Politik

Falsche Zahlen vom IWF: Troika gesteht falsche Prognosen

Lesezeit: 2 min
08.11.2013 02:58
Die Troika räumt erstmals ein, falsche Prognosen für Griechenland erstellt zu haben. Man habe sich auf die Angaben des IWF verlassen, aber auch die Griechen hätten falsche Zahlen geliefert. Das ist sehr peinlich für die Spar-Kommissare.
Falsche Zahlen vom IWF: Troika gesteht falsche Prognosen

Hochrangige Troika-Verantwortliche haben zugegeben, dass die Prognosen der Troika für Griechenland „daneben“ waren. Schuld daran sei vor allem die griechische Regierung, die ihnen bereits im Jahr 2010 falsche Zahlen geliefert habe.

Die Troika musste am Dienstag einräumen, dass alle ihre Beamten mit denselben falschen Zahlen gearbeitet hatten. „Alle makroökonomischen Prognosen beruhen auf einem gemeinsamen Datensatz von Prognosen und Multiplikatoren. Wir verwenden dieselben Daten wie der IWF, wir haben also einen ähnlichen Ansatz“, zitiert EUobserver den Belgier Servaas Deroose, der bis 2011 der Troika-Chef für Griechenland war.

Der IWF hatte dieses Jahr bereits zugeben müssen, dass seine Formeln zu falschen Prognosen geführt hatten. Über Jahre hatte der IWF ganz bewusst zu positive Prognosen für Griechenland abgegeben – trotz der offensichtlichen Krise. Die Technokraten tragen eine Mitschuld an der Zuspitzung der Lage (mehr hier).

Schon zuvor hatten Wissenschaftler penibel nachgewiesen, dass im Grunde alle Prognosen des IWF zu Griechenland falsch gewesen sind - und das über Jahre (mehr dazu hier).

Die beiden Troika-Verantwortlichen wurden gefragt, ob sie mit ihrem heutigen Wissen anders entscheiden würden. Sie sagten, die Troika-Programme seien richtig gewesen – auch in Griechenland. Die Schwerpunkte hätten jedoch an einigen Stellen anders gesetzt werden können.

 

Deroose sagte, man hätte mehr auf die Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands und die Stabilität des Bankensektors achten müssen. Zudem habe die Troika die Fähigkeiten der griechischen Regierung überschätzt. Diese sei unfähig, ein so großes Programm umzusetzen.

Es sei für ihn „überraschend“ gewesen zu sehen, wie sehr die verschiedenen Interessengruppen versucht hätten, „Reformen zu vermeiden und zu verwässern“, sagte der Deutsche Klaus Masuch, der an den Troika-Programmen in Griechenland und Irland beteiligt war.

Die Fraktionschefs im EU-Parlament werden diese Woche darüber entscheiden, wie sehr sie die Vorgänge bei der Troika untersuchen wollen. „Die Troika hat mehr Schaden angerichtet, als Gutes getan“, sagte Parlamentschef Martin Schulz. Irgendjemand müsse die Verantwortung übernehmen für die verfehlten Versuche die verursachten massiven Enttäuschungen.

Es müsse geklärt werden, warum so viele Fehler gemacht wurden und warum so viele Berichte, die man damals für richtig gehalten habe, sich „drei Jahre später als vollkommen falsch erwiesen haben“, so Schulz.

Deroose und Masuch sagten, dass die Troika lediglich die „technische Expertise“ über Griechenland, Zypern und Irland zur Verfügung stelle. Die Entscheidungen würden von der Eurogruppe getroffen, den 18 Finanzministern der Eurozone. Diese entscheiden darüber, welches Land wie viel Geld bekommt. Jede Überweisung einer Tranche müsse von der Eurogruppe bestätigt werden.

Während in Brüssel möglicherweise nach den Schuldigen für das Rettungs-Desaster gesucht wird, leidet die griechische Bevölkerung unter den Folgen. Die Zahl der griechischen Unternehmen, die ihre Steuern nicht zahlen können, explodiert. Insgesamt schulden sie dem Staat knapp 40 Milliarden Euro (mehr hier).

Der Widerstand der Griechen gegen die Troika verschärft sich. Am Dienstag wurden die Kontrolleure aus IWF, EZB und EU von einer wütenden Menge gestellt und mit Münzen beworfen. Die Polizei hatte alle Mühe, die Demonstranten zurückzuhalten (hier).

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Clean Industrial Deal: Warum die EU jetzt handeln muss
26.12.2024

Vor fünf Jahren setzte die EU mit dem Europäischen Green Deal neue Maßstäbe im globalen Klimaschutz. Heute, angesichts wachsender...

DWN
Politik
Politik „Atomkraft? Nein Danke“: Habeck-Ministerium manipulierte wohl AKW-Studie für Atomausstieg
26.12.2024

Manipulation im Wirtschaftsministerium? Wie interne Unterlagen jetzt aufdecken, soll das Wirtschaftsministerium unter Robert Habeck gezielt...

DWN
Politik
Politik Papst eröffnet Heiliges Jahr mit Hoffnungsbotschaft
26.12.2024

Ein strammes Programm hatte der gesundheitlich angeschlagene Papst an Weihnachten zu stemmen: Er eröffnete das Heilige Jahr der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschland schafft Gasspeicherumlage ab: Entlastung für Nachbarländer, Mehrkosten für Verbraucher
26.12.2024

Deutschland verabschiedet sich von der umstrittenen Gasspeicherumlage an Grenzübergangspunkten zu Nachbarländern. Mit einer Änderung des...

DWN
Immobilien
Immobilien Sechs Jahre Mietenstopp: Können Mietpreiserhöhungen gesetzlich verboten werden?
26.12.2024

Der aktuelle Wohnmarkt bereitet Volk wie Bundesregierung Kopfzerbrechen. Laut Umfragen glauben immer weniger Deutsche daran, sich den Traum...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Überstunden steuerfrei: Ab 2025 wird es Realität?
26.12.2024

Überstunden ab 2025 steuerfrei? Wenn diese Pläne Wirklichkeit werden, könnten Arbeitnehmer von einer höheren Auszahlung ihrer...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kann Automatisierung die deutsche Industrie retten?
26.12.2024

Die deutsche Wirtschaft kämpft mit Fachkräftemangel und explodierenden Kosten. Wie können Automatisierung und Robotik diese...

DWN
Politik
Politik Wahlforscher Jung: Die Union hat ein "Merz-Problem" - und Habeck eine gute Chance
26.12.2024

Es sei sehr wahrscheinlich, dass Unionskandidat Merz der nächste deutsche Bundeskanzler wird, sagt Wahlforscher Matthias Jung. Doch er...