Die deutsche Autoindustrie, vor allem der VW-Konzern, verfolgt trotz einer sich ankündigen globalen Rezession ambitionierte Ziele. Unter ihrem Chef Matin Winterkorn wollen die Wolfsburger bis 2018 mehr als zehn Millionen Fahrzeuge jährlich verkaufen und so zum absatzstärksten Autobauer der Welt aufsteigen.
Deutsche Autos sind in der Tat weltweit populärer denn je. 2012 exportieren die deutschen Hersteller Autos und Kfz-Teile im Wert von 190 Milliarden Euro, 2,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Kein anderes Produkt steht so sehr für das begehrte „Made in Germany“: Die Automobil-Industrie ist mit insgesamt 17,3 Prozent unangefochten der Spitzenreiter bei den Exporten
Die guten Zahlen der Autobranche liegen an der starken Nachfrage in den USA und China. Allein VW verzeichnete 2012 ein Absatzplus von 26,2 Prozent in Nordamerika. In China waren es noch stolze 24,5 Prozent.
Das Autogeschäft am Heimatmarkt Europa ist hingegen mehr als flau. Die Zahl der Neuzulassungen für Pkw sank um 8,2 Prozent. Der Rückgang der VW-Gruppe betrug lediglich 1,6 Prozent. Doch selbst diese Zahl spiegelt vermutlich nicht die Wahrheit wider. Immerhin befindet sich die gesamte Eurozone seit 15 Monaten in einer Rezession, wie der Bericht der europäischen Statistikbehörde Eurostat zeigt. In Deutschland ging die Zahl der Neuzulassungen im Februar gegenüber dem Vorjahresmonat um 10,5 Prozent zurück (hier). Vermutlich hat VW daher auf dem freien Markt deutlich weniger verkauft, als das Unternehmen meldet.
Hier hilft vor allem eine Praxis: Die Autohändler schieben ihre Überproduktion an Neuwagen einfach auf einen großen Parkplatz - auf die Verkaufsgelände der Autohändler. Und die haben natürlich Interesse daran, selbst gute Zahlen zu melden – unter anderem, um nicht von den Herstellern aus dem Netz gestrichen zu werden. Daher sind jene Autos, die nur für einen Tag zugelassen sind – etwa für Probefahrten - auch Teil der Statistik. Jeder dritte Neuwagen in Deutschland ist mittlerweile auf einen Hersteller oder Händler zugelassen, sagte kürzlich der Präsident des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes, Robert Rademacher. Tageszulassungen und Rabatt-Aktionen verfälschen also die Statistik erheblich.
Die ersten Hersteller beginnen sich aber bereits Gedanken über die Wirtschaftlichkeit zu machen. So hat BMW kürzlich angekündigt, alle Rabatte komplett zu streichen (hier). Auto-Geschenke an SPD-Politiker hübschen die Statistik allerdings weiter auf (hier).
Das Schneeball-System aus Blech ist jedoch für die deutsche Wirtschaft eine gefährliche Zeitbombe: Mittelständische Zulieferer und die vielen anderen Unternehmen, die von der Mono-Kultur der deutschen Auto-Industrie ernährt werden, könnten sich durch die schönen Zahlen in falscher Sicherheit wiegen. Ein Gutteil der deutschen Wirtschaft hängt am Tropf der Autobauer. Hustet sie, bekommt Deutschland eine Lungenentzündung.