EZB hält Zinsen stabil – Eurozone zwischen Stagnation und Schuldenlast
Die Phase der Zinssenkungen im Euroraum ist nach den Prognosen beendet. Am Donnerstag dürfte die Europäische Zentralbank die Zinsen unverändert lassen, der meistbeachtete Einlagensatz soll bei zwei Prozent bleiben. Die Erwartungen gehen nun dahin, dass die EZB die Zinsen längere Zeit nicht verändern wird. Bloomberg-Analysten halten es für möglich, dass der Einlagensatz sogar bis Ende nächsten Jahres bei zwei Prozent bleibt. Allerdings kann in dieser Zeit viel geschehen. Das Eurogebiet befindet sich nicht gerade in einer ruhigen Phase. Die zweitgrößte Volkswirtschaft Frankreich kämpft weiterhin mit einer politischen Krise und einer hohen Staatsverschuldung. Dass die Euroländer mit massiver Verschuldung zu kämpfen haben, hatte die EZB bereits im letztjährigen Finanzstabilitätsbericht angemahnt. Am Donnerstag wird die EZB zudem ihre Prognosen für das Eurogebiet veröffentlichen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, in welchem Zustand sich die Wirtschaft der Eurozone tatsächlich befindet.
1. Inflation noch im Rahmen der EZB-Ziele
Die jährliche Inflation im Euroraum lag im August bei 2,1 Prozent, etwas höher als im Juli und zugleich leicht über dem EZB-Ziel von zwei Prozent. Die Kerninflation ohne Nahrungsmittel- und Energiepreise bleibt stabil. Seit Mai liegt sie bei 2,3 Prozent. Getrieben wird die Inflation vor allem von steigenden Dienstleistungspreisen. Diese legten im August etwas weniger stark zu als im Vormonat, bleiben jedoch mit 3,1 Prozent über der Drei-Prozent-Marke. In ihrer Juni-Prognose war die EZB von einer zweiprozentigen Inflation für dieses Jahr ausgegangen. Bei Reuters wird erwartet, dass die EZB ihre Prognose anpassen wird, doch bleibt offen, ob nach oben oder unten.
2. BIP wächst nur minimal
Im zweiten Quartal hat sich das Wirtschaftswachstum im Euroraum abgeschwächt. Das BIP stieg lediglich um 0,1 Prozent gegenüber dem ersten Quartal. Unter den großen Volkswirtschaften zeigt nur Spanien eine stärkere Dynamik. Dort (und in Slowenien) legte das BIP um 0,7 Prozent zu. Deutschland hingegen schrumpfte im zweiten Quartal erneut leicht. Die Industrieproduktion sank um 0,3 Prozent, auch die Bauwirtschaft schnitt schlechter ab als zunächst ermittelt. Für das dritte Quartal kommen jedoch erste positive Signale: Die Industrieproduktion stieg im Juli erstmals seit März wieder. Gleichwohl erwarten Ökonomen keine starke Erholung. Laut dem Münchener Ifo-Institut wird das deutsche BIP in diesem Jahr nur um 0,2 Prozent zulegen. „Die deutsche Wirtschaft ist weiterhin in der Krise gefangen“, erklärten die Forscher.
3. PMI signalisiert Wachstum, deutsche Produktion erwacht
Das Eurogebiet hat die Rezession überwunden und bleibt im Wachstumsbereich, wie der Einkaufsmanagerindex (PMI) zeigt. Dieser gilt als einer der wichtigsten Frühindikatoren für die Industrie. Die Grenze zwischen Schrumpfung und Wachstum liegt bei 50 Punkten. Der PMI für den Euroraum lag im August bei 51 Punkten – dem höchsten Wert seit einem Jahr. Spanien verzeichnete den stärksten Zuwachs, auch Deutschland weist wieder Wachstum auf. Frankreich bleibt das schwächste Glied, der PMI deutet dort zwar weiter auf Schrumpfung hin, allerdings war dieses im vergangenen Jahr nie geringer. Ermutigend ist zudem, dass nicht nur der Dienstleistungssektor den Aufschwung trägt, sondern auch die Industrie. Der PMI für das verarbeitende Gewerbe kletterte erstmals seit Juni 2022 wieder über die Marke von 50 Punkten und erreichte 50,7. Getrieben wurde dies vor allem durch Bestellungen innerhalb des Euroraums.
4. Arbeitsmarkt: Beschäftigung steigt, Arbeitslosigkeit auf Rekordtief
Die Zahl der Erwerbstätigen im Euroraum nimmt zu. Im zweiten Quartal waren 0,1 Prozent mehr Menschen beschäftigt, so Eurostat. Im Jahresvergleich beträgt das Plus 0,6 Prozent. Die Arbeitslosenquote liegt auf einem historischen Tiefstand. Im Juli waren 10,8 Millionen Menschen im Euroraum ohne Arbeit, was einer Quote von 6,2 Prozent entspricht. Das sind 0,2 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr – oder 161.000 Personen weniger.


