Ist das Heizungsgesetz Geschichte?
Die neue Wirtschaftsministerin Katharina Reiche (CDU) hat bereits im Juni 2025 erste Aussagen darüber gemacht, wie das Heizungsgesetz, das gerade erst vor einem Jahr “in Betrieb” genommen wurde, nun wieder weichen soll. Sie betont, dass das Heizungsgesetz selbst nicht verschwinden wird, es gehe eher darum, die letzte Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) wieder zurück zu skalieren. Das Betriebsverbot bestimmter Heizungssorten soll abgeschafft werden. Damit sind nicht nur veraltete Geräte gemeint; zukünftig soll es wieder möglich sein, dauerhaft fossile Brennstoffe zu nutzen, um die Heizung zu betreiben, plus neue Heizungen einzubauen, die fossil betrieben werden – trotz Plänen für Klimaneutralität bis 2045.
Man spürt gewisse Widersprüche, die den Bürgerinnen und Bürgern nicht unbedingt die Zuversicht geben, mit welcher die Union im Wahlkampf geworben hat. Sicher hilft die Tatsache, dass Reiche bis direkt vor Amtsantritt fünf Jahre Vorstandsvorsitzende eines Gasnetzbetreibers war, ebenso wenig dabei, Vertrauen zu schaffen.
Die Tatsache ist, dass die aktuelle Regierung viele der Maßnahmen, welche dem Klima dienen soll(t)en, zurückrollen; vorne ganz mit dabei das Thema Heizen und fossile Brennstoffe im Gebäude und auf den Straßen. Laut Umwelt Bundesamt verursacht die Verbrennung fossiler Brennstoffe in Deutschland mehr als 80 Prozent der Treibhausemissionen (Stand 2022).
Es ist jedoch kein Deutschland-spezifisches Problem: Kaum ein EU-Mitgliedsland hat die Frist für den EU-Klimasozialplan eingehalten. Niemand scheint sich so ganz sicher zu sein, wie die Milliarden aus dem Fonds ausgegeben werden sollen – weil niemand sich so sicher zu sein scheint, wie es mit der Klima- und Energiepolitik jetzt ganz allgemein weitergehen soll.
Sabrina Greifoner, Referentin beim Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS), kritisiert, dass die Regierung die Chance, hilfreiche Maßnahmen für das Klima zu ergreifen, verpasst, obwohl genügend Ressourcen verfügbar wären. Der Fonds dient dazu, die grüne Transformation auch bei Menschen voranzubringen, die sich eben keinen Tesla leisten können. Das Verstreichen der Deadline, sowie die Pläne, Klimamaßnahmen rund um fossile Brennstoffe im Gebäudesektor, sowie in vielen anderen Sektoren zurückzuschrauben, ist ein Signal – Gelder, die eigentlich schon 2026 fließen sollten, und die Maßnahmen, die damit einhergehen, verschieben sich somit bis ins ungewisse.
Finanzielle Konsequenzen für Wirtschaft und Bürger
Diese Unsicherheit führt auch dazu, dass die Heizungsmodernisierung in Deutschland nur schleppend vorankommt. Es werden zwar weniger Gas- und Ölheizungen verkauft, aber das bedeutet nicht, dass Wärmepumpen erwartungsmäßig mehr verkauft werden. Menschen zieren sich vor Modernisierungsmaßnahmen, wenn nicht sicher ist, ob diese überhaupt notwendig sein werden, da die Bundesregierung sich nach wie vor vor klaren Aussagen sträubt.
Im ersten Halbjahr ist die Anzahl verkaufter Heizungsanlagen im Vergleich zum Vorjahr um 22 Prozent zurückgegangen, der schlechteste Wert seit knapp 15 Jahren. Für die Industrie ist das ein Problem. Das Problem endet nicht bei der Industrie: Bereits 2024 geben 6,2 Prozent der Menschen an, aus Geldmangel ihre Wohnobjekte nicht angemessen heizen zu können. Davon betroffen sind etwa 5,2 Millionen Menschen in Deutschland.
Fossile Lösung bevorzugt
Wirtschaftsministerin Reiche plant, bis Ende 2025 den Bau von neuen Gaskraftwerke auszuschreiben – ohne Beachtung von Maßnahmen für grünen Wasserstoff. Das Umweltbundesamt warnt vor weiter steigenden Energiekosten, welche durch den Bau und die Inbetriebnahme von zu vielen Gaskraftwerken entstehen könnte, sowie vor der Perspektivlosigkeit für das Klima, die Reiche wissentlich in Kauf nimmt. Dass die ehemalige Vorstandsvorsitzende eines Gasnetzbetreibers darauf pocht, mehr Gaswerke in Betrieb zu nehmen, soll scheinbar kommentarlos hingenommen werden.
Dazu kommt, dass im Rahmen der Diskussionen zu Trumps Zöllen nun Zugeständnisse in Höhe von 750 Milliarden gemacht wurden, in den nächsten drei Jahren fossile Brennstoffe aus den USA nach Europa zu importieren. Auch hier ist nicht klar, wie das umgesetzt werden soll. Sicher ist einzig, dass dieses Zugeständnis den Zielen der Klimaneutralität klar entgegenstehen. Gleichzeitig erhöht das die Abhängigkeit Europas von den USA exponentiell – was in Anbetracht von deren eigenen instabilen Politik auch hierzulande für weitere Verunsicherung sorgt.
Endes Emissionswandels
2027 läuft der Emissionshandel auf Verkehr und Gebäude aus. Konkret bedeutet das, dass die Preise für Heizung und Sprit wieder steigen werden. Die Planlosigkeit der Bundesregierung riskiert, dass die europäische klimapolitische Architektur völlig in sich zusammenfällt.
Der ADAC warnt bereits Anfang 2025 vor stark steigenden Spritpreisen im Rahmen des europäischen Emissionshandels und fordert Entlastungen für die Verbraucher. ADAC-Präsident Christian Reinicke schätzt für 2026 bereits einen Preisanstieg von maximal drei Cent bei Benzin und 3,1 Cent bei Diesen. 2027 kann es zu explosiven Steigerungen von bis zu 19 Prozent kommen.
Das Münchener Forschungsinstitut für Wärmeschutz warnt ebenso: Ab 2027 wird Wohnen in Deutschland nochmal deutlich teurer. Vor allem für Menschen, die in schlecht sanierten Häusern leben, wird der europäische Emissionshandel im Gebäudesektor für eine Kostenlawine sorgen. Das Münchener Forschungsinstitut warnt: Ein 100-Quadratmeter-Einfamilienhaus mit Energieeffizienzklasse G hat mit jährlichen Mehrkosten von 1815 Euro zu rechnen.
Der Emissionshandel sollte eine Maßnahme sein, um die Klimaziele in Europa noch zu schaffen. Die Mitgliedsstaaten der EU haben vor, bis 2030 mindesten 55 Prozent ihrer Emissionen im Vergleich zu 1990 zu senken. Dazu werden gezielt fossile Brennstoffe verteuert. Und siehe da: Die EU hat soeben 750 Milliarde in fossile Brennstoffe versenkt und sich an die USA gefesselt, nachdem in den letzten Jahren ein Kampf um Unabhängigkeit von Russland herrschte.
Das Ende der Wende?
Die Frankfurter Allgemeine deklariert am 16.08.25: Die grüne Wende war gestern. Trotz Bemühung der deutschen Politik und ganz Europa sind die großen Ölkonzerne wieder klar auf Produktionskurs, denn die Nachfrage steigt. Der Brennstoff-Deal mit Trump ist wohl das letzte Zeichen, das klar aussagt: Das Klima steht ab jetzt hinten an. Die letzten Jahre hatten Deutschland, Europa und die Welt mit verheerenden Katastrophen und Krisen zu kämpfen; so mancher mag denken, dass das Klima erst mal hinten anstehen muss, während man sich diesen vermeintlich akuteren Problemen zuwendet. Allerdings sind die enormen Hitzewellen, die 2025 erneut Europa in Atem halten, ebenso ein Zeichen dafür, dass das Klima nicht bereit ist, auf uns zu warten. Die beste Vorsorge liegt darin, sich so weit wie möglich von fossilen Brennstoffen zu entfernen. Das hat die EU – und Politiker wie Reiche – nun aber deutlich schwerer gemacht.



