Politik

Vorwurf des Wahlbetrugs: Ausschreitungen in der Türkei

In der türkischen Hauptstadt Ankara ist es zu schweren Auseinandersetzungen von Demonstranten mit der Polizei gekommen. Tausende Türken haben gegen eine angebliche Wahlfälschung protestiert.
01.04.2014 18:26
Lesezeit: 1 min

Nach dem Sieg der türkischen Regierungspartei bei den Kommunalwahlen haben Tausende Oppositionsanhänger ihre Wut über das Ergebnis auf die Straße getragen. In Ankara setzte die Polizei am Dienstag Wasserwerfer gegen die Demonstranten ein, die sich vor dem Gebäude der Wahlbehörde versammelt hatten. Sie forderten eine Neuauszählung in einigen Wahlkreisen.

Die Partei von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte trotz Korruptionsvorwürfen gegen die Regierung ihre Macht bei der Wahl am Sonntag landesweit ausgebaut und dabei auch die Kontrolle über die Hauptstadt verteidigt. Dort fiel das Ergebnis allerdings besonders knapp aus, Betrugsvorwürfe wurden laut. "Dieb Tayyip" skandierte die Menge, bevor die Bereitschaftspolizei gegen sie vorging.

Im Südosten des Landes kam es Sicherheitskreisen zufolge zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten. Die Beamten setzten Tränengas und Wasserwerfer ein. Die Auseinandersetzungen in dem Bezirk Ceylanpinar an der Grenze zu Syrien wurden ausgelöst, als Gerüchte über Wahlbetrug zugunsten der auch hier siegreichen AKP die Runde machten.

Gestärkt durch den Sieg seiner Partei hatte Erdogan seinen Gegnern mit einem noch härteren Kurs gedroht. Die Korruptionsvorwürfe haben ihn vor die größte Herausforderung seiner zwölfjährigen Amtszeit gestellt, auf die er mit massenhaften Strafversetzungen in Polizei und Justiz reagierte. Er führt die Bestechungsvorwürfe auf eine Verschwörung zurück und versucht, den Zugang zu Internetdiensten wie Twitter sperren zu lassen.

Dem Aufruf der Opposition in solchen sozialen Netzen folgten in Ankara nun zahlreiche Studenten und versammelten sich in der Zentrale der Partei CHP. Dort durchforsteten sie in der Nacht zum Dienstag die Wahlergebnisse nach Anzeichen für Manipulation. Offizielle Resultate stehen noch aus. Nach den im Fernsehen veröffentlichten Auszählungen liegt die CHP landesweit mit 26 bis 28 Prozent der Stimmen weit hinter der AKP mit rund 44 Prozent. Der traditionell für die weltliche Elite des Landes stehenden Partei CHP gelang es offenbar trotz des Bestechungsskandals rund um Erdogans Regierung nicht, Wähler über ihr traditionelles Klientel hinaus für sich zu gewinnen.

Die Wahlbehörde will erst allen Betrugsvorwürfen nachgehen, bevor sie Endergebnisse veröffentlicht. Dies kann Wochen dauern. Allein in Ankara hat die CHP 8000 Beschwerden eingereicht. Der in Istanbul knapp unterlegene CHP-Kandidat Mustafa Sarigul forderte eine Neuauszählung der Stimmen in der Finanzmetropole des Landes. Der Bürgermeister-Kandidat der CHP in Ankara, Mansur Yavas, sagte, seine Partei würde im Streit um den Wahlausgang notfalls auch vor das Verfassungsgericht ziehen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Nintendo-Aktie im Höhenflug: Trumps Zölle befeuern Switch-Hype
24.06.2025

Die neue Nintendo Switch 2 verkauft sich schneller als jede Konsole zuvor. Doch hinter dem Rekord-Launch steckt mehr als Nostalgie: Die...

DWN
Politik
Politik Bundeshaushalt beschlossen: Kabinett billigt Etat - hohe Schulden und steigenden Militärausgaben
24.06.2025

Der Haushaltsentwurf von Finanzminister Klingbeil hat die Zustimmung des Kabinetts erhalten. Die neue Bundesregierung plant umfangreiche...

DWN
Politik
Politik Waffenruhe zwischen Iran und Israel brüchig – neue Angriffe trotz Abkommen
24.06.2025

Trotz einer offiziell vereinbarten Waffenruhe haben sich Israel und der Iran gegenseitig militärischer Angriffe beschuldigt. Bereits kurz...

DWN
Politik
Politik EU will Greenwashing-Kontrollen kippen – auf Druck der Rechten?
24.06.2025

In Brüssel tobt ein erbitterter Machtkampf: Das geplante Gesetz gegen Greenwashing droht am Widerstand konservativer und rechter Kräfte...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Batteriemarkt in der Krise: Rückgang bei E-Autos trifft deutsche Industrie hart
24.06.2025

Der deutsche Batteriemarkt ist 2024 erstmals seit Jahren massiv eingebrochen – eine direkte Folge der schwachen Nachfrage nach E-Autos....

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-News: Waffenstillstand im Nahen Osten drückt auf den Gold-Kurs
24.06.2025

Der Goldpreis gerät nach einer überraschenden geopolitischen Entspannung stark unter Druck. Anleger reagieren nervös, Märkte...

DWN
Politik
Politik Rumänien Wahlen: Pro-europäische Allianz gegen Rechts– doch der Reformweg wird steinig
24.06.2025

In Rumänien ist eine neue Regierung der politischen Mitte vereidigt worden – ein klares Zeichen gegen den wachsenden Einfluss...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Northvolt-Insolvenz: Staatliche Förderung im Fokus des Haushaltsausschusses
24.06.2025

Die Insolvenz des schwedischen Batterieherstellers Northvolt hat nun auch politische Konsequenzen auf Bundesebene: Am Mittwoch befasst sich...