Corona-Aufbaufonds: Erstmals gemeinsame Schuldenaufnahme
Rund eineinhalb Jahre vor Ablauf des milliardenschweren Corona-Aufbaufonds der EU bemängelt der Europäische Rechnungshof erhebliche Mängel bei Effizienz, Kontrolle und Nachvollziehbarkeit. Zwar habe der Corona-Aufbaufonds maßgeblich zur wirtschaftlichen Erholung der EU nach der Krise beigetragen, dennoch gebe es laut EU-Prüfern kaum belastbare Angaben zu Ergebnissen und keinerlei Auskunft über die real entstandenen Ausgaben, heißt es aus Luxemburg.
Der 650 Milliarden Euro umfassende Corona-Aufbaufonds trägt den Namen Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) und wurde im Jahr 2021 ins Leben gerufen, um wirtschaftliche Folgen der Corona-Pandemie abzufedern und gleichzeitig die Wirtschaft zu transformieren. Das Programm endet Ende 2026. Mit der ARF wurden erstmals in der EU in großem Umfang gemeinsame Schulden aufgenommen.
Damit Staaten Zugriff auf Mittel aus dem Corona-Aufbaufonds erhalten, müssen sie nationale Pläne mit konkreten Investitions- und Reformzielen vorlegen. Die Ausschüttungen sind abhängig von Fortschritten und erfolgen nur dann, wenn vereinbarte Zwischenziele in den Bereichen grüner Umbau und Digitalisierung erreicht wurden. "Es ist das erste Mal, dass die EU in so großem Umfang Finanzmittel einsetzt, die nicht mit Kosten verknüpft sind", erklärte der Rechnungshof.
Die EU-Kommission würdigte, dass der Rechnungshof die positiven Effekte und erreichten Fortschritte der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) in den letzten Jahren anerkennt, so ein Sprecher aus Brüssel. Dennoch gebe es Differenzen in der Bewertung, "die hauptsächlich auf unterschiedliche Auslegungen von Rechtsbegriffen zurückzuführen sind". Nach Ansicht der Kommission sei die ARF klar an Leistungskennzahlen gebunden. "Die Europäische Kommission nimmt die Empfehlungen des Rechnungshofs ernst und hat fast alle davon umgesetzt", hieß es weiter.
Mangelhafte Prüfmechanismen
Die EU-Prüfer hingegen argumentieren, dass der Corona-Aufbaufonds nicht konsequent leistungsbezogen ausgestaltet sei. Vielmehr stehe die Umsetzung im Vordergrund. Da die EU-Kommission zudem keine belastbaren Daten zu tatsächlichen Kosten erhebe und nur spärliche Angaben zu den Resultaten mache, könne die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen schwer bewertet werden, so die Experten.
Hinzu kommt, dass die Prüfverfahren unzureichend seien. Die Kommission verlasse sich weitgehend auf die Mitgliedstaaten, wenn es darum gehe, schwerwiegende Verstöße selbst zu erkennen. Allerdings weisen nationale Kontrollsysteme nach Einschätzung der EU-Prüfer erhebliche Lücken auf. Außerdem hätten mehrere Länder beträchtliche Beträge aus dem Corona-Aufbaufonds erhalten, obwohl Projekte noch nicht abgeschlossen waren – eine Folge der wenig einheitlichen Definition von Zielwerten und Etappenzielen. Dies gefährde laut EU-Prüfern die finanziellen Interessen der EU: Mitgliedstaaten könnten Fördermittel aus dem Corona-Topf behalten, ohne zugesagte Maßnahmen vollständig umzusetzen.