Technologie

Klima: Mehr Warnung per App - Bund legt neue Vorsorgestrategie vor

Der Bund will die Bevölkerung künftig besser vor Extremwetterereignissen warnen. Das geht aus der neuen Klimaanpassungsstrategie der Bundesregierung hervor, die das Kabinett verabschiedet hat. Im Fokus stehen unter anderem eine bessere Warnung der Bevölkerung durch die Warn-App NINA, grünere Städte gegen extreme Hitze und flächendeckende Anpassungskonzepte in den Kommunen.
12.12.2024 07:05
Lesezeit: 3 min
Klima: Mehr Warnung per App - Bund legt neue Vorsorgestrategie vor
Paul-Arnsberg-Platz im Frankfurter Stadtteil Ostend nach einer klimafreundlichen Umgestaltung: Maßnahmen der Stadt Frankfurt zum Schutz vor den Folgen des Klimawandels. (Foto: dpa) Foto: Arne Dedert

Die neue Klimaanpassungsstrategie der Bundesregierung, die das Kabinett diese Woche verabschiedet hat, legt erstmals messbare und damit verbindlichere Ziele für den Umgang mit Ereignissen wie Hitze, Dürre, Starkregen und Hochwasser fest, die durch den Klimawandel immer häufiger und heftiger werden. Ein Überblick über die wichtigsten Punkte:

Mehr Nutzer für die Warn-App NINA

Nach der Flutkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021 war die Bilanz verheerend. Mindestens 135 Menschen starben, Tausende verloren ihr Hab und Gut. Schon nach kurzer Zeit war klar: Viele haben sich nicht in Sicherheit gebracht, weil sie nicht rechtzeitig vor den Fluten gewarnt worden waren. „ “

Ein Versagen, das sich nach dem Willen der Bundesregierung nicht wiederholen soll: Bis 2030 will der Bund die Warnsysteme im Falle von Extremwetter deutlich ausbauen und ihre Reichweite erhöhen. Trotz bereits bestehender Vorkehrungen - wie etwa Warnungen über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk oder Sirenen - gebe es immer noch „Lücken in der technischen Übermittlung von Warnmeldungen“, wie es im Strategiepapier heißt.

Deshalb soll unter anderem die Zahl der Nutzer der bundesweiten Warn-App NINA bis Ende des Jahrzehnts von aktuell etwa zwölf auf 16 Millionen Nutzer wachsen. Das wäre ein Anstieg um 30 Prozent - der unter anderem durch mehr Aufklärung gelingen soll. Die zentrale Hürde bislang: Die App, die das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) anbietet, muss von Nutzern aktiv aufs Handy geladen und installiert werden - sonst gibt es keine Warnung.

Grünere Städte gegen extreme Hitze

Um Menschen künftig besser vor extremer Hitze zu schützen und kühlende Orte zu schaffen, sollen die Städte grüner werden. In der Nähe von Wohn- und Arbeitsorten soll die Bevölkerung diese Grünflächen „in einer fußläufig leicht zu bewältigenden Distanz“ erreichen können. Diese Erreichbarkeit von Grünflächen soll bis 2030 „mindestens stabil“ gehalten werden und für das Stadtgebiet und Umgebung aller Städte ab 10.000 Einwohnern Pflicht sein. In Gebieten, in denen aufgrund besonderer Hitzegefährdung ein vorrangiger Handlungsbedarf besteht, sollen die Grünflächen nicht nur stabil bleiben, sondern ausgebaut werden.

Daneben will der Bund auch Maßnahmen gegen die Versiegelung von Flächen treffen. Zugebaute und undurchlässige Böden bergen etwa im Falle von Starkregen ein hohes Risiko, weil das Wasser nicht abfließen kann. Deshalb soll der Flächenverbrauch bis 2030 auf unter 30 Hektar pro Tag verringert werden. Zum Vergleich: Von 2019 bis 2022 waren in Deutschland laut amtlicher Statistik des Bundes im Schnitt jeden Tag rund 52 Hektar als Verkehrs- und Siedlungsflächen neu ausgewiesen worden. „ “

Besserer Umgang mit Wasser

Ein effizienter Umgang mit Wasser ist entscheidend für die Anpassung an die Folgen der Klimakrise. In Deutschland haben die verfügbaren Wasserressourcen in den vergangenen Jahren abgenommen. Die neue Strategie legt fest, dass über einen längeren Zeitraum nicht mehr als 20 Prozent der verfügbaren Wassermenge genutzt werden darf. Dabei habe die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser "oberste Priorität". Die international anerkannte Schwelle von 20 Prozent liefert einen Anhaltspunkt, ob die Nutzung der Wasserressourcen nachhaltig ist oder Wasserknappheit herrscht. In Deutschland ist sie den Angaben zufolge seit 2007 nicht mehr überschritten worden.

Mehr Sicherheit für Landwirte

Gute Wassermanagementkonzepte sollen auch die Betriebe von Landwirten zukunftssicher machen. Die Strategie legt fest, dass die Erträge der Bauern bis 2030 - und im nächsten Schritt bis 2050 - in Deutschland klimawandelbedingt nicht stärker schwanken dürfen als bisher.

Auch die Widerstandsfähigkeit der Betriebe gegen die Auswirkungen des Klimawandels soll stabil gehalten werden. Dazu soll die finanzielle Förderung von Landwirten so gesteuert werden, dass sie stärker als bisher der Klimaanpassung dient.

Deutlich mehr Klimavorsorgekonzepte in den Kommunen

Das Papier sieht außerdem vor, dass bis 2030 in 80 Prozent der Gemeinden, die gesetzlich dazu verpflichtet sind, Klimaanpassungskonzepte vorliegen müssen. Eine genaue Anzahl der Kommunen, die einer solchen Pflicht unterliegen, gibt es nach Angaben des Umweltministeriums derzeit nicht. Es sei aber davon auszugehen, dass dies einen Großteil der Kommunen betreffen werde, heißt es. Schätzungen zufolge haben bislang nur etwa zehn bis 15 Prozent der Kommunen und etwa 26 Prozent der Landkreise Konzepte dieser Art erarbeitet.

Schäden in Höhe von 145 Milliarden Euro - Kritik von Verband

Auch mit Verabschiedung der neuen Strategie bleibt die Kernfrage nach der künftigen Finanzierung von klimawandelbedingten Kosten offen. Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) betonte, dass in Deutschland durch die Klimafolgen seit dem Jahr 2000 Schäden in Höhe von 145 Milliarden Euro entstanden seien. Durch Vorsorge wolle der Bund die Schäden in Grenzen halten. Aber das allein wird Experten zufolge nicht reichen. Auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), dessen Mitglieder rund 90 Prozent der Einwohner Deutschlands mit Trinkwasser versorgen, mahnte einen Finanzierungsplan an. Ein bereits seit längerem diskutierter Vorschlag, die Klimaanpassung als gemeinsame Finanzierungsaufgabe von Bund und Ländern im Grundgesetz zu verankern, hat sich bislang nicht durchsetzen können.

Messbarkeit der Ziele und Bedeutung für künftige Bundesregierung

Klimaanpassungsstrategien gibt es bereits seit dem Jahr 2008 und wurden seitdem immer wieder fortgeschrieben. Ein möglicher politischer Machtwechsel ab dem kommenden Jahr hätte zunächst keine Auswirkungen auf die Gültigkeit der nun beschlossenen Strategie. Sie gilt so lange weiter, bis eine künftige Regierung eine neue beschließt. Nach vier Jahren soll die jetzige Strategie ohnehin weiterentwickelt werden - so steht es im Klimaanpassungsgesetz. Auch die Erfüllung der erstmals verbindlich formulierten Ziele sollen Bund und Länder bis dahin gemeinsam kontrollieren. Werden die Ziele allerdings verfehlt, sind laut Lemke keine Sanktionen vorgesehen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Leica mit Rekordumsatz: Kamera-Pionier setzt auf Smartphone-Erfolg
26.06.2025

Leica wächst weiter: Mit einem Rekordumsatz im Rücken und einer traditionsreichen Geschichte treibt der Kamera-Hersteller seine Expansion...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse: Bundestag beschließt Verlängerung bis Ende 2029
26.06.2025

Die Mietpreisbremse soll weitere vier Jahre gelten – doch sie ist umstritten wie eh und je. Während der Eigentümerverband sie für...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis im Höhenflug: Anleger in der Falle?
26.06.2025

Der Goldpreis eilt von Rekord zu Rekord, doch Experten warnen: Wer jetzt einsteigt, könnte in eine gefährliche Falle tappen. Was Anleger...

DWN
Immobilien
Immobilien Erbschaftsteuer Kinder - mit diesen Tipps lässt sich bei Immobilien viel sparen
26.06.2025

Geht es ans Erben, haben Kinder hohe Freibeträge, die jedoch bei Immobilienbesitz oder anderen hohen Vermögen schnell aufgebraucht sind....

DWN
Panorama
Panorama Iranische Atomanlagen: Wie stark die US-Angriffe wirklich trafen
26.06.2025

Nach dem massiven Luftangriff der USA auf Irans Atomanlagen überschlagen sich die Einschätzungen. Präsident Trump spricht von völliger...

DWN
Politik
Politik Bundestag beschließt Anreize für Firmeninvestitionen
26.06.2025

Investitionen gelten als Schlüssel zur wirtschaftlichen Erholung. Mit neuen Abschreibungsregeln und geplanten Steuersenkungen will die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft US-Angriffe auf Iran: Droht ein neues Gasloch wie bei Russland?
26.06.2025

US-Luftangriffe auf den Iran setzen neue Dynamik im globalen Energiemarkt frei. Droht Europa nach dem russischen Gas-Schock der nächste...

DWN
Politik
Politik Stromsteuer: Der Vertrauensbruch
26.06.2025

Die Ampel hatte versprochen, alle Bürger bei der Stromsteuer zu entlasten. Jetzt will Kanzler Merz nur die Industrie begünstigen – und...