Die Zahl der jungen Amerikaner, die einen Führerschein machen und sich ein Auto kaufen, sinkt seit einigen Jahren. Galt früher ein eigenes Auto als Statussymbol, wird heute nicht mehr benötigt, scheint es. In einigen Bundesstaaten darf man bereits mit 14 eine Art Lernführerschein erwerben. Doch der Anteil der 14 bis 34-jährigen Amerikaner ohne Führerschein stieg im Jahr 2010 auf 26 Prozent, heißt es in den neuesten Daten der amerikanischen Highway Verwaltung. Diese beruhen auf einer aktuellen Studie der Frontier Group und des US PIRG Education Fund. Zehn Jahre zuvor waren es noch nur 21 Prozent. Eine Studie der University of Michigan weist in die gleiche Richtung: Machten 1983 Personen unter 30 Jahren noch ein Drittel aller lizenzierten Fahrer in den USA aus, sind es derzeit nur mehr 22 Prozent.
Die Autoindustrie stellt dies vor neue Herausforderungen. Es ist nicht klar, ob es sich um einen kurzweiligen Trend handelt oder um einen generellen Gesinnungswandel unter den jungen Amerikanern. Sie leben meist länger als früher bei ihren Eltern, nutzen dann deren Autos und ziehen häufig in große Städte. Genau dorthin, wo Autos aufgrund der guten Infrastruktur der öffentlichen Verkehrsmittel eher Luxus sind und keinesfalls notwendig.
Die jungen Amerikaner leiden, wie auch viele ältere US-Bürger, unter der wirtschaftlichen Situation des Landes. Sie verlieren ihren Arbeitsplatz, finden erst gar keinen oder sind mit einer Reduzierung der Arbeitsstunden konfrontiert. Aber das allein reicht nicht. „Auch unter den jungen Menschen, die Arbeitsplätze gefunden haben, sank beispielsweise die Menge der Meilen, die sie pro Jahr fuhren“, berichtet Tony Dutzik, Analyst und Mitautor der Frontier-Group-Studie, der FT. So zeigte sich in der Studie beispielsweise auch, dass junge Menschen mit einem Einkommen über 70.000 Dollar ihre Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln und Fahrrädern in der Zeit zwischen 2001 und 2009 verdoppelt haben.
Zu der wirtschaftlichen Situation vieler junger Amerikaner kommt auch die Nutzung des Internets und im speziellen die Bedeutung von Social Media wie Facebook oder Google+ hinzu . „Mit dem Aufkommen von Social Media machen die Menschen nicht mehr so viel von Angesicht zu Angesicht, so dass sie Autos nicht so dringend brauchen“, schätzt Jeremy Anwyl, stellvertretender Vorsitzender der Auto-Research-Webseite Edmunds.com. Aber wie bringt man die jungen Menschen wieder dazu, Autos zu kaufen, wenn sie sich dafür nicht mehr so stark interessieren wie noch ihre Eltern? Zumal sie, so Jeremy Anwyl, fast schon, eine natürliche Abneigung offene Werbung und Verkaufsgespräche entwickelt haben.
Einige Autohersteller setzen auf gezieltes Online-Marketing, um die jungen Menschen dort abzuholen, wo sie sich die meiste Zeit aufhalten. Aber auch die bewusste Hervorhebung interaktiver Technologie, die zur Ausstattung des Autos gehört, nimmt stärker zu. Ford kündigte beispielsweise vergangene Woche an, zusammen mit Yahoo eine Reality-TV-Serie zu produzieren, die nur im Internet zu sehen sein wird. Mit dieser Serie soll die neue Elektro-Version des Ford Focus indirekt beworben werden. Ford zufolge seien die Werbekosten dadurch auch nur ein Bruchteil dessen, was sie für eine übliche Werbekampagne ausgeben würden. Und es ist, so John Felice, Geschäftsführer im Vertrieb der beiden Marken Ford und Lincoln Brands, „eine sehr zielgerichtete und bewusst gewählte“ Werbung, die in einem „viel effizienterem Weg“ die Zielgruppe erreichen wird.