Technologie

SAP: Politische Idee eines IT-Riesen in Europa ist Unsinn

SAP-Chef Jim Hagemann Snabe hat politische Ambitionen, einen staatlichen europäischen IT-Riesen als Konkurrenz zu Google und Facebook zu errichten, ins Reich der Träume verwiesen. Wichtig wären weltweit einheitliche Datenschutz-Regelungen. Doch auch die sind nur ein Traum.
28.11.2013 11:58
Lesezeit: 2 min

Europas größter Softwarekonzern SAP hält nichts von einem europäischen „IT-Airbus“ als Gegengewicht zur dominierenden amerikanischen Datenindustrie. „Ein Zusammenschluss einiger europäischer IT-Unternehmen mit dem Ziel, sich vom Weltmarkt abzugrenzen, macht überhaupt keinen Sinn“, sagte Co-Vorstandschef Jim Hagemann der Nachrichtenagentur Reuters. „Die Idee eines staatlich verordneten europäischen IT-Champions ist von vornherein zum Scheitern verurteilt.“ Dies führe nur zu weniger Wettbewerb, Innovation und Wachstum in der global ausgerichteten Branche. Bundeskanzlerin Angela Merkel und andere Unionspolitiker hatten als Konsequenz aus der Ausspäh-Affäre um den US-Geheimdienst NSA gefordert, die Kräfte in Europas IT-Industrie nach dem Vorbild des Flugzeugbauers Airbus zu bündeln.

Durch die Stärkung der IT-Anbieter in Europa soll die Abhängigkeit von Konzernen in den USA oder China verringert werden, die einem weniger strengen Datenschutz unterliegen. Die US-IT-Branche befürchtet bereits Einbußen wegen der Debatte. Doch nach Ansicht von Hagemann Snabe ist die Branche mit ihren nur wenigen großen, aber vielen kleinen Firmen nicht dazu geeignet, mit Hilfe der Politik einen europäischen Champion als Konkurrenz zu Microsoft, Cisco oder Google aufzubauen. Europa sollte vielmehr weiter auf offenen Wettbewerb setzen.

SAP gehört zu den weltweit führenden Anbietern von „Cloud“-Diensten, die Firmen gegen Miete über ihre Server Software nutzen oder Daten speichern lassen. Das Geschäft wächst rasant - vor allem in den USA. Die strengen Datenschutz-Vorschriften des Heimatlandes Deutschland verschaffen SAP nach den Worten von Hagemann Snabe angesichts der NSA-Affäre zwar einen enormen Wettbewerbsvorteil. „Die momentane Debatte hilft SAP“, sagte er. So haben die amerikanischen Sicherheitsbehörden leichter Zugriff auf geschützte Daten als die deutschen. Doch offensiv werben will der global aufgestellte Konzern mit dem Standortvorteil gegenüber Wettbewerbern in den USA aus Rücksicht auf sein internationales Publikum nicht. Denn der für deutsche Kunden enorm wichtige Datenschutz steht für viele Amerikaner hinter dem Schutz vor Terrorgefahr zurück, auch wenn dazu Überwachung von Internet und Datendiensten notwendig ist.

Handlungsbedarf sieht Hagemann Snabe dagegen bei der Regulierung. Klare internationale Rahmenbedingungen seien nötig, damit Unternehmen und Verbraucher Vertrauen in die Technologien gewännen. „Einheitliche Standards für den Datenschutz sind dabei extrem wichtig“, sagte Snabe. Dies gelte für die EU wie für die USA. Das Nebeneinander verschiedener nationaler Datenschutzregeln verursache zusätzliche Kosten, die vor allem kleinere Unternehmen von grenzüberschreitenden Geschäften fern halte. Die unterschiedliche Regulierung bremse das Wachstum. „Deshalb unterstützt die SAP einen voll funktionsfähigen einheitlichen Markt für Cloud Computing mit hohem Datenschutzstandard - in Europa ebenso wie weltweit“, erklärte der noch bis Mitte 2014 amtierende SAP-Co-Chef.

Ein weiterer Hebel, um die IT-Branche in Europa zu stärken, sei die staatliche Förderung von Innovationen. „Dabei geht es nicht nur um Innovationen in der IT-Branche, sondern um IT als Grundlage für Innovation in allen Industrien“, ergänzte Snabe. Unternehmensgründungen in Europa müssten vereinfacht, und es müsse mehr in die Ausbildung investiert werden. „Das Silicon Valley in den USA ist klar ein Vorbild.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Du bist mir eine Marke! Der Erfolg von 130 Jahren Falke-Socken
14.03.2025

Franz-Peter Falke leitet das Familienunternehmen im Sauerland in vierter Generation. Zwischen Wahren der Tradition und Wappnen für die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Betriebsbedingte Kündigung: Was gilt für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?
14.03.2025

Die andauernde Wirtschaftskrise führt in Deutschland zu immer mehr Firmenpleiten und zunehmenden Stellenabbau bei Unternehmen. Damit...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla: Trump-Zölle könnten dem E-Autobauer schaden
14.03.2025

Tesla-Chef Elon Musk gilt als Trump-Unterstützer – doch sein Unternehmen schlägt Alarm. Die Strafzölle der US-Regierung könnten nicht...

DWN
Politik
Politik 100 Milliarden für Klimaschutz: Einigung zwischen Union, SPD und Grünen
14.03.2025

Ein Milliarden-Paket für Verteidigung und Infrastruktur sorgt für politische Bewegung. Nach zähen Verhandlungen haben Union, SPD und...

DWN
Politik
Politik BSW: neues Wahlergebnis zählt 4.277 Zweitstimmen mehr - trotzdem kein Einzug in den Bundestag
14.03.2025

Das BSW scheitert final am Einzug in den Bundestag: 0,02 Prozent fehlten! Während sich an der Sitzverteilung nichts mehr ändert, treten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Unser neues Magazin ist da: Gesund arbeiten und gesund leben? Die Balance auf der Kippe
14.03.2025

Unsere Arbeitswelt hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verändert. Digitalisierung, Globalisierung und die ständige...

DWN
Unternehmen
Unternehmen BMW-Aktie: Gewinn beim Hersteller BMW sackt ab - die ganz fetten Jahre sind vorbei
14.03.2025

Nach Jahren extremer Erträge geht es für die Autohersteller gerade abwärts. Doch selbst nach den aktuellen Einbrüchen verdienen...

DWN
Politik
Politik Grüne blockieren schwarz-rotes Finanzpaket – Streit um Europas Zukunft
14.03.2025

Die Grünen stellen sich gegen das Finanzpaket von Union und SPD. Fraktionschefin Katharina Dröge fordert, Verteidigungs- und...