Die neue Grundsteuer
Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen für Gemeinden und Städte und dient zum Ausbau des Lebens und der Infrastruktur vor Ort. Dazu zählt der Bau von Schulen, Schwimmbäder und Büchereien, aber auch der Erhalt und Ausbau des öffentlichen (Nah-)Verkehrs. Aktuell fließen durch die Steuer jährlich mehr als 15 Milliarden EUR in die Gemeinden. Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Jahr 2018 wurde die bisherige Rechtslage in Frage gestellt und einer Erneuerung unterzogen. Das Ergebnis: Die Grundsteuerreform, die ab 2025 greifen wird.
Die Steuer wendet sich an Eigentümer von Grundbesitz – darunter Grundstücke, Eigentumswohnungen und Betriebe der Land- und Forstwirtschaft. Die Steuer ist jährlich zu entrichten. Bis zum Entscheid 2018 wurde der Steuersatz anhand von Einheitswerten aus dem Jahr 1964 (in den alten Bundesländern) errechnet. Der Bundesgerichtshof erklärte, dass diese Tabelle die Realität des heutigen Immobilienmarkts nicht mehr reflektiert. In Zahlen: Seit 1980 sind die Immobilienpreise in Deutschland um mehr als 160 % gestiegen. Gleichzeitig bemängeln sie, dass Grundstücke, die de facto vergleichbar sind, mit unterschiedlichen Maßen gemessen werden. Die Reform soll dies nun angleichen.
Die Grundsteuer errechnet sich durch den Wert des Besitzes mal Steuermesszahl mal Hebesatz. Durch die Reform wird der Wert von Grundstücken neu berechnet und den Besitzern postalisch mitgeteilt. Der Wert berechnet sich unter anderem aus Faktoren wie der statistisch ermittelten Nettokaltmiete, der Grundstücksfläche und dem sogenannten Mietstufenniveau der Gemeinde. Eine Wohnung in München ist so mehr wert als eine Wohnung in Neumark. Die Reform senkt darüber hinaus die Steuermesszahl auf 1/10 des bisherigen Werts, also von etwa 0,35 % auf 0,031. Sozialer Wohnbau und genossenschaftliches Wohnen wird von der Grundsteuer begünstigt – so erhalten Gesellschaften, die bezahlbares Wohnen ermöglichen, einen Abschlag auf die Steuermesszahl von 25 %. Die Hebesätze werden von den Gemeinden angepasst. Die Gemeinden haben die Möglichkeit, starken Verteuerungen durch die Reform entgegenzuwirken, indem sie diesen reduzieren. Auch können die Gemeinden den Hebelsatz nutzen, um die Bebauung von Grundstücken zu fördern und so der Spekulation mit Bauland Einhalt zu gebieten.
Ein Großteil der Bundesländer setzt die Reform wie vorgeschlagen um. Manche Länder haben ihre eigenen Versionen rund um die Reform kreiert: Das Saarland hat eine eigene Steuermesszahl eingeführt. Bayern fährt das Flächenmodell. BaWü verlässt sich auf das Bodenwertmodell. Hessen bezieht sich auf das Flächen-Faktor-Modell. Niedersachsen fährt das Flächen-Lage-Modell. Hamburg dagegen nutzt das Wohnlagemodell.
Die Entscheidung zur Distinktion wurde getroffen, um einzelne Regionen nicht zu benachteiligen. Je nachdem wo die Immobilie steht, kann es also zu bedeutenden Abweichungen von Regeln und Sätzen kommen.
Die Konsequenzen für Immobilienbesitzer
Das Finanzministerium betont, dass die Reform „keine Veränderung des Grundsteueraufkommens insgesamt verfolgt“. In der Realität führt die Neubewertung von Immobilien im Vergleich zu 1964 aber zwingend dazu, dass sich die Steuerbelastung für Immobilienbesitzer verändert – in Zusammenarbeit mit den Krisen der letzten Jahre plus Energiereformen, die Anfang 2024 ins Spiel gekommen sind, sind viele Immobilienbesitzer besorgt, ob sie sich ihr Hab und Gut überhaupt noch leisten können.
In Vorbereitung auf die Grundsteuerreform ist bei vielen Immobilienbesitzern bereits der Wertebescheid ins Haus geflattert. Der darin gemessene Grundsteuerwert und Grundmessbetrag deklariert, wie hoch die Grundsteuer für die betroffene Immobilie in Zukunft aussehen wird. Es gibt aber die Möglichkeit, die Kosten zu „teilen“.
Die Grundsteuer gehört zu den Betriebskosten, welche theoretisch vom Immobilienbesitzer auf seine Mieter umgelegt werden können. Das muss zuvor aber ausdrücklich im Mietvertrag unter Beachtung von § 2 Abs. 1 der Betriebskostenverordnung (BetrKV) vereinbart worden sein. Ist das der Fall, wird die Grundsteuer mit der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2025 verrechnet, was bedeutet, dass man bis spätestens 31.12.2026 dafür zur Kasse gebeten wird. Die Nebenkostenabrechnung, die bis Ende 2025 fällig ist, bezieht sich noch auf die alte Grundsteuer.
Die vielleicht größte Sorge bei der Reform ist die Anpassung der Hebesätze. Salopp gesagt: Wenn der Hebesatz steigt, steigt die Grundsteuer, wenn der Hebesatz sinkt, sinkt auch die Grundsteuer. Damit die Reform nicht zu einer enormen Verteuerung der Steuer führt, müssen die Hebesätze für das kommende Jahr 2025 sinken – doch die Sätze stehen noch nicht fest, was bei vielen Immobilienbesitzern zu Verunsicherung führt.
Grundsätzlich ist es für Immobilienbesitzer möglich, sich gegen Wertbescheide bei ihrer Kommune oder dem zuständigen Finanzamt zu wehren. Mieter, auf welche die Kosten durch die Nebenkostenabrechnung umgelegt wurde, können das nicht. Empfindet man den errechneten Immobilienwert als zu hoch, kann man schriftlich eine Neubewertung beantragen. Dafür reicht ein formloses Schreiben aus, das vom Immobilienbesitzer (bei einem Mehrparteienhaus Plural) unterschrieben werden muss. Experten raten dringend ab, auf die Hebesätze von den Kommunen zu warten; damit läuft man Gefahr, Einspruchsfristen zu verpassen.
Warten auf die Verteuerung
Die Grundsteuerreform soll das Gesetz an reale Begebenheiten rund um Haus und Grund anpassen. Wie sich das finanziell auf Immobilienbesitzer auswirkt, hängt vordergründig von zwei Faktoren ab: in welchem Bundesland sie leben und welchen Hebesatz die Gemeinde, in welcher die Immobilie steht, festlegt. Die Reform passt den Immobilienwert an und kann so, je nach Hebesatz, zu einer Erhöhung der Grundsteuern führen. Viele Gemeinden haben sich dafür ausgesprochen, den Hebesatz freiwillig niedrig zu halten, um ebendies zu verhindern.
Grundsätzlich ist die Reform verständlich; Steuern müssen an die tatsächliche Realität angepasst werden, statt sich auf inzwischen mehr als 50 Jahre alte Berechnungen zu stützen. Der Immobilienmarkt hat sich bedeutend verändert; die Reform reflektiert das.
Die Grundsteuerreform soll auch dazu dienen, Spekulation mit Immobilien zu verhindern. Mancherorts, so die Beobachtung, würden Immobilien aufgekauft und leerstehend gelassen werden. Die Spekulationen warten so Wertsteigerungen ab, und diese dann gewinnbringend zu veräußern. Um Handlungen wie diese zu verhindern, geht die Reform Hand in Hand mit etwaigen Leerstandssteuern.
Es ist aber nicht zu verneinen, dass Immobilienbesitzer, insbesondere in attraktiven Gegenden, nun damit rechnen müssen, dass ihr Besitz sie wortwörtlich teuer zu stehen kommt. Insbesondere für Erben und im Falle von Schenkungen wird die Reform dazu führen, dass auch hier erhöhte Kosten durch Steuern entstehen.