Politik

Verfassungsgericht zu ESM: Bundespräsident Gauck noch unentschlossen

Joachim Gauck ist offenbar noch unentschlossen, ob er die Verträge über ESM und Fiskalpakt noch vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Eilanträge unterzeichnet. Er scheint jedoch wenig Lust zu haben, sich in dieser delikaten Materie zu sehr aus dem Fenster zu lehnen.
16.07.2012 17:59
Lesezeit: 1 min

Bundespräsident Joachim Gauck will sich nicht darüber äußern, wie sich die Ankündigung des Bundesverfassungsgerichts, über die Eilanträge gegen ESM und Fiskalpakt am 12. September entscheiden zu wollen (mehr hier), auf seine Entscheidung auswirken könnte: „Der Bundespräsident verfolgt die Verhandlungen in Karlsruhe aufmerksam, kommentiert diese aber nicht“, hieß es auf Anfrage der Deutschen Wirtschafts Nachrichten vom Bundespräsidialamt.

Offenbar wird im Bundespräsidialamt fieberhaft nach einer Strategie gesucht, die den Bundespräsidenten nicht allzu sehr in die Zwickmühle bringt. Am einfachsten wäre es für ihn, jetzt mal abzutauchen und gar nichts zu tun. Mit der Begründung, dem Wunsch des BVerG zu entsprechen und zu warten, kann er eigentlich nichts falsch machen. Andererseits könnte eine Zuspitzung der Euro-Krise dazu führen, dass die Koalition ihn zu motivieren versucht, zu unterschreiben. Dagegen spricht, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel beim ZDF-Somemrinterview deutlich auf die Euro-Bremse getreten ist und etwa eine Bankenaufsicht als Zukunftsprojekt bezeichnet hat (mehr zu Merkels resignativen Gedanken - hier). Dagegen spricht auch, dass Gauck eine ausgesprochen gute Nase für den Wind hat. Seine Aufforderung an Merkel, den Deutschen erst mal den Euro zu erklären, deutet darauf hin, dass Gauck offenbar von mehreren Seiten gehört hat, dass die Euro-Rettung wohl doch kein Selbstläufer werden dürfte. Dies ist eine deutlich andere Sprache als jene, als Gauck noch vor wenigen Monaten den Kapitalismus als die besten Lebenform gepriesen hatte (hier). Daher rechnen politische Beobachter in Berlin eher damit, dass sich Gauck jetzt erst mal aus der Sache raushalten wird.

Die Eilanträge verschiedener Kläger vor dem Bundesverfassungsgericht wollen verhindern, dass der Bundespräsident die Verträge über die Zustimmung zum ESM und zum Fiskalpakt unterzeichnet. Ursprünglich hätte der ESM bereits ab 1. Juli in Kraft treten sollen. Dies wurde in Deutschland unter anderem durch die Eilanträge vor dem BVG verhindert. Das Bundesverfassungsgericht hatte Gauck gebeten, das Gesetz zur Einführung des ESM nicht zu unterschreiben, bis das Gericht die Verträge gründlich geprüft habe. Gauck kam dieser Bitte bisher nach (mehr hier).

Da mit Mitte September die drei Monate, die sich eine Entscheidung hinziehen hätte können, nicht ausgeschöpft wird, ist es wahrscheinlich, dass Gauck das Urteil über die Eilanträge abwarten wird. Dann wird auch absehbar, wie erfolgsversprechend die eigentlichen Hauptklagen gegen die beiden neuen völkerrechtlichen Verträge sein werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Zollschock: Warum deutsche Autos bald in Europa teurer werden
23.08.2025

Donald Trump zwingt Europas Autobauer mit Strafzöllen von bis zu 27,5 Prozent in die Defensive. Während Hersteller ihre Gewinnprognosen...

DWN
Politik
Politik Stagnierendes Wirtschaftswachstum und gigantische Schulden: Wie realistisch ist die Finanzpolitik der Bundesregierung?
23.08.2025

Die Wirtschaft stagniert, der Arbeitsmarkt kollabiert. Doch die Bundesregierung gibt unermüdlich geliehenes Geld aus. Die...

DWN
Technologie
Technologie Milliardenwahn im Silicon Valley: Warum die Jagd nach Superintelligenz im Desaster enden wird
23.08.2025

Das Silicon Valley dreht durch: Für einzelne KI-Forscher werden Summen gezahlt, die selbst Sportstars sprachlos machen. Doch Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen Verdienen im Schlaf: Diese Dividenden-Aktien zahlen Ihnen Geld fürs Nichtstun
23.08.2025

Während andere schuften, kassieren clevere Anleger jeden Monat Geld – sogar im Schlaf. Drei Dividenden-Aktien machen Sie zum Profiteur...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zahlungsmoral am Limit: 81 Prozent der Unternehmen von Zahlungsverzug bedroht
23.08.2025

Verspätete Zahlungen bedrohen die Existenz vieler Firmen. Im Schnitt bleiben Rechnungen fast 32 Tage offen – in Bau, Transport und...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögensaufbau stagniert: Wie der Staat privates Vermögen verhindert
23.08.2025

Die Vorstellung vom reichen Deutschen entspricht immer weniger der Realität: Höhere Lebenshaltungskosten, höhere Sozialabgaben,...

DWN
Panorama
Panorama Verbraucherschützer warnen: Kritik an Parkplatzfirmen nimmt zu
23.08.2025

Beschwerden über Parkplatzfirmen nehmen rasant zu. Immer mehr Autofahrer stoßen auf intransparente Regeln und saftige Vertragsstrafen....

DWN
Politik
Politik Deutschland mit stärkster Armee Europas? Ohne Chinas Rohstoffe bleibt es ein Trugbild
23.08.2025

Deutschland rüstet auf wie nie zuvor – doch ausgerechnet Peking hält den Schlüssel zu den nötigen Rohstoffen in der Hand. Die...