Politik

Ukraine: Regierungsumbau und Kämpfe gehen weiter

In der Ukraine schreitet der von Präsident Wolodymyr Selenskyj parallel zum Krieg gegen Russland eingeleitete Regierungsumbau weiter voran. Außenminister Dmytro Kuleba hat seinen Rücktritt eingereicht, doch die Entscheidung darüber steht noch im Parlament – der Obersten Rada in Kiew – aus.
05.09.2024 08:27
Lesezeit: 2 min

Andrij Sybiha, 49 Jahre alt und bisher stellvertretender Außenminister, gilt als potenzieller Nachfolger Kulebas. Laut dem Nachrichtenportal "Ukrajinska Prawda" steht er unter Berufung auf die Präsidentenpartei "Sluha Naroda" ("Diener des Volkes") zur Diskussion. Formal muss die Rada noch über Kulebas Rücktritt abstimmen.

Während einige bisherige Minister und Spitzenbeamte, die ihre Ämter zur Verfügung stellten, neue Positionen erhalten, ist die Zukunft von Kuleba noch offen. Die bisherige Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk wird künftig als stellvertretende Leiterin der Präsidialverwaltung tätig sein und für Sozialfragen zuständig sein.

Olha Stefanischyna, die zuvor als Vizeregierungschefin für EU- und NATO-Integration tätig war, ist erneut für diese Position vorgesehen und soll zugleich das Justizministerium übernehmen. Zuvor hatte die Rada das Rücktrittsgesuch des bisherigen Justizministers Denys Maljuska akzeptiert.

Selenskyj nimmt an Sitzung zum Regierungsumbau teil

Etwa die Hälfte der Ministerien soll neu besetzt und einige Ressorts neu zugeschnitten werden. So wird das Ministerium für die Reintegration der besetzten Gebiete aufgelöst und seine Aufgaben dem Ministerium für Gemeinschafts- und Regionalentwicklung der Ukraine übertragen. Nicht betroffen vom Umbau sind Schlüsselressorts wie das Finanz-, Innen- und Verteidigungsministerium.

Die Pläne für den Regierungsumbau wurden laut "Ukrajinska Prawda" bei einer Sitzung der Präsidentenpartei unter der Leitung des Fraktionschefs David Arachamija besprochen. Präsident Selenskyj war ebenfalls anwesend. Er begründete den Umbau damit, dass die Ukraine einen "Neustart" brauche. "Wir brauchen heute neue Energie", so Selenskyj.

In seiner abendlichen Videobotschaft erwähnte Selenskyj die Neubesetzung der Regierungsposten nicht. Kritiker werfen ihm jedoch vor, der Regierungsumbau diene lediglich der Ablenkung von den Problemen im Abwehrkampf gegen die russische Invasion. Auch die fortwährenden russischen Angriffe auf die ukrainische Infrastruktur, die die Energieversorgung beeinträchtigen, sorgen für wachsenden Unmut in der Bevölkerung.

Präsident betont Ziele der Kursk-Offensive

Selenskyj erklärte, er sei erneut von Oberkommandierendem Olexander Syrskyj über die Lage an der Front informiert worden. In seiner Videobotschaft betonte er den Erfolg der ukrainischen Kämpfe im russischen Gebiet Kursk, die am 6. August begonnen hatten. "Es ist wichtig, dass die Ziele der Kursk-Operation vollständig erreicht werden", sagte der Präsident. Er unterstrich zudem, dass russische Kriegsgefangene für künftige Gefangenenaustausche gesammelt würden.

Syrskyj informierte zudem über die Kämpfe im ostukrainischen Gebiet Donezk. Selenskyj gab keine Details preis, doch Beobachter berichten, dass russische Truppen in der Region weiterhin Geländegewinne verzeichnen. Das Kalkül Kiews, dass Moskau Truppen aus der Ukraine abzieht, um Kursk zu verteidigen, scheint bisher nicht aufgegangen zu sein.

Unterdessen hatte der russische Präsident Wladimir Putin angekündigt, die "Banditen" im Gebiet Kursk zu vernichten und die Ordnung wiederherzustellen. Moskau meldet tägliche Fortschritte und Gebietsgewinne, insbesondere im Raum Donezk.

Die ukrainische Armee steht besonders in Pokrowsk unter Druck, einer strategisch wichtigen Eisenbahnstadt. Die Behörden haben eine Evakuierung angeordnet, dennoch sollen sich dort noch etwa 20.000 Menschen aufhalten.

Das wird am Donnerstag wichtig

Mehr als zweieinhalb Jahre nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine wird Kremlchef Wladimir Putin erneut Stellung nehmen. Der Präsident, der die Invasion am 24. Februar 2022 befahl, wird auf dem Wirtschaftsforum in Wladiwostok eine Rede halten. Putin hatte die ukrainische Kursk-Offensive als unbedeutend für den Kriegsverlauf bezeichnet. Auch der Regierungsumbau in Kiew werde keine Auswirkungen auf den Krieg haben, so die Einschätzung aus Moskau.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell auf Rekordkurs: Doch deutsche Anleger bleiben zurückhaltend – die Gründe
04.06.2025

Der Goldpreis steigt erneut auf ein beeindruckendes Niveau – doch die deutsche Nachfrage sinkt. Was steckt hinter dieser paradoxen...

DWN
Politik
Politik Zinswende mit Risiko – Steuert Lagarde Europa in die Deflation?
04.06.2025

Christine Lagarde will am Donnerstag erneut die Zinsen senken – trotz globaler Unsicherheiten, Handelskonflikten und überraschend...

DWN
Politik
Politik NATO fordert 5 Prozent fürs Militär – doch Europas Regierungen spielen weiter auf Zeit
04.06.2025

Während Russland aufrüstet und zum Gegenschlag bereitsteht, warnt die NATO vor einem historischen Sicherheitskollaps – doch viele...

DWN
Politik
Politik Grenzkontrollen: Dobrindt und Frei verteidigen Linie der Bundesregierung
04.06.2025

Ein Gerichtsurteil stellt die Rechtmäßigkeit aktueller Grenzpraktiken infrage – doch Innenminister Dobrindt und Kanzleramtschef Frei...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Firmen vor Engpässen bei seltenen Erden aus China
04.06.2025

China verschärft seine Exportkontrollen bei strategisch wichtigen Mineralien – mit direkten Folgen für die deutsche Industrie. Vor...

DWN
Politik
Politik Polens Präsident Nawrocki – Ein Trump-Statthalter in Warschau?
04.06.2025

Mit Karol Nawrocki zieht ein Hardliner in den Präsidentenpalast ein – unterstützt von Donald Trump und im offenen Konflikt mit der...

DWN
Immobilien
Immobilien Eigenheim kaufen: Wie der Traum vom eigenen Haus gelingen kann - die besten Tipps
04.06.2025

Der Wunsch, ein Eigenheim kaufen zu wollen, ist für viele Menschen in Deutschland tief verankert. Doch finanziell scheint dieses Ziel oft...

DWN
Politik
Politik US-Zölle auf Stahl und Aluminium verdoppelt: Folgen für Deutschland
04.06.2025

Donald Trump verdoppelt die Zölle auf Stahl und Aluminium – und riskiert damit eine neue Eskalation im transatlantischen...