Von Grundsicherung und Rente bis Wolf: Kabinett schickt Reformen auf die Strecke
In der letzten Kabinettssitzung vor Weihnachten arbeiteten Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und sein Ministerkreis noch einmal eine Tagesordnung ab. Beschlossen wurden zahlreiche Reformvorhaben. Bei den Gesetzentwürfen hat allerdings der Bundestag das letzte Wort. Die Entscheidungen im Überblick:
Grundsicherung ersetzt Bürgergeld
Die 5,5 Millionen Bürgergeld-Empfänger müssen sich umstellen: Künftig sollen sie die sogenannte Grundsicherung erhalten. Mit der Grundsicherung sind strengere Verhaltensregeln verbunden: Wer dreimal einen Termin versäumt, muss damit rechnen, dass das Jobcenter kein Geld mehr überweist. Dennoch müssen Betroffene die Chance zur persönlichen Anhörung bekommen. Psychisch Kranke sollen sogar vollständig vor einem Wegfall der Leistungen geschützt bleiben.
Außerdem sollen Betroffene grundsätzlich vorhandenes Vermögen einsetzen, bevor die Grundsicherung tatsächlich fließt. Die bisherige Karenzzeit wird gestrichen. Wie hoch die Summe ist, die verschont bleibt, richtet sich nach dem Lebensalter. An der SPD-Basis gibt es erheblichen Widerstand gegen die geplanten Verschärfungen. Deshalb könnten die Sozialdemokraten im Bundestag noch auf Änderungen am Gesetzentwurf zur Grundsicherung drängen.
Wie geht es weiter mit der Rente?
Eine 13-köpfige Rentenkommission soll bis Mitte des kommenden Jahres Vorschläge erarbeiten, wie die Alterssicherung langfristig gesichert werden kann. Vorsitzende sind die Sozialrechtsprofessorin Constanze Janda und der frühere Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise. Hinzu kommen Expertinnen und Experten sowie Politiker und Politikerinnen - darunter auch der Chef der Jungen Gruppe der Unionsfraktion, Pascal Reddig. Der CDU-Politiker gilt als "Rentenrebell", weil er sich wegen der erwarteten Milliardenkosten gegen die Stabilisierung des Rentenniveaus ausgesprochen hatte.
Riester-Rente wird neu ausgerichtet
Weil sich die Riester-Rente als Flop erwiesen hat, soll es neue staatlich geförderte Möglichkeiten der privaten Altersvorsorge geben. Geplant sind Varianten mit unterschiedlichen Garantiestufen und damit auch mit unterschiedlichen Renditechancen. Wer einen alten Riester-Vertrag hat, soll diesen entweder weiterführen oder in das neue System wechseln können. Außerdem soll ein Vertragswechsel günstiger werden.
Sonderregelung beim Kurzarbeitergeld bleibt länger
Kurzarbeitergeld kann weiterhin bis zu 24 Monate gezahlt werden. Regulär sind zwar maximal 12 Monate vorgesehen, doch wegen der schwierigen konjunkturellen Lage gilt bereits eine längere Bezugsdauer - und diese Sonderregelung wurde nun per Verordnung von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) um ein weiteres Jahr verlängert. Damit sollen Entlassungen verhindert werden. Der Bundesagentur für Arbeit entstehen dadurch Schätzungen zufolge Mehrkosten von rund 180 Millionen Euro.
Abschuss von "Problemwölfen" soll einfacher werden
Zum Schutz von Schafsherden will die Bundesregierung den Abschuss von Wölfen erleichtern. Mit dem Vorhaben, das Tier ins Jagdrecht aufzunehmen, sollen sogenannte Problemwölfe einfacher getötet werden können. Gleichzeitig soll der Schutz von Weidetieren durch Zäune und Hütehunde weiter finanziell gefördert werden. Zuletzt wurden in Deutschland mehr als 1.600 Wölfe gezählt.
Höheres Tempo für Verkehrsprojekte
Der Bau von Autobahnen, Schienen und Wasserwegen soll deutlich schneller in Gang kommen. Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) will die Genehmigungsverfahren beschleunigen und digitalisieren. So sollen Verfahrens-, Planungs- und Umweltvorschriften gestrafft und verbindliche Fristen eingeführt werden, um "Stillstand durch Nichtentscheidungen" zu verhindern. Zudem soll mehr Verkehrsprojekten ein "überragendes öffentliches Interesse" zuerkannt werden, was die Verfahren ebenfalls beschleunigt.
Mehr Impfungen in der Apotheke möglich
Apotheken sollen zusätzliche Leistungen anbieten dürfen: Neben der Grippe- und Corona-Impfung soll man sich dort unter anderem auch gegen Tetanus impfen lassen können. Ermöglicht werden außerdem Angebote zur Vorbeugung und Früherkennung, etwa bei Herzkreislauferkrankungen und Diabetes. Zudem sollen Apotheken künftig in bestimmten Fällen auch verschreibungspflichtige Medikamente ohne das eigentlich notwendige Rezept vom Arzt abgeben dürfen.
Produkthaftung wird ausgeweitet
Wer durch ein defektes Produkt einen Schaden erleidet, soll mehr Rechte bekommen. Das Kabinett will die Produkthaftung ausweiten, mit der Hersteller für Sachschäden und Verletzungen geradestehen müssen. Künftig werden auch Software und Künstliche Intelligenz einbezogen. Die Regelungen gelten dann gleichermaßen für kaputte Bügeleisen wie für Unfälle mit autonom fahrenden Autos.


