose bestätigt.
"Wir konzentrieren uns weiterhin darauf, die Qualitätsprobleme in unserem Onshore-Windgeschäft zu lösen und das Wachstumspotenzial für den Rest des Unternehmens auszuschöpfen", betonte Vorstandschef Christian Bruch. Dabei kann er auf einen Auftragsbestand zurückgreifen, der mit 118 Milliarden Euro so hoch ist wie noch nie. Bei Gamesa erwartet der Manager allerdings 2024 einen Verlust vor Sondereffekten von rund zwei Milliarden Euro.
Siemens Energy kämpft seit Jahren mit hohen Verlusten bei Gamesa. Das Windenergie-Geschäft mit Anlagen an Land (Onshore) hadert mit Qualitätsmängeln. Der Bereich mit Anlagen für den Betrieb auf hoher See (Offshore) hat Anlaufprobleme in neuen Werken. Bruch und Gamesa-Chef Jochen Eickholt wollen bis zum Geschäftsjahr 2026 die Kosten der Tochter um rund 400 Millionen Euro senken und im Windgeschäft die Gewinnschwelle erreichen.
Für 2024 bestätigte der Konzern die Prognosen. Danach erwartet der Vorstand ein vergleichbares Wachstum der Umsatzerlöse (ohne Währungsumrechnungs- und Portfolioeffekte) in einer Bandbreite von drei bis sieben Prozent und eine Ergebnis-Marge vor Sondereffekten zwischen minus zwei und plus einem Prozent. Darüber hinaus rechnet das Management mit einem Gewinn nach Steuern von bis zu einer Milliarde Euro.