Bundespräsident Joachim Gauck will sich nicht darüber äußern, wie sich die Ankündigung des Bundesverfassungsgerichts, über die Eilanträge gegen ESM und Fiskalpakt am 12. September entscheiden zu wollen (mehr hier), auf seine Entscheidung auswirken könnte: „Der Bundespräsident verfolgt die Verhandlungen in Karlsruhe aufmerksam, kommentiert diese aber nicht“, hieß es auf Anfrage der Deutschen Wirtschafts Nachrichten vom Bundespräsidialamt.
Offenbar wird im Bundespräsidialamt fieberhaft nach einer Strategie gesucht, die den Bundespräsidenten nicht allzu sehr in die Zwickmühle bringt. Am einfachsten wäre es für ihn, jetzt mal abzutauchen und gar nichts zu tun. Mit der Begründung, dem Wunsch des BVerG zu entsprechen und zu warten, kann er eigentlich nichts falsch machen. Andererseits könnte eine Zuspitzung der Euro-Krise dazu führen, dass die Koalition ihn zu motivieren versucht, zu unterschreiben. Dagegen spricht, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel beim ZDF-Somemrinterview deutlich auf die Euro-Bremse getreten ist und etwa eine Bankenaufsicht als Zukunftsprojekt bezeichnet hat (mehr zu Merkels resignativen Gedanken - hier). Dagegen spricht auch, dass Gauck eine ausgesprochen gute Nase für den Wind hat. Seine Aufforderung an Merkel, den Deutschen erst mal den Euro zu erklären, deutet darauf hin, dass Gauck offenbar von mehreren Seiten gehört hat, dass die Euro-Rettung wohl doch kein Selbstläufer werden dürfte. Dies ist eine deutlich andere Sprache als jene, als Gauck noch vor wenigen Monaten den Kapitalismus als die besten Lebenform gepriesen hatte (hier). Daher rechnen politische Beobachter in Berlin eher damit, dass sich Gauck jetzt erst mal aus der Sache raushalten wird.
Die Eilanträge verschiedener Kläger vor dem Bundesverfassungsgericht wollen verhindern, dass der Bundespräsident die Verträge über die Zustimmung zum ESM und zum Fiskalpakt unterzeichnet. Ursprünglich hätte der ESM bereits ab 1. Juli in Kraft treten sollen. Dies wurde in Deutschland unter anderem durch die Eilanträge vor dem BVG verhindert. Das Bundesverfassungsgericht hatte Gauck gebeten, das Gesetz zur Einführung des ESM nicht zu unterschreiben, bis das Gericht die Verträge gründlich geprüft habe. Gauck kam dieser Bitte bisher nach (mehr hier).
Da mit Mitte September die drei Monate, die sich eine Entscheidung hinziehen hätte können, nicht ausgeschöpft wird, ist es wahrscheinlich, dass Gauck das Urteil über die Eilanträge abwarten wird. Dann wird auch absehbar, wie erfolgsversprechend die eigentlichen Hauptklagen gegen die beiden neuen völkerrechtlichen Verträge sein werden.