Technologie

Gebaut nach dem Vorbild der Nase: Mikro-Chip kann Sprengstoff riechen

Israelische Entwickler haben Bomben-Detektoren entwickelt, die riechen können. Kernstück ist in ein Chip, der Moleküle aus der Luft chemisch analysiert. Dadurch sind kleinste Mengen explosiver Stoffe aufspürbar.
20.07.2014 00:00
Lesezeit: 2 min

Ein neuartiger Bomben-Detektoren kann Sprengstoff aus der Luft wahrnehmen und könnte damit Bomben-Spürhunde ersetzen. Aufgebaut ist der Chip nach dem Vorbild der menschlichen Nase. Diese hat mehrere Rezeptoren, die Düfte aufnehmen und an das Gehirn weiterleiten. Ist ein Duft besonders stark ausgeprägt, erhält das Gehirn eine Information darüber. In gewisser Weise funktioniert so der neue Bombendetektor.

Wie das Fachmazin Nature berichtet, befinden sich auf dem Chip acht unterschiedliche Nano-Rezeptoren. Diese untersuchen die Partikel in der Luft auf ihre chemischen Bestandteile. Aus der Kombination von acht Informationsquellen bildet der Chip das Endergebnis und meldet, wenn gefährliche Partikel entdeckt wurden. So können auch Peroxid-Bomben gefunden werden. Diese Art von Sprengsatz sind häufig improvisierte Bomben, die aus einer Mischung aus Aceton, Bleichmittel und Abflussreiniger bestehen.

Wie detailliert der Nanochip arbeitet, lässt sich mit bloßen Augen nicht mehr beurteilen. Die untersuchten Teilchen werden vom Chip in Billiardstel gezählt. Damit ist der Chip 1.000 Mal genauer, als aktuelle Bombendetektoren. Die Nano-Rezeptoren untersuchen also die Luft und teilen das Ergebnis durch eine Billiarde. Dann berechnen sie, wie viele Teile davon zu gefährlichen Sprengstoffen zählen und entscheiden abhängig von der Programmierung, wann sie Alarm schlagen.

Die neue Technologie ist noch in der Entwicklungsphase, aber Bedarf ist bereits vorhanden. Allein an Flughäfen werden täglich Millionen von Koffern untersucht – allerdings nicht in solchem Detail und schon gar nicht auf Molekularebene. Ein weitere Vorteil von dem neuem Gerät: Es ist klein und damit auch handlich. Der Einsatz ist deshalb nicht nur auf große Einrichtungen wie Flughäfen beschränkt.

Auch als mobiler Bombendetektor kann der Chip seine Leistung entfalten. Autos können somit schnell kontrolliert werden, aber auch Pakete und andere verdächtige Objekte. Aktuelle Methoden erfordern viel Aufwand und große Geräte. Außerdem sind diese nur dann in der Lage explosive Materialien aufzuspüren, wenn sie in hoher Konzentration vorkommen. Das neue Gerät soll auch bei kleinsten Mengen anschlagen.

Um sich ihrer Sache auch wirklich sicher zu sein, haben die Entwickler ihre neue elektronische Spürnase unter Extrembedingungen getestet. Ein Versuch fand zum Beispiel in einem stark mit Zigarettenqualm verrauchten Raum statt. Hier gelang es dem Chip die Bombe in einem Abstand von fünf Metern zu identifizieren. So weit entfernt waren die explosiven Partikel in der Luft aufspürbar.

Selbst in rauchgeschwängerter Umgebung hat der Chip lediglich fünf Sekunden gebraucht, um die gefährlichen Partikel in der Luft zu erkennen.

Mit diesen vielversprechenden Ergebnissen hoffen die Entwickler auch auf mobile Einsätze, bei denen der Chip auf einem Roboter platziert wird. Somit könnten Bomben auch aus der Distanz aufgespürt werden. Ist der Chip klein genug, reicht beinah schon ein ferngesteuertes Spielzeugauto, um mit einigermaßen Sicherheitsabstand auf Bombensuche zu gehen.

Schnellere und genauere Identifikation von Bomben kann nicht nur in Israel oder an Flughäfen Leben retten. Vor allem der mobile Einsatz bietet viel Spielraum. Fraglich ist allerdings, wie schnell das Gerät auch falsche Ergebnisse liefert.

Steht eine Tasche mit einer Bombe neben anderen Taschen, können aufspürbare Partikel durch die Luft übertragen werden. Schlägt der Detektor aber auch bei harmlosen Taschen an, die lediglich in Reichweite der Bombenpartikel waren, könnten schnell Unschuldige verdächtigt werden. Interessant ist hierbei, inwieweit der Chip die Spur der Bombe zurückverfolgen könnte. Funktioniert er ähnlich einem Bluthund, der einmal Witterung aufgenommen hat, ließen sich auch schneller die Drahtzieher von einem Anschlag ausmachen. Doch soweit ist die Entwicklung noch nicht. Es geht in erster Linie um das Identifizieren der Bombe.

Es wird noch einige Zeit dauern, bis diese neuen elektronischen Spürnasen zum Einsatz kommen. Die eigenen Koffer am Flughafen werden von dieser Technik noch nicht so schnell unter die Lupe genommen werden. Das liegt vor allem an der entscheidenden Frage, wie man verhindern kann, dass Unschuldige verdächtigt werden. Die Entwickler haben den ersten Schritt zu einer neuen Generation von Bombendetektoren gemacht – jetzt gilt es daran zu arbeiten, das Gerät auch alltagstauglich zu machen. Es wäre kontraproduktiv, wenn sich Reisende am Flughafen bei der Kontrolle in Zukunft noch schuldiger fühlen müssen als bisher.

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