Technologie

Stuttgart elektrisiert: Daimler verwandelt Busdepot in Hochvolt-Kraftwerk

Mit 28 gleichzeitig ladenden Elektrobussen läutet Stuttgart das Ende der Diesel-Ära ein. Daimler Buses errichtet ein Ladezentrum, das mehr an ein Kraftwerk erinnert als an ein Depot – und zeigt, wie rasant der Wandel im öffentlichen Verkehr jetzt wirklich wird.
09.10.2025 16:07
Lesezeit: 2 min
Stuttgart elektrisiert: Daimler verwandelt Busdepot in Hochvolt-Kraftwerk
Jetzt kommt der Strom übers Dach: Die Ladeanlage für die elektrischen Busse der SSB wurde Anfang September in Stuttgart-Möhringen in Betrieb genommen. (Foto: SSB AG)

Vom Linienbetrieb zur Hightech-Flotte: Wie Daimler den Nahverkehr neu erfindet

Die neuen Ladesysteme von Daimler Buses für die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) ermöglichen das gleichzeitige Laden von 28 Bussen. Der Pantograf gleitet dabei von der Konstruktion auf die Kontaktleisten auf dem Dach des Fahrzeugs. Das berichten die Kollegen von Finance.si.

In Stuttgart wird Verkehrsgeschichte geschrieben: Anfang September eröffnete das städtische Busunternehmen Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) feierlich die erste vollumfängliche Ladeinfrastruktur für Elektrobusse im Busdepot Möhringen. Hauptauftragnehmer des Projekts ist Daimler Buses, das die schlüsselfertige Umsetzung übernahm – von Planung, Bau- und Elektroinstallationsarbeiten bis hin zur Errichtung der Stahlkonstruktionen und der Integration eines modernen Lade-Management-Systems. In Möhringen stehen nun 28 Ladeplätze mit Pantografen und einer Nennleistung von bis zu 180 Kilowatt zur Verfügung, was das gleichzeitige Laden von 28 Bussen ermöglicht. Zum Einsatz kommt das sogenannte „Panto Down“-System, bei dem der Pantograf von der Überbauung auf die Kontaktleisten auf dem Busdach gleitet. Die Ladespannung beträgt bis zu 720 Volt. Die Steuerung des Stromflusses erfolgt über ein intelligentes Lastmanagement-System, das die Energie optimal verteilt und einen effizienten Betrieb der Flotte gewährleistet. Das System arbeitet vollständig autonom; einzelne Module können separat abgeschaltet werden, die Steuerung ist sowohl cloudbasiert als auch lokal möglich.

Das technische Herz des Projekts

Die erste Flotte, die an die neue Infrastruktur angeschlossen wurde, besteht aus 20 Bussen des Typs Mercedes-Benz eCitaro G – zur Hälfte batterieelektrisch, zur Hälfte kombiniert mit Brennstoffzelle. Der Standard-eCitaro G ist mit sieben Hochvolt-Batteriemodulen des Typs NMC3 und einer Gesamtkapazität von 686 Kilowattstunden ausgestattet, was eine Reichweite von rund 200 Kilometern ohne Zwischenladung ermöglicht. Die Brennstoffzellenvariante verfügt über vier Batteriepacks mit einer Gesamtkapazität von 392 Kilowattstunden sowie sechs Wasserstofftanks (30 Kilogramm molekularer Wasserstoff), die als Reichweitenverlängerer oder sogar als Hauptantrieb auf kurzen innerstädtischen Strecken dienen.

„Für uns ist die Errichtung dieses Systems hier, in unmittelbarer Nähe unseres Firmensitzes, etwas Besonderes. Mit dem integrierten Paket aus Bussen, Ladesystemen und Dienstleistungen helfen wir Stuttgart, ein Vorbild für andere Städte zu werden“, betonte Till Oberwörder, Geschäftsführer von Daimler Buses.

Die größte Transformation seit einem Jahrhundert

Die SSB-Führung bezeichnete die Inbetriebnahme als „die größte technologische Transformation des städtischen Busverkehrs in den letzten hundert Jahren“. „Unser Ziel ist es, dass bis 2027 alle Linien im Stadtzentrum mit lokal emissionsfreien Bussen verkehren. Der Ersatz von rund 80 Dieselbussen durch Elektrofahrzeuge ist ein großer Schritt hin zu einem nachhaltigen Stuttgart“, erklärte Thomas Moser, Vorstandsvorsitzender der SSB. Um diesen ambitionierten Plan zu verwirklichen, wird Daimler Buses bis Oktober 2026 weitere 43 eCitaro-Busse in unterschiedlichen Ausführungen liefern – darunter erstmals Modelle mit der neuen Batteriegeneration NMC4. So soll die Flotte schrittweise wachsen und die Linien im Stadtzentrum entlasten, wo die Anforderungen an saubere Mobilität besonders hoch sind.

Gaisburg als nächster Schritt

Das Projekt in Möhringen steht nicht allein. Daimler Buses hat bereits mit dem Bau einer zweiten Ladeeinheit im Busdepot Gaisburg begonnen, wo weitere 37 Ladeplätze entstehen – 33 mit Pantografen und 4 mit CCS2-Stecksystem. Die erste Bauphase soll Ende Herbst 2025 in Betrieb gehen; das Endziel ist die gleichzeitige nächtliche Ladung von 65 Bussen. Darüber hinaus sind Zwischenladestationen entlang ausgewählter Linien im Stadtzentrum geplant, um die betriebliche Flexibilität weiter zu erhöhen. Das Projekt wird von der Region Baden-Württemberg finanziell unterstützt. Allein für die Ladeinfrastruktur in Möhringen flossen rund 13 Millionen Euro, zusammen mit Gaisburg über 24 Millionen. Zusätzlich wurden in diesem Jahr 3 Millionen Euro an Zuschüssen für den Kauf neuer Busse bereitgestellt. Ein zentraler Bestandteil der Umsetzung ist der Wartungsvertrag: Daimler Buses übernimmt für drei Jahre die Instandhaltung, Ersatzteilversorgung und regelmäßige Sicherheitsprüfungen. Zudem steht eine 24-Stunden-Hotlinie für Notfalleinsätze bereit – an jedem Tag der Woche.

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