Politik

Sanktionen zeigen Wirkung: Lukoil veräußert seine Tankstellen an schwedischen Öl-Milliardär

Der russische Energieriese Lukoil steht unter massivem Druck amerikanischer Sanktionen. Nun verkauft der Konzern seine internationalen Tankstellen und Beteiligungen an den schwedischen Rohstoffhändler Gunvor. Für Europas Energiemärkte ist das Geschäft ein Signal: Moskaus Reichweite im globalen Ölgeschäft schrumpft, während neue westliche Akteure Position beziehen.
03.11.2025 10:15
Lesezeit: 2 min
Sanktionen zeigen Wirkung: Lukoil veräußert seine Tankstellen an schwedischen Öl-Milliardär
Der russische Ölkonzern Lukoil zieht sich aus dem Ausland zurück. (Foto: dpa) Foto: Marcel Van Hoorn

Milliardenverkauf durch Lukoil mit Genehmigungsvorbehalt

Der russische Energiekonzern Lukoil hat aufgrund des zunehmenden Drucks durch US-Sanktionen seine ausländischen Tankstellen und Beteiligungen an das schwedische Energiehandelsunternehmen Gunvor verkauft. Das teilte der Konzern in einer offiziellen Mitteilung mit. Gunvor steht unter der Leitung des schwedischen Öl-Milliardärs Torbjörn Törnqvist, der bereits seit Jahren als einer der wichtigsten Akteure im globalen Rohstoffhandel gilt.

Der Deal steht allerdings noch unter dem Vorbehalt zahlreicher regulatorischer Genehmigungen in den Ländern, in denen Lukoil bislang tätig war. Außerdem muss Gunvor die Zustimmung des US-Amts für die Kontrolle von Auslandsvermögen (OFAC = Office of Foreign Assets Control) einholen, das für die Umsetzung und Überwachung der US-Finanzsanktionen zuständig ist. Über den Kaufpreis machten beide Unternehmen bislang keine Angaben.

Lukoil zieht sich aus elf Ländern zurück

Lukoil veräußert damit Beteiligungen an Öl- und Gasprojekten in elf Staaten außerhalb Russlands. Dazu zählen ehemalige Sowjetrepubliken wie Kasachstan, Usbekistan und Aserbaidschan, aber auch Standorte auf dem Balkan, insbesondere in Serbien und Kroatien. Darüber hinaus ist Lukoil in Ägypten, den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie in mehreren westafrikanischen Staaten wie Ghana, Nigeria, Kamerun und Kongo aktiv gewesen.

Die Transaktion ist der bislang umfangreichste Rückzug eines russischen Unternehmens aus internationalen Märkten seit der Invasion der Ukraine im Februar 2022. Für Moskau ist der Verkauf ein weiterer Beleg dafür, dass die Sanktionen der westlichen Staaten zunehmend operative Konsequenzen haben. Gunvor bestätigte die Angaben von Lukoil gegenüber der schwedischen Wirtschaftszeitung Dagens Industri, lehnte jedoch eine weitergehende Stellungnahme ab. Das Unternehmen gehört zu den weltweit größten Händlern von Erdöl und Erdölprodukten und verfügt über ein dichtes Netz an Logistik-, Schifffahrts- und Finanzverbindungen.

Ein Machtwechsel im globalen Energiemarkt

Für Lukoil markiert der Verkauf eine strategische Zäsur: Das Unternehmen verliert seine wichtigsten Auslandsstützpunkte und zieht sich auf den russischen Heimatmarkt zurück. Während der Konzern bislang als Brücke zwischen Ost und West fungierte, dürfte sich sein Geschäft künftig stärker auf Asien und den Binnenmarkt konzentrieren.

Gunvor, das in den vergangenen Jahren seine Position in Europa systematisch ausgebaut hat, stärkt durch den Erwerb seine Versorgungs- und Handelsstrukturen. Insbesondere für den mittel- und nordeuropäischen Markt könnte der Schritt eine neue Dynamik entfalten.

Europa und Russland unter US-Druck

Geopolitisch ist der Verkauf Teil einer stillen Neuordnung des globalen Ölhandels. Während Russland seine internationalen Strukturen verliert, gewinnen westliche Rohstoffhändler wie Gunvor, Vitol oder Trafigura an Einfluss. Das betrifft insbesondere Regionen, die früher russische Interessenfelder waren. Der Schritt unterstreicht die Wirksamkeit sekundärer US-Sanktionen, die selbst neutral auftretende Akteure zwingen, amerikanische Vorgaben einzuhalten.

Russlands Energiekonzerne richten sich zunehmend auf Märkte in China, Indien und dem Nahen Osten aus, wo sie politische Rückendeckung finden, während Europa sich auf westliche Zwischenhändler und LNG-Importe stützt. Damit verschiebt sich die Energieachse weiter weg von Russland und hin zu einem multipolaren Marktgefüge, das stärker von Finanz- und Logistiknetzwerken als von geographischer Nähe bestimmt wird.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

avtor1
Marius Vaitiekūnas

Zum Autor:

Marius Vaitiekūnas ist ein ausgewiesener Experte für Geopolitik und internationale Wirtschaftsverflechtungen. Geboren 1985 in Kaunas, Litauen, schreibt er als freier Autor regelmäßig für verschiedene europäische Medien über die geopolitischen Auswirkungen internationaler Konflikte, wirtschaftlicher Machtverschiebungen und sicherheitspolitischer Entwicklungen. Seine inhaltlichen Schwerpunkte sind die globale Energiepolitik und die sicherheitspolitischen Dynamiken im osteuropäischen Raum.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kassenbeiträge 2026: Gesundheitsministerium hält Orientierungswert stabil
10.11.2025

Für das kommende Jahr plant Bundesgesundheitsministerin Nina Warken, den maßgeblichen Orientierungswert für die Entwicklung der...

DWN
Technologie
Technologie KI-Rechenleistung wächst rasant – Europa bleibt im Rückstand
10.11.2025

Die Rechenkapazitäten für Künstliche Intelligenz in Deutschland und Europa sollen laut einer Bitkom-Studie bis 2030 vervierfacht werden....

DWN
Finanzen
Finanzen Goldreserven: Wie der Ukraine-Krieg eine neue Geldordnung auslöst
10.11.2025

Während der Krieg in der Ukraine weiter tobt, sichern sich Zentralbanken weltweit mit Gold ab – aus Furcht vor Sanktionen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Förderstopp bremst Chinas Autoindustrie – auch deutsche Marken betroffen
10.11.2025

Nach dem Ende staatlicher Subventionen für Autos ist der chinesische Pkw-Markt erstmals seit Monaten leicht rückläufig. Im Oktober...

DWN
Politik
Politik Oberstes Gericht könnte Trumps Zölle kippen: Doch was dann?
10.11.2025

Das Oberste Gericht der USA prüft, ob Donald Trump seine Zölle rechtswidrig verhängt hat. Doch selbst wenn die Richter seine Politik...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fachkräfte von morgen fehlen: Zahl der Azubis in Deutschland sinkt weiter
10.11.2025

Die duale Berufsausbildung in Deutschland steht unter Druck: Immer weniger junge Menschen beginnen eine Lehre, während viele...

DWN
Politik
Politik Wagenknechts Zukunft im BSW: Rückzug aus der Parteispitze
10.11.2025

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht will den Bundesvorsitz ihrer Partei abgeben. Dies teilte die 56-Jährige in Berlin mit. Gleichwohl will sie...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienmarkt zieht an: Preise für Wohnungen und Häuser steigen kräftig
10.11.2025

Die Preise für Immobilien in Deutschland steigen wieder spürbar – besonders in den Metropolen. Laut aktuellen Zahlen des Verbands...