Der Chip-Markt bleibt angespannt. Abseits des Hypes um Halbleiter für die künstliche Intelligenz (KI) haben Wettbewerber wie STMicroelectronics zuletzt über eine entgegen den Erwartungen sinkende Nachfrage aus dem Automobilsektor geklagt – ein Geschäftsfeld, in dem Infineon stark vertreten ist. Im ersten Geschäftsquartal hielt sich das Geschäft noch gut, Konzernchef Jochen Hanebeck hielt Anfang Februar an den Wachstumserwartungen der Sparte im laufenden Geschäftsjahr trotz der Verlangsamung der Nachfrage im Bereich Elektromobilität fest. Probleme hat Infineon mit verbrauchernahen Anwendungen, hier werden weiter hohe Lagerbestände abgebaut. Hanebeck rechnete zuletzt erst in der zweiten Kalenderhälfte mit einer Erholung.
Für das zweite Geschäftsquartal hat Infineon weitere Rückgänge in Aussicht gestellt, wobei sich der Umsatzrückgang im Vergleich zum Vorquartal leicht abschwächen dürfte. Das Unternehmen erwartet einen Umsatz von 3,6 Milliarden Euro und eine Segmentergebnis-Marge von 18 Prozent. Im Vorquartal betrug der Umsatz 3,7 Milliarden Euro bei einer Marge von 22,4 Prozent. Im Vorjahreszeitraum hatte Infineon dank des damaligen Chipbooms Umsätze von mehr als vier Milliarden und eine Marge von 28,6 Prozent erzielt.
Die Prognose für das Geschäftsjahr musste Infineon zum ersten Quartal einkassieren. Neben der Marktschwäche belasten negative Währungseffekte die Entwicklung. Infineon geht für 2023/24 (per Ende September) von einem Umsatz von etwa 16 Milliarden Euro in der Mitte der Spanne (plus/minus 500 Millionen) aus. Dies würde ein Umsatzminus im Vergleich zum Vorjahr von rund zwei Prozent bedeuten. Ursprünglich hatte der Chiphersteller eine Milliarde Euro mehr in Aussicht gestellt. Etwa die Hälfte des Rückgangs des erwarteten Umsatzes geht dabei den Angaben zufolge auf Währungseffekte zurück. Dabei unterstellt Infineon einen Euro-Dollar-Wechselkurs von 1,10.
Die Segmentergebnis-Marge, die das operative Ergebnis abbildet, erwartet Infineon bei einem niedrigen bis mittleren 20er-Prozentsatz, nach zuvor avisierten 24 Prozent. Im vergangenen Geschäftsjahr standen hier noch 27 Prozent zu Buche. Hanebeck hatte zum Jahresauftakt von einer "schwierigen Großwetterlage" gesprochen und das laufende Geschäftsjahr als „Übergangsjahr“ bezeichnet.
Was Analysten sagen
Marktexperten rechnen mit einem Quartal im Rahmen der Unternehmenserwartungen. Laut UBS-Experte Francois-Xavier Bouvignies hielten viele Investoren jedoch die Umsatzprognose für das Automobilgeschäft für das laufende Geschäftsjahr für zu hoch. Überhaupt stehen Aussagen über die weitere Entwicklung im Mittelpunkt des Interesses.
In einem von Infineon veröffentlichten Konsens gehen die Analysten im Mittel ihrer Schätzungen für das zweite Quartal von einem Umsatz von 3,6 Milliarden sowie einer Segmentergebnis-Marge von 18,2 Prozent aus. In der zweiten Geschäftsjahreshälfte dürfte das Unternehmen sequenziell wieder auf den Wachstumspfad zurückkehren.
Für das gesamte Geschäftsjahr sind die Analysten zurückhaltend und erwarten den Umsatz mit 15,6 Milliarden Euro am unteren Ende der von Infineon ausgegeben Spanne. Die Marge wird bei 21,4 Prozent gesehen.
Die Anleger hätten Zweifel an den Jahreszielen, schrieb Tammy Qiu von der Privatbank Berenberg jüngst in einer Studie mit Blick auf die schwächere Entwicklung der Aktie im laufenden Jahr. Sie rechnet dabei mit einer Anpassung. Dennoch zeigte sie sich zuversichtlich, dass der Halbleitermarkt von einer Erholung nicht mehr allzu weit entfernt sei.
Simon Coles von Barclays sieht es als zentrale Frage, ob der Chiphersteller seine Ziele für die Autosparte senken wird. Der Experte rechnet aber erst mit möglichen Kürzungen im Jahr 2025, auch wenn der Autoendmarkt wegen des langsameren Wachstums bei E-Autos abbremsen dürfte.