Politik

EFSF vom Zerfall bedroht: Zypern will nicht mehr einzahlen

Eine der größten Absurditäten der Euro-Rettung ist die Tatsache, dass alle Euro-Staaten in den EFSF (und künftig in den ESM) einzahlen müssen. Nun hat mit Zypern als ersten Land versucht, aus der EFSF-Finanzierung auszusteigen. Wenn Spanien oder Italien dasselbe versuchen, könnten die Lasten für Deutschland erheblich steigen.
22.07.2012 00:40
Lesezeit: 2 min

Dank der eingezahlten Gelder der Eurostaaten verfügt der EFSF über Finanzmittel in Höhe von fast 780 Milliarden Euro, von denen 440 Milliarden Euro an Länder, die ein Bailout beantragen, verliehen werden können. Jedes Mitglied der Eurozone hat einen entsprechenden Anteil in den Rettungsfonds eingezahlt, den sie quasi als Garantien zur Verfügung stellen. In dieser Woche hat Zypern nun beantragt, sich an der Finanzierung von zukünftigen Bailouts nicht mehr zu beteiligen. Dieser Antrag wurde Wolfgang Schäuble zufolge aber vorerst abgelehnt, worausfhin die Zypioten den Antrag wieder zurückzogen. Vermutlich hat Schäuble Zypern klargemacht, dass es dann keine Rettung für die Mittelmeer-Insel geben werde.

Der Vorfall ist bemerkenswert, weil er auf einen fundamentalen Fehler bei der Konstruktion der Rettungsschirme hinweist: Auch die geretteten Staaten kommen an ihre bisher geleisteten Garantien nicht heran - selbst wenn sie aus dem letzten Loch pfeifen.

So haben beispielsweise Griechenland, Irland und Portugal, die alle unter einem vollen Bailout-Programm stehen, dem EFSF Garantien in Höhe von 53,783 Milliarden Euro gegeben: Griechenland: 21,898 Milliarden Euro, Irland: 12,378 Milliarden Euro und Portugal 19,507 Milliarden Euro. Im Vergleich dazu haben die Länder die Zustimmung für Kredite durch den EFSF erhalten. So erhält Irland über den EFSF 17,7 Milliarden Euro. Die restlichen Kredite des Bailouts kommen über den IWF, bilaterale Kredite von Großbritannien, Dänemark und Schweden sowie über den European Financial Stabilisation Mechanism (EFSM), der theoretisch allen Mitgliedern der EU in finanzieller Not zur Verfügung gestellt werden kann. Griechenland hat eine Zusicherung in Höhe von 179,6 Milliarden Euro und Portugal von 26 Milliarden Euro erhalten.

Die Zahlen zeigen deutlich, dass vor allem im Falle Portugals und Irlands die eingezahlten Garantien der beiden Länder fast der Höhe der Bailout-Zahlungen durch den EFSF entsprechen. Sie zahlen also ganz einfach für ihren eigenen Bailout. Ähnliches zeigt sich mit Blick auf Spanien. Spanien hat Garantien in Höhe von rund 92,5 Milliarden Euro eingezahlt – das Banken-Bailout für dieses Land wird auf 100 Milliarden Euro beziffert. Deutschland (etwa 211 Mrd. €), Frankreich (rund 158 Mrd.€) und Italien (139 Mrd. €) sind die größten Geber gewesen.

Mittlerweile müssen Portugal, Irland und Griechenland für zukünftige Bailouts anderer Länder keine Garantien mehr geben. Die eingezahlten Gelder verbleiben jedoch im EFSF, so ein EU-Diplomat gegenüber den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Sie haben wie Zypern es erwägte, ein stepping out beantragt. Wieso also ist Spanien noch für weitere Garantien über die Gelder, die das Land eingezahlt hat, in die Pflicht zu nehmen? Spanien hat dem EU-Diplomaten zufolge keinen Anspruch auf ein stepping out, da es nur ein Bailout für seine Banken forderte. Erst, wenn es ein Vollprogramm unter den EFSF erfragt, könnte Spanien ein stepping out beantragen. Allerdings muss dies, so der EU-Diplomat, von den Finanzministern der Eurozone genehmigt werden. Aber bei 92 Milliarden Euro, die Spanien in den EFSF eingezahlt hat, und ,die dem Länderschlüssel entsprechend als Garantien an schwächelnde Länder vergeben werden, ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Finanzminister dies genehmigen würden, so der EU-Diplomat.

Zugleich würden sich bei einem solchen Antrag die Garantiehöhen der anderen verbleibenden Länder erhöhen. Auch wenn Zyperns Beitrag gering ist, so wär in diesem Fall der Haftungsanteil Deutschlands von 29,07 Prozent auf 29,13 Prozent gestiegen. Spaniens Haftungsanteil liegt derzeit bei 11,87 Prozent und müsste bei zukünftigen Bailouts auf die anderen Länder umgelegt werden.

Die jeweiligen Schlüssel und die eingezahlten Gelder finden Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Immobilien
Immobilien Mietmarkt: Wie KI Wohnen neu organisiert - und welche Start-ups Vorreiter sind
11.08.2025

Mittels KI definieren Proptechs wie Flatfind, Mr. Lodge, Nestermind und Keymatch.ai die Regeln auf dem Mietmarkt neu. Blick auf eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftsweise warnt vor Leistungskürzungen – Sozialstaat vor finanzieller Zerreißprobe
11.08.2025

Angesichts der finanziellen Schieflage von Renten-, Pflege- und Krankenversicherung warnt Wirtschaftsweise Veronika Grimm vor einer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rekord bei Firmenpleiten – immer mehr Betriebe in Not
11.08.2025

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland ist im Juli so stark gewachsen wie seit Oktober vergangenen Jahres nicht mehr. Nach...

DWN
Immobilien
Immobilien Preisschock am Immobilienmarkt: Düsseldorf auf Rekordkurs
11.08.2025

Die Erholung auf dem deutschen Immobilienmarkt hält an – und mit ihr der Preisauftrieb. Besonders in den großen Städten müssen...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs nähert sich Rekordhoch: Droht jetzt die große Wende?
11.08.2025

Der Bitcoin-Kurs startet mit Schwung in die neue Woche und rückt dem Rekordhoch wider sehr nah. Institutionelle Zuflüsse, politische...

DWN
Finanzen
Finanzen RWE-Aktie und die Grundlast-Renaissance: Warum die Aktie wieder ins strategische Depot gehört
11.08.2025

Mit der geplanten Ausschreibung von bis zu 20 Gigawatt neuer Gaskraftwerke kehrt die Grundlast in die energiepolitische Realität zurück....

DWN
Technologie
Technologie Nasa überrascht mit Mond-AKW-Plan: Ist das realistisch?
11.08.2025

Die Nasa will bis 2030 ein Mond-AKW errichten – ein Projekt, das Chancen und Risiken birgt. Technische Hürden, geopolitische Konkurrenz...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft 5 Gründe, warum Deutschland seine Industrie nicht verlieren darf
11.08.2025

Die Industrie war lange das Rückgrat des deutschen Wohlstands. Doch der Verlust von Produktionsstandorten, steigende Energiepreise und...