Politik

Der Fall Alan Gross: USA retten Unteroffizier, ein Entwicklungshelfer bleibt in Haft

Nach dem spektakulären Austausch eines US-Soldaten gegen Taliban-Kämpfer machen die Amerikaner klar: Sie kämpfen für ihre Soldaten. Doch der Entwicklungshelfer Alan Gross kann nicht auf die Solidarität seiner Heimat hoffen: Er wurde in Kuba der Spionage bezichtigt, weil er für die jüdische Gemeinde von Havanna ein W-LAN Installierte. Seit fünf Jahren ist Gross nun faktisch eine Geisel. Die Kubaner würden ihnen austauschen. Doch Washington zeigt kein Interesse.
05.06.2014 02:11
Lesezeit: 2 min

Der heute 65-jährige Alan Gross befindet sich seit mittlerweile fünf Jahren in kubanischer Haft. Der karibische Inselstaat beschuldigt den Entwicklungshelfer, ein US-amerikanischer Spion zu sein. Er soll Kommunikationsausrüstung für die jüdische Gemeinde in der Hauptstadt Havanna beschafft haben – im US-Regierungsauftrag. Havanna ist der Auffassung, dass solche Programme ein Affront gegen die eigene Souveränität seien. Tatsächlich hatte Gross nichts anderes gemacht, als ein W-Lan für die Gemeinde zu installieren.

Zuletzt hatte der Fall des letzten bekannten US-Kriegsgefangenen Bowe Bergdahl neue Hoffnungen geweckt, dass sich auch in seiner Sache etwas bewegen würde. Fünf Taliban-Häftlinge aus dem Gefangenenlager Guantánamo wurden am Wochenende gegen den 2009 in Afghanistan entführten Soldaten getauscht und nach Katar überstellt

Jen Psaki, Sprecherin des Außenministeriums, machte nun aber deutlich, dass ein ähnlicher Deal bei Gross nicht zur Debatte stünde. Eine entsprechende Nachfrage beantwortete sie mit einem klaren „Nein“. Jeder Fall würde individuell betrachtet. Im Fall von Bergdahl habe es sich um eine außergewöhnliche Maßnahme gehandelt, um einen Kriegsgefangenen zu befreien. Das Pentagon habe den Gefangenenaustausch durchgeführt, um einen ganz bestimmten Grundsatz zu verdeutlichen: Kein Soldat wird auf dem Schlachtfeld zurückgelassen.

Die Haltung des Außenministeriums im Fall des US-Entwicklungshelfers ist jedoch unverständlich, wie der im Februar aus US-Haft entlassene kubanische Geheimdienstagent Fernando Gonzalez herausstellt. „Das macht keinen Sinn“, zitiert ihn die Times of Israel. „Wenn sie bereit sind, diese Art von Austausch mit den Taliban in Afghanistan zu machen, dann hat es keinen Sinn, außer dem fehlenden politischen Willen, das gleiche mit Havanna zu machen, um die Freilassung der auf Kuba inhaftierten Person zu erwirken“, so Gonzalez, der ebenfalls 16 Jahre in einem US-Gefängnis verbracht hat. Die Kubaner, so Gonzalez, wären jedenfalls bereit, über einen  Austausch zu verhandeln.

Gonzales ist Teil der so genannten „Cuban Five“. Die Gruppe wurde in den 1990er-Jahren wegen Spionage festgenommen. Drei von ihnen befinden sich noch immer in US-Haft. Angeblich soll Havanna bereits signalisiert haben, dass man den Entwicklungshelfer im Austausch gegen die kubanischen Staatsbürger auf freien Fuß setzen würde.

Gross ist zu insgesamt 15 Jahren Haft verurteilt. Zuletzt hatte Gross im vergangenen Mai Kontakt zu seiner Heimat. Zwei US-Abgeordnete konnten ihn persönlich treffen. Auch der Kongressabgeordnete Sam Farr (D-CA) ist der Ansicht, dass die Obama-Regierung nun handeln müsse. Schon im November unterzeichneten 66 Senatoren ein entsprechendes Schreiben an den US-Präsidenten. Ihr Argument: Die Freilassung von Gross sei im nationalem Interesse.

Doch anders als bei Bergdahl ist die US-Regierung in Washington an einem Deal nicht interessiert.

Das ist ein Novum: Früher galt das ungeschriebene Gesetz, dass sich die Regierung für US-Staatsbürger überall auf der Welt einsetzt.

Vielleicht kann sich Washington einen Deal schlicht nicht leisten - und setzt Prioritäten. Soldaten sind offenbar wichtiger als Zivilisten.

Auch im humanitären Bereich zeigt die einstige Supermacht Schwäche.

Den Preis bezahlt ein Mensch, der im humanitären Bereich engagiert war. Geopolitik siegt über Moral. Politik bleibt ein schmutziges Geschäft.

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