Finanzen

EZB in der Zwickmühle: Zinssenkung befeuert Immobilienmarkt – Gefahr einer neuen Kreditblase?

Der Druck auf die Europäische Zentralbank wächst, während die Zinsen sinken und der EURIBOR neue Tiefstände markiert. Was bedeutet das für Kreditnehmer, den Wohnungsbau – und die Stabilität des europäischen Finanzsystems?
26.04.2025 07:02
Lesezeit: 2 min
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EZB zwischen Inflation und Zinssenkung – ein gefährliches Spiel

Es ist eine Entwicklung, die vielen Verbrauchern Hoffnung macht, aber gleichzeitig die Alarmglocken in den Zentralbanken schrillen lässt: Der 6-Monats-EURIBOR ist auf den niedrigsten Stand seit Ende 2022 gefallen – aktuell bei 2,154 Prozent. Noch im Herbst letzten Jahres lag dieser Referenzzins bei über vier Prozent. Nun sehen Marktteilnehmer den Zinssatz zum Jahreswechsel sogar deutlich unter der Zwei-Prozent-Marke.

Die Prognosen sind eindeutig: Der Trend zeigt nach unten. Bereits im Juni könnten sowohl der 3- als auch der 6-Monats-EURIBOR laut Terminkontrakten unter die psychologisch wichtige Schwelle von zwei Prozent rutschen. Für Januar 2026 wird ein Niveau von knapp unter 1,7 Prozent erwartet – ein Wert, der zuletzt vor dem Zinswende-Schock 2022 erreicht wurde.

Die Europäische Zentralbank hatte auf ihrer Sitzung im April den Leitzins erneut gesenkt – zum siebten Mal in Folge. Die Richtung ist klar: Eine expansive Geldpolitik soll das Wachstum in einer angeschlagenen Eurozone stützen. Doch das birgt Risiken. Wachsende geopolitische Spannungen, ein möglicher Handelskrieg mit China und volatile Energiepreise könnten die Inflation erneut befeuern – und die EZB in ein Dilemma stürzen.

Immobilienmärkte reagieren – Kreditboom kehrt zurück

Während sich Notenbanker über das richtige Maß der Zinssenkungen streiten, erleben Banken und Immobilienfinanzierer bereits einen spürbaren Aufschwung. In Slowenien – ein repräsentativer Fall im Euroraum – stiegen die neu vergebenen Wohnbaukredite im Februar auf über 140 Millionen Euro. Das entspricht einem Anstieg von über 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Durchschnittszins für neue Wohnkredite lag im Februar bei nur noch drei Prozent – ein ganzer Prozentpunkt weniger als 2024.

Die Bank von Slowenien bestätigt in ihrem aktuellen Finanzstabilitätsbericht: Das Wachstum im Bereich Wohnbaufinanzierung übertrifft bereits das durchschnittliche Kreditwachstum im gesamten Euroraum. Nur in Deutschland sieht das anders aus.

Ein neues Kreditzeitalter – oder der nächste Blasenzyklus?

Die Rückkehr niedriger Zinsen wird von vielen Verbrauchern begrüßt – doch Experten warnen: Das billige Geld könnte erneut spekulative Übertreibungen befeuern. Bereits 2021 hatten extrem niedrige Zinsen in vielen EU-Ländern zu Preisblasen im Immobiliensektor geführt. Damals wie heute war der EURIBOR der Taktgeber für eine expansive Kreditvergabe.

Nun droht sich die Geschichte zu wiederholen – mit einer trügerischen Ruhe am Zinsmarkt, die jederzeit von neuen geopolitischen Schocks durchbrochen werden könnte.

Die Rückkehr des billigen Geldes scheint Realität zu werden – zumindest vorübergehend. Doch Anleger, Kreditnehmer und Banken tun gut daran, dieses neue Niedrigzinsumfeld mit Vorsicht zu genießen. Denn eines ist klar: Die Ruhe am Zinsmarkt kann trügen – und sie war selten von Dauer.

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