Milliardenverkauf durch Lukoil mit Genehmigungsvorbehalt
Der russische Energiekonzern Lukoil hat aufgrund des zunehmenden Drucks durch US-Sanktionen seine ausländischen Tankstellen und Beteiligungen an das schwedische Energiehandelsunternehmen Gunvor verkauft. Das teilte der Konzern in einer offiziellen Mitteilung mit. Gunvor steht unter der Leitung des schwedischen Öl-Milliardärs Torbjörn Törnqvist, der bereits seit Jahren als einer der wichtigsten Akteure im globalen Rohstoffhandel gilt.
Der Deal steht allerdings noch unter dem Vorbehalt zahlreicher regulatorischer Genehmigungen in den Ländern, in denen Lukoil bislang tätig war. Außerdem muss Gunvor die Zustimmung des US-Amts für die Kontrolle von Auslandsvermögen (OFAC = Office of Foreign Assets Control) einholen, das für die Umsetzung und Überwachung der US-Finanzsanktionen zuständig ist. Über den Kaufpreis machten beide Unternehmen bislang keine Angaben.
Lukoil zieht sich aus elf Ländern zurück
Lukoil veräußert damit Beteiligungen an Öl- und Gasprojekten in elf Staaten außerhalb Russlands. Dazu zählen ehemalige Sowjetrepubliken wie Kasachstan, Usbekistan und Aserbaidschan, aber auch Standorte auf dem Balkan, insbesondere in Serbien und Kroatien. Darüber hinaus ist Lukoil in Ägypten, den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie in mehreren westafrikanischen Staaten wie Ghana, Nigeria, Kamerun und Kongo aktiv gewesen.
Die Transaktion ist der bislang umfangreichste Rückzug eines russischen Unternehmens aus internationalen Märkten seit der Invasion der Ukraine im Februar 2022. Für Moskau ist der Verkauf ein weiterer Beleg dafür, dass die Sanktionen der westlichen Staaten zunehmend operative Konsequenzen haben. Gunvor bestätigte die Angaben von Lukoil gegenüber der schwedischen Wirtschaftszeitung Dagens Industri, lehnte jedoch eine weitergehende Stellungnahme ab. Das Unternehmen gehört zu den weltweit größten Händlern von Erdöl und Erdölprodukten und verfügt über ein dichtes Netz an Logistik-, Schifffahrts- und Finanzverbindungen.
Ein Machtwechsel im globalen Energiemarkt
Für Lukoil markiert der Verkauf eine strategische Zäsur: Das Unternehmen verliert seine wichtigsten Auslandsstützpunkte und zieht sich auf den russischen Heimatmarkt zurück. Während der Konzern bislang als Brücke zwischen Ost und West fungierte, dürfte sich sein Geschäft künftig stärker auf Asien und den Binnenmarkt konzentrieren.
Gunvor, das in den vergangenen Jahren seine Position in Europa systematisch ausgebaut hat, stärkt durch den Erwerb seine Versorgungs- und Handelsstrukturen. Insbesondere für den mittel- und nordeuropäischen Markt könnte der Schritt eine neue Dynamik entfalten.
Europa und Russland unter US-Druck
Geopolitisch ist der Verkauf Teil einer stillen Neuordnung des globalen Ölhandels. Während Russland seine internationalen Strukturen verliert, gewinnen westliche Rohstoffhändler wie Gunvor, Vitol oder Trafigura an Einfluss. Das betrifft insbesondere Regionen, die früher russische Interessenfelder waren. Der Schritt unterstreicht die Wirksamkeit sekundärer US-Sanktionen, die selbst neutral auftretende Akteure zwingen, amerikanische Vorgaben einzuhalten.
Russlands Energiekonzerne richten sich zunehmend auf Märkte in China, Indien und dem Nahen Osten aus, wo sie politische Rückendeckung finden, während Europa sich auf westliche Zwischenhändler und LNG-Importe stützt. Damit verschiebt sich die Energieachse weiter weg von Russland und hin zu einem multipolaren Marktgefüge, das stärker von Finanz- und Logistiknetzwerken als von geographischer Nähe bestimmt wird.


