Die Konjunkturzahlen für das dritte Quartal sind ernüchternd. In Deutschland ging das Wachstum von 0,7 Prozent im Juni auf 0,3 Prozent für Ende Oktober zurück. Italiens längste Rezession der Nachkriegszeit geht weiter (-0,1%). Vor allem Frankreich bereitet Sorgen: Die Wirtschaft sinkt von +0,5 Prozent im zweiten Quartal auf -0,1 Prozent im dritten Quartal.
Der schwache Export wird in Deutschland und Frankreich für die rückläufigen Wachstumszahlen verantwortlich gemacht. Das Wachstum aus dem zweiten Quartal sei nur auf die hohe Binnennachfrage zurückzuführen gewesen, so das Bundesamt für Statistik (Destatis). Dieser Effekt ist nun vorbei und macht den Exportsektor umso wichtiger für die deutsche Wirtschaftsentwicklung.
Aus Frankreich, Deutschlands wichtigstem Handelspartner in Europa, darf man derzeit keine erhöhte Nachfrage nach deutschen Produkten erwarten. Das Land wird von der extremen Steuerpolitik der Regierung in Atem gehalten. Präsident Hollande versucht, die Schuldenkrise durch höhere Abgaben zu bekämpfen und dämpft dadurch die Kaufkraft der Franzosen.
Die Industrie produziert nach einem guten zweiten Quartal (+2,0) jetzt wieder weniger (0,1%). Das ist zu wenig, um Arbeitsplätze zu schaffen. Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück (-0,6%).
Die Wirtschaft steht still. Der Kurs des französischen Aktien-Index CAC 40 sackte vergangene Woche ab, nachdem die Rating-Agentur Standard & Poor’s die Bonität Frankreichs erneut herabstufte. Die Steuerpolitik Hollandes verschlimmert die desolate Situation am Arbeitsmarkt (mehr hier).
Immer wieder kommt es zu Ausschreitungen bei Großdemonstrationen gegen die Regierung Hollandes. Die Franzosen wollen sich nicht länger zur Kasse bitten lassen. Die Umfragewerte des französischen Präsidenten sind ein Jahr nach Amtsantritt auf einem historisch niedrigen Stand angekommen (hier).
Die OECD hat reagiert und fordert mehr Reformen von der französischen Regierung. Die Wettbewerbsfähigkeit müsse gestärkt werden. „Die französische Wirtschaft verliert auf den Weltmärkten mehr Marktanteile als alle anderen Länder des Euroraums mit Ausnahme von Italien“, warnte OECD-Ökonom Hervé Boulhol in einem Bericht der FAZ.
Für deutsche exportorientierte Unternehmen sind die schlechten Zahlen aus Frankreich ein Indikator dafür, dass die Wirtschaftskrise in Europa noch nicht vorüber ist. Sie werden sich auf andere Absatzmärkte für ihre Produkte konzentrieren, wenn sich die Situation in Frankreich nicht bald grundlegend ändert.
Danach sieht es jedoch nicht aus. Von den Sozialisten in der Regierung sind aber mittelfristig keine großen Strukturreformen zu erwarten.
Die Lohnstückkosten und Sozialabgaben in Frankreich zählen zu den höchsten der Welt. Der Mindestlohn in Frankreich übersteigt den EU-Durchschnitt um 80 Prozent. Das Bildungssystem ist veraltet. Jedes Jahr verlassen 150.000 Schulabbrecher die Bildungseinrichtungen ohne Aussicht auf einen Job.
Und noch ein weiterer Umstand bereitet der französischen Regierung Kopfschmerzen: Die Inflationsrate ist so niedrig wie zuletzt im November 2009. Die Preise fallen so stark, dass die EZB aus Angst vor einer Deflation den Leitzins erneut herabgesetzt hat. Eine Deflation hätte zur Folge, dass das Privatvermögen der Anleger entwertet wird (hier). Dies könnte eine neue Panik auf den Finanzmärkten auslösen und die Staaten Europas in eine neue Krise stürzen.
Das alles sei aber „kein Indikator für einen Niedergang“ der Wirtschaft, sage Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici der FT.
Die Regierung hofft darauf, dass die Wirtschaft im nächsten Quartal wieder anzieht.
Ohne grundlegende Arbeitsmarkt- und Steuerreformen bleibt ihr gar nichts anderes übrig.