Finanzen

Trading lernen: Können Sie mit Tradingkursen den Markt schlagen?

Anbieter von Tradingkursen versprechen hohe Renditen mit dem kurzfristigen Handel von Wertpapieren. Doch ist das realistisch? Kann jeder Anleger Trading lernen?
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09.03.2025 05:58
Aktualisiert: 09.03.2025 06:23
Lesezeit: 3 min
Trading lernen: Können Sie mit Tradingkursen den Markt schlagen?
Alles übers Daytrading (Foto: dpa). Foto: Cris Faga

Auf sozialen Medien werben viele Anbieter von Tradingseminaren für ihre Kurse. Die Message: Wer über die richtigen Techniken und ausreichend Übung verfügt, kann sich an der Börse ein regelmäßiges Zusatzeinkommen verschaffen. Wer Trading lernen möchte, brauche dafür nicht einmal viel Zeit, erklärt ein Anbieter. Dreißig Minuten pro Tag an mehreren Tagen pro Woche würden bereits reichen. Dabei stellen manche Kursanbieter hohe Gewinne in Aussicht. “Bei erfahreneren Tradern sind Renditen zwischen 10 und 30 Prozent pro Jahr durchaus realistisch”, schreibt ein Anbieter auf seiner Internetseite.

Das wäre deutlich mehr als bei einem breit gestreuten Aktienportfolio, das historisch etwa 8 Prozent Rendite vor Kosten, Steuern und Inflation erzielte. Selbst mit einem Hebel von 1,5 - also einer zusätzlichen Schuldenaufnahme in Höhe von 50 Prozent des Startkapitals - hätte die Rendite also “nur” 12 Prozent pro Jahr betragen. Beim Trading kaufen und verkaufen Anleger Wertpapiere innerhalb kurzer Zeit, zum Beispiel innerhalb eines Tages beim Daytrading. Dabei setzen sie häufig Derivate ein, die die Preisentwicklung eines Basiswerts wie einer Aktie oder eines Rohstoffs nachbilden. Um die Gewinne zu steigern, verwenden Trader einen Hebel, etwa durch Aufnahme von Schulden beim Broker (auch Leverage genannt).

Trading lernen? Experten halten Daytrading für weniger sinnvoll

Laut Experten erzielen damit aber nur die wenigsten Anleger Gewinne. Der Finanzökonom Marko Gränitz, der den Blog Marko Momentum betreibt, geht davon aus, dass weniger als 1 Prozent der Daytrader dauerhaft erfolgreich sind. “Von daher lohnt es sich für den durchschnittlichen Anleger nicht”, erklärt er schriftlich gegenüber DWN. Brasilianische Forscher berichten in einer Studie aus dem Jahr 2020, “dass es für eine Einzelperson praktisch unmöglich ist, vom Daytrading den Lebensunterhalt zu bestreiten”. Die drei Ökonomen untersuchten Daten der brasilianischen Börsenaufsicht für die Jahre 2012 bis 2017.

Dabei schauten sie sich alle Daytrader an, die den “Mini Ibovespa”-Futures handelten, ein Terminkontrakt auf den führenden brasilianischen Aktienindex. Laut den Autoren handelte es sich um das beliebteste Wertpapier bei Daytradern aus Brasilien. Von den insgesamt 20.000 Daytradern handelten nach 300 Tagen nur noch 7,9 Prozent (1551 Trader). 97 Prozent davon erzielten nach Abzug der Börsenhandelskosten einen Verlust. Nur 3 Prozent der Daytrader, die mindestens 300 Tage aktiv waren, landeten in der Gewinnzone.

Die Gewinne waren sehr gering. Nur 17 Trader lagen oberhalb des brasilianischen Mindestlohns von 16 US-Dollar pro Tag (1,1 Prozent von 1551 Tradern). 8 Trader lagen oberhalb des Lohns eines Kassierers von 54 US-Dollar pro Tag (0,5 Prozent von 1551 Daytradern) und der erfolgreichste Daytrader erzielte 341 US-Dollar. Allerdings hätten die Gewinne der erfolgreichen Trader je nach Handelstag stark geschwankt.

Keine Hinweise auf “learning by doing” beim Daytrading

Außerdem schauten sich die Finanzökonomen an, ob die Daytrader im letzten Drittel ihres Handelszeitraums höhere Renditen erzielten als im ersten Drittel. So wollten sie herausfinden, ob sich die Daytrader im Zeitablauf verbesserten. Doch das Ergebnis war negativ: “Wir finden keine Hinweise auf Lernen.” Generell zeigte sich: Umso länger die Daytrader handelten, desto geringer war die Chance, dass sie Gewinne mit dem Trading erzielten. Die Handelskosten fielen offenbar im Zeitablauf immer mehr ins Gewicht. Steuern und die Kosten für Tradingkurse oder Tradingplattformen ließen die Autoren unberücksichtigt, die die Gewinne weiter gemindert hätten.

“Muster wie dieses finden sich normalerweise bei Glücksspielen, wie zum Beispiel beim Casino-Roulette, wo der Anteil der erfolgreichen Spieler ebenfalls monoton mit der Anzahl der gespielten Runden abnimmt”, kommentieren die drei Autoren. Der US-Finanzökonom Brad Barber gelangte hingegen in einer Studie zu positiveren Ergebnissen. Demnach sind die Renditen einer kleinen Minderheit so hoch und regelmäßig, dass von Können und nicht von Glück auszugehen ist. “Weniger als 1 Prozent aller Daytrader sind in der Lage, vorhersehbar und zuverlässig positive, abnormale Renditen nach Abzug der Gebühren zu erzielen.”

Der Professor der University of California untersuchte alle Daytrader, die zwischen 1994 und 2006 an taiwanesischen Aktienbörsen aktiv waren (rund 450.000 Anleger). Die 500 besten Trader des Vorjahres erzielten auch im anschließenden Jahr Gewinne. Im Schnitt waren es im Anschlussjahr 0,4 Prozent pro Tag nach Kosten. Die Daytrader, die Verluste erzielten, lagen im folgenden Jahr ebenfalls im Minus (im Schnitt -0,3 Prozent pro Tag).

Herausforderungen beim Trading

Die brasilianischen Autoren finden dagegen in ihrem Datensatz für die Jahre 2012 bis 2017 keine Hinweise auf Können. Sie vermuten, dass Daytrading heutzutage schwieriger geworden sei als im Zeitraum von 1992 bis 2006, den Barber untersuchte. “Private Daytrader mussten nicht mit den Algorithmen des institutionellen Hochfrequenzhandels um Gewinne konkurrieren, die auf dem heutigen Markt immer aktiver werden.”

Marko Gränitz vermutet, dass wenige Daytrader tatsächlich dauerhaft Gewinne erzielen können und nicht bloß durch Glück erfolgreich sind. “Das weiß ich aus persönlichen Interviews mit Tradern”, berichtet er. Doch für den durchschnittlichen Anleger sei Trading sehr anspruchsvoll. “Das Problem ist meiner Meinung nach, dass sich die Ergebnisse kaum reproduzieren lassen, da Trading strategisch und mental herausfordernd ist”, erklärt er und fügt an: “Auf Dauer halten das die allerwenigsten durch.”

Auch Fehler könnten sehr teuer werden, zum Beispiel wenn bei einer gehebelten Position der Stopp nicht eingehalten werde und genau dieser Trade immer weiter in die falsche Richtung laufe. “Typische Verhaltenseffekte arbeiten ebenfalls gegen uns, zum Beispiel Gewinne schnell mitnehmen, um sie nicht wieder einzubüßen, aber Verluste in der Hoffnung laufen lassen, dass der Kurs wieder dreht.”

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Elias Huber

Elias Huber arbeitet als freier Journalist und Honorar-Finanzanlagenberater. Der studierte Volkswirt schreibt vor allem über die Themen Wirtschaft und Geldanlage. 

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