Finanzen

Ratingagenturen haben Schuldenkrise verursacht

„Nicht nachvollziehbare Herabstufungen europäischer Länder sind eine zentrale Ursache und Triebfeder der europäischen Schuldenkrise“. Das ist die Erkenntnis einer Studie der Universität St. Gallen. Viele europäische Länder seien seit 2008 anders beurteilt worden als andere Länder noch heute behandelt werden.
28.07.2012 20:02
Lesezeit: 1 min

Mutmaßungen über die tragende Rolle der Ratingagenturen bei der Verschärfung der Schuldenkrise gab es etliche. Selbst der frühere französische Präsident Nicolas Sarkozy mahnte, bevor Frankreich herabgestuft werden sollte, müsse es zunächst die Briten treffen, da diese deutlich schlechtere Zahlen aufweisen. Nun hat sich die Universität St. Gallen dem Thema angenommen- Die Studie von Professor Manfred Gärtner und Björn Griesbach belegt erstmals empirisch, inwiefern die Ratingagenturen tatsächlich mitverantwortlich sind. In der aktuellen Studie wurden die Wirtschaftsdaten von 25 OECD-Ländern den Krediturteilen der amerikanischen Agentur Fitch gegenübergestellt.

„Viele europäische Länder wurden seit 2008 mit anderen Maßstäben beurteilt als früher und auch anders als andere Länder heute noch behandelt werden", sagte HSG-Professor Manfred Gärtner der Nachrichtenagentur Reuters. „Nicht nachvollziehbare Herabstufungen europäischer Länder sind eine zentrale Ursache und Triebfeder der europäischen Schuldenkrise“, heißt es in der Pressemitteilung zur Studie.

So könnten beispielsweise die Downgrades von Ländern wie Irland, Portugal und Spanien nicht mit einer entsprechenden Verschlechterung der Wirtschaftslage und der Staatfinanzen begründet werden. Nach den alten Standards hätte Irland etwa um 1,5 Stufen herabgestuft werden müssen, so Manfred Gärtner. „Stattdessen wurden sie um sieben Stufen zurückgenommen. Ein so großer Schritt hätte jedes Land in große Schwierigkeiten gebracht." Spanien „hätte um eine halbe Klasse herabgestuft werden müssen, verlor aber 3 Klassen“, so die Studie.

Die Bewertungen der Agenturen können schnell problematisch werden. Zwar steigen die Zinssätze bei Ländern, deren Rating zwischen AAA und A liegt, nur wenig, wenn sie um eine Stufe herabgestuft werden. Aber „Länder mit einem Rating von A oder schlechter sind in höchstem Masse gefährdet“, so die Studie. „Bereits geringste negative Zins- oder Ratingsignale, auch wenn diese unbegründet sind, können solche Länder in den Insolvenzstrudel stossen.“ Entsprechend steigende Zinslasten, sich dadurch verschlechternde Staatsfinanzen und ein rückläufiges Wachstum könnten dann neue Rückstufungen auslösen.

Zudem entspreche das Verhalten der Ratingagenturen dem „alten Krieg zwischen Märkten und Staaten“. So hätten es die Ratingagenturen geschafft, dass die Schuldenkrise nun als ein Problem der Staaten und nicht der Finanzindustrie gesehen werde.

Zwar konnten Manfred Gärtner und Björn Griesbach nur auf die Daten von Fitch zurückgreifen, da von Moody’s und Standard & Poor’s die notwendigen Daten nicht verfügbar gewesen seien, aber Manfred Gärtner glaube – wenngleich er es nicht beweisen kann – dass die Ergebnisse der Studie nicht anders ausgefallen wäre. Es gebe eine hohe Korrelation zwischen dem Vorgehen der drei Häuser.

Die Studie (English) finden Sie hier.

Bereits Ende vergangenen Jahres warnte Manfred Gärtner vor der Willkürlichkeit der Ratingagenturen:

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