Spikeflation im Anmarsch
Die Reaktion der US-Börsen auf die jüngsten Nachrichten über einen möglichen Zoll-Waffenstillstand zwischen den USA und China wirkte – milde ausgedrückt – euphorisch. In den Köpfen mancher Marktbeobachter klang dabei der Begriff „irrationaler Überschwang“ an – jenen Ausdruck, den Ex-Fed-Chef Alan Greenspan 1996 prägte, um spekulative Überbewertungen zu beschreiben.
US-Aktien sind derzeit mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 34 bewertet – fast wieder auf dem Niveau von Anfang April, bevor die Märkte durch Trumps Zollerhöhungen ins Wanken gerieten. Angesichts der nach wie vor bestehenden Unsicherheit über Trumps erratische Wirtschaftspolitik ist diese Erholung bemerkenswert – oder gewagt.
Der Verdacht: Privatanleger nutzten den Kursrutsch, während institutionelle Investoren zögerten. Der Mythos vom „Deal-Maker Trump“ hält sich – und befeuert Aktienkäufe in dem Glauben, dass sein aggressives Verhalten zu greifbaren Vorteilen für die US-Wirtschaft führe.
Andere setzen auf das Gegenteil: Sie glauben, dass Trump mit seinem Rückzug im Zollstreit bereits geschwächt sei – und das Schlimmste verhindert wurde.
Zollkompromisse mit Langzeitwirkung
Tatsächlich bleibt das wirtschaftliche Chaos, das Trump angerichtet hat, bestehen. Zwar kündigte Washington vergangene Woche eine temporäre Absenkung von Zöllen an – konkret wurden die US-Abgaben auf chinesische Importe von 145 auf rund 40 Prozent gesenkt –, doch substanzielle Fortschritte in den Verhandlungen fehlen bislang.
Einige Investoren interpretieren die vorläufige Einigung dennoch als Entspannungssignal. Goldman Sachs etwa hob seine Prognosen für das US-Wachstum und den S&P-500 zum Jahresende an. Begründung: geringere Zölle, robustere Konjunktur, weniger Rezessionsrisiko.
Doch selbst die optimistischeren Stimmen sehen die Gefahr nicht gebannt: Die Wahrscheinlichkeit einer US-Rezession wird weiterhin mit 35 Prozent angegeben – zuvor waren es 45. Zugleich bleibt ein Großteil der 10-Prozent-Zölle bestehen, was Importe verteuert und damit konsumseitig belastet.
US-Verbraucher müssen zahlen – und Walmart warnt
US-Unternehmen stehen vor der Wahl: Gewinnmargen schrumpfen oder Preise steigen lassen. Walmart-Chef Doug McMillon brachte es auf den Punkt: „Selbst bei den reduzierten Zollsätzen können wir die Zusatzkosten nicht vollständig auffangen – die Preise werden steigen.“
Ein Drittel der von Walmart vertriebenen Produkte stammt aus dem Ausland – insbesondere aus China. Der Druck auf die Endverbraucher nimmt zu.
Inflation als nächster Schock?
Der Verbraucherpreisindex sank im April stärker als erwartet – auf 2,3 Prozent. Doch Ökonomen warnen: Die vollen Effekte der neuen Importzölle sind noch nicht sichtbar. Deshalb zögert die US-Notenbank mit Zinssenkungen – aus Angst, später gegen einen Inflationsanstieg ankämpfen zu müssen.
In Fachkreisen mehren sich inzwischen Warnungen vor einer „Stagflation“ – also einer Mischung aus hoher Inflation, stagnierender Nachfrage und steigender Arbeitslosigkeit. Doch der Begriff „Spikeflation“ drängt sich mehr und mehr auf.
„Spikeflation“: Inflation kommt nicht schleichend, sondern schockartig
Trevor Greetham von Royal London, der ein Anlagevermögen von über 100 Milliarden Pfund verantwortet, formulierte es bei einer Investmentkonferenz so: In Krisenzeiten steige die Inflation nicht langsam, sondern schlagartig – in zweistelligen Sprüngen.
„Wir befinden uns in einem instabilen Inflationsgleichgewicht, vergleichbar mit den 1970er Jahren oder den Weltkriegsphasen“, so Greetham. „Strukturelle Veränderungen führen zu wiederkehrenden Preisschocks, die Notenbanken weder verhindern noch rückgängig machen können oder wollen.“
Neben dem Handelskrieg fürchtet Greetham auch andere Preistreiber: Migrationspolitik, geopolitische Konflikte, Energiewende, Aufrüstung – und Trumps innenpolitische Agenda.
„Der Versuch, Millionen illegaler Migranten abzuschieben, kann zu Arbeitskräftemangel führen – ein klassischer Auslöser für eine Lohn-Preis-Spirale“, so Greetham.
Kapitalmärkte vor einer neuen Ära
Sein Rat: breite Diversifikation – insbesondere mit Rohstoffen als Inflationsschutz. In einem Umfeld kurzer Konjunkturzyklen und häufiger Baissephasen brauche es aktive Vermögensallokation. Die Ära stabiler Märkte sei vorbei.
Trump & Golf: Geschenke aus dem Nahen Osten
Parallel zur wirtschaftlichen Unsicherheit wird ein neuer Skandal um Trump publik: Der Ex-Präsident soll bereit sein, ein 400-Millionen-Dollar-Flugzeug aus Katar als „Geschenk“ anzunehmen – ausgestattet mit einem kitschigen Interieur ganz nach seinem Geschmack.
Trumps Schwiegersohn Jared Kushner hat laut Wall Street Journal über seine Investmentfirma „Affinity Partners“ bereits über 3,5 Milliarden Dollar von Fonds aus Saudi-Arabien, Katar und den Emiraten erhalten. Auch Trumps Söhne bauen das Netzwerk weiter aus – mit Golfresorts, Immobilienprojekten und exklusiven Mitgliederclubs für eine halbe Million Dollar Eintrittsgeld.
Kryptoskandal der Trumps: Milliarden mit unregulierten Märkten
Besonders brisant ist die Nähe der Trump-Familie zur Kryptowelt. Während Trump Regulierung blockiert, starten seine Ehefrau Melania, seine Söhne und er selbst eigene Coins und Blockchain-Projekte. Die Gewinne – Schätzungen zufolge im Milliardenbereich – beruhen auf dubiosen Mechanismen.
Reaktionen aus dem rechten Lager: Empörung
Selbst konservative Stimmen kritisieren nun offen. Influencerin Laura Loomer, einst loyale Unterstützerin, sagt: „Ich würde eine Kugel für ihn einfangen – aber dieses Geschenk von ‚Dschihadisten im Maßanzug‘ ist inakzeptabel.“ Auch Ben Shapiro urteilt: „Das ist nicht ‚America First‘, sondern korrupter Sumpf.“
Trumps Sprecherin weist die Kritik zurück: „Wir halten uns an die höchsten ethischen Standards.“ Doch das Argument erinnert an andere Zeiten – etwa den Fall Haughey in Irland, der ebenfalls millionenschwere Geschenke annahm, jahrelang leugnete – und erst spät zur Rechenschaft gezogen wurde.
Fazit: Ein Präsident, der mit Inflation, Interessenkonflikten und politischen Schocks eine neue Ära des Risikos einläutet
Ob Stagflation, Spikeflation oder geopolitische Eskalation – Trump steht im Zentrum einer Entwicklung, die das globale Wirtschaftssystem erschüttert. Was als Deal-Rhetorik begann, könnte in einer Phase enden, in der nicht nur Märkte, sondern auch Demokratien zunehmend unter Druck geraten.