Politik

Neue Regierung erbt Probleme: Haushalt, Energiekosten, Wirtschaft und Verteidigung

Die gescheiterte Ampel-Koalition hinterlässt der neuen Bundesregierung zahlreiche Herausforderungen. Welche Themen nach der Wahl am 23. Februar und den anschließenden Koalitionsverhandlungen im Fokus stehen – ein Überblick.
25.01.2025 18:48
Aktualisiert: 26.01.2025 18:48
Lesezeit: 3 min
Neue Regierung erbt Probleme: Haushalt, Energiekosten, Wirtschaft und Verteidigung
Neuwahlen: Steht die neue Regierung vor einem Schutthaufen an Problemen? (Foto: dpa) Foto: Robert Michael

Herausforderungen der neuen Regierung: Die deutsche Wirtschaft steckt in einer tiefen Krise, die Pflegekosten explodieren, und die Bundeswehr braucht Milliarden für Modernisierungen. Die Regierung muss dringend Reformen angehen, um Deutschlands Attraktivität als Standort zu sichern, während zugleich Fragen zu Verteidigung und Klimapolitik drängen. Welche Prioritäten gesetzt werden und welche Entscheidungen den Alltag der Bürger verändern könnten:

Haushalt

Eine zentrale Aufgabe der neuen Koalition wird die Verabschiedung des Bundeshaushalts für 2025 sein. Bis dahin gilt eine vorläufige Haushaltsführung. Der Staat erfüllt weiterhin gesetzliche Verpflichtungen, etwa für Renten oder das Bürgergeld. Neue Projekte können jedoch nicht einfach gestartet werden. Die Ampel-Koalition scheiterte vor allem daran, dass sie sich angesichts der angespannten Haushaltslage und knapper Mittel nicht einigen konnte. Besonders spannend bleibt die Frage, ob es eine Reform der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse geben wird, die nur begrenzte neue Schulden erlaubt.

Wirtschaftspolitik

Die deutsche Wirtschaft ist 2024 das zweite Jahr in Folge geschrumpft und steckt damit so lange in der Rezession wie seit über 20 Jahren nicht mehr. Auch für 2025 wird nur ein geringes Wachstum erwartet. Verbände sprechen von einer strukturellen Krise: Der Standort Deutschland habe an Attraktivität eingebüßt. Gründe dafür sind vor allem hohe Energiepreise, eine hohe Steuer- und Abgabenlast sowie übermäßige Bürokratie. Die Wirtschaftspolitik dürfte ab Tag eins eine Schlüsselrolle spielen.

Energiepolitik

Hohe Netzentgelte belasten besonders energieintensive Unternehmen. Die neue Regierung könnte hier Entlastungen schaffen – ein Vorhaben, das Milliarden kosten würde. In der neuen Legislaturperiode könnte auch die Einführung eines Klimagelds beschlossen werden, um die steigenden CO2-Kosten bei Treibstoff und Heizwärme auszugleichen. Offen bleibt, wie der Bau neuer Gaskraftwerke gefördert werden soll, die als Backup dienen, wenn Sonne und Wind ausfallen. Auch der Zeitpunkt des Kohleausstiegs hängt davon ab. Der rasche Ausbau der Photovoltaik birgt weitere Herausforderungen: Wird mehr Strom produziert, als verbraucht, könnte dies die Netzstabilität gefährden. Eine stärkere Steuerbarkeit von Anlagen könnte Abhilfe schaffen.

Verteidigung

Um Russland militärisch abzuschrecken, soll die jahrelang vernachlässigte Bundeswehr schnell zu einer verteidigungsfähigen Streitkraft werden. Dafür wurde eine "Zeitenwende" ausgerufen. Doch zwei Fragen bleiben ungeklärt: Woher sollen die Soldaten kommen, und wie wird das finanziert? Mit einem Sondervermögen wurden 100 Milliarden Euro bereitgestellt, um das Nato-Ziel zu erreichen, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung aufzuwenden. Dieses Sondervermögen dürfte bis 2027 aufgebraucht sein. Ab 2028 wären jährlich mindestens 85 Milliarden Euro nötig – etwa 30 Milliarden mehr als derzeit, erklärte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD).

Außenpolitik

In der Außenpolitik wird entscheidend sein, wie der neue US-Präsident Donald Trump seine Amtszeit beginnt. Provoziert er einen globalen Handelskonflikt, träfe das Deutschland als Exportnation besonders hart. In Sachen Ukraine muss die neue Regierung schnell handeln. Heftig umstritten ist, ob drei Milliarden Euro für Waffenlieferungen über neue Schulden oder über eine außerplanmäßige Haushaltsausgabe finanziert werden. Zudem wird erwartet, dass Trump von Deutschland eine klarere Positionierung gegenüber China fordert.

Pflege

Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen steigt kontinuierlich. Bis 2050 könnte es laut Altersbericht der Bundesregierung bis zu zehn Millionen Menschen über 80 Jahre geben – zwei bis vier Millionen mehr als heute. Die Kosten der Pflegeversicherung steigen entsprechend. Die Beiträge wurden erst kürzlich erhöht, was jedoch nur eine kurze Entlastung bringt. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz fordert seit Langem eine nachhaltige Reform. Wirtschaftsverbände drängen darauf, Sozialausgaben generell zu senken.

Verkehrspolitik

Sanierung des teils maroden Schienennetzes kostet Milliarden. Ziel ist eine pünktlichere Bahn. Auch die Sanierung maroder Brücken steht an. Im Fokus wird stehen, wie Investitionen langfristig gesichert werden können, ohne jährlich neu verhandelt zu werden. Ein überjähriger Infrastrukturfonds ist im Gespräch.

Bundespolizei

Das veraltete Bundespolizeigesetz soll reformiert werden, um Befugnisse neu zu regeln und teils auszuweiten. So sollen Beamte beispielsweise verstärkt Abschiebungen vollziehbar ausreisepflichtiger Personen übernehmen. Ein entsprechender Entwurf scheiterte 2021 im Bundesrat. Ein neuer Entwurf der Ampel-Koalition wurde 2024 zwar beschlossen, aber scharf kritisiert. Eine abschließende Beratung im Bundestag fand nicht mehr statt.

Kritische Infrastruktur

Beim Schutz kritischer Infrastruktur – etwa Flughäfen oder Energieversorgern – besteht Zeitdruck. Ein Kritis-Dachgesetz soll Unternehmen zu stärkerem Schutz verpflichten. Die Vorgaben der EU hätten bis Oktober 2024 umgesetzt werden müssen.

Häusliche Gewalt

Die Ampel-Parteien wollten Frauen besser vor häuslicher Gewalt schützen, etwa durch elektronische Fußfesseln für gewalttätige Ex-Partner. Ein Gesetzentwurf ließ jedoch lange auf sich warten. Die Union unterstützt die Idee grundsätzlich, hat aber noch Beratungsbedarf. Eine Gesetzesänderung nach der Wahl gilt als wahrscheinlich.

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