Die Banken im Euroraum benötigen einer Studie zufolge hunderte Milliarden Euro zusätzliches Eigenkapital, um gegen Finanzkrisen gerüstet zu sein. Darunter befinden sich deutsche, italienische und französische Banken. Nicht auszuschließen ist, dass die Banken erneut die Hilfe ihrer Staaten benötigen.
Demnach müssen sich die Steuerzahler auf weitere Banken-Rettungen einstellen. Das Problem: Die Staaten sind selbst pleite - und können im Grunde überhaupt keine Banken mehr retten, schon gar nicht in dieser Größenordnung.
In Banken-Kreisen wird, wie die Deutschen Wirtschafts Nachrichten erfuhren, mit mindestens einer großen Banken-Pleite in Europa gerechnet - und zwar noch in diesem Jahr. Die Banken hätten zwar einige Risiken abwälzen können, doch Bilanz-Korrekturen, wie die EZB sie fordert, könnten nicht innerhalb dieser kurzen Zeit realisiert werden, heißt es in Frankfurt.
Nach einer Analyse von Sascha Steffen, Professor an der European School of Management and Technology (ESMT) in Berlin, fehlen deutschen, italienischen und französischen Banken rund 770 Milliarden Euro Eigenkapital, um bei Finanzkrisen zu bestehen.
Demnach wurden 109 der 124 Banken, deren Daten öffentlich verfügbar sind und die in Kürze unter Leitung der EZB einem Banken-Stresstest unterzogen werden, von Professor Steffen und seinem US-amerikanischen Kollegen Viral Acharya untersucht (hier).
Das Ergebnis fällt ernüchternd aus. Französische Banken weisen mit 285 Milliarden Euro die größten Kapitallücken auf. Dies sei sowohl an absoluten Werten wie auch am Bruttoinlandsprodukt gemessen, berichtet die Süddeutsche Zeitung.
Doch auch für deutsche Banken werden nach der Studie enorme Kapitalbedarfe in Höhe von 200 Milliarden Euro erwartet, hier insbesondere bei den Landesbanken, deren Bilanzen mit „überdurchschnittlichen“ vielen faulen Wertpapieren, insbesondere bei Schiffsfinanzierungen belastet seien.
In der Vergangenheit machte hierbei besonders die Landesbank HSH Nordbank von sich reden. Bereits 2009 hatte die HSH Kapitalspritzen von den Ländern erhalten und bis zu 30 Milliarden Euro aus dem Finanzmarktstabilisierungsfonds SoFFin (hier). Zur Lösung des Problems arbeiteten die für die HSH verantwortlichen Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein an einer Aufstockung des bereits bestehenden Garantierahmens um drei Milliarden Euro. Ursache waren vor allem die in der Vergangenheit ausgegebenen Kredite zur Finanzierung von Schiffen.
Dennoch sind noch bei weitem nicht alle Risiken in den deutschen Banken ausgemacht. Denn zur Frage der Risikobewertung der Bankbilanzen gehört beispielsweise bei der HSH Nordbank, dass 27 Milliarden Kredite für Schiffskredite ausgereicht wurden, ebenso bei der Commerzbank, die 18 Milliarden Euro und die Nord-LB, die ebenfalls 18 Milliarden Euro an Krediten für die krisengeschüttelten Reeder ausreichten (mehr dazu hier).
Die von Professor Steffen bekannt gemacht Studie besagt, dass sehr schwache Banken wie auf Zypern oder in Belgien und in den Niederlanden, wie auch spanische und italienische Banken weiterhin Kapitalhilfen ihrer Länder benötigen werden.
In Italien benötigt die Traditionsbank Monte dei Paschi derzeit dringend Kapital für ihre Sanierung. Eine Pleite würde das gesamte italienische Banken-System in Gefahr bringen. Die Bank hatte in den vergangenen zwei Jahren fast acht Milliarden Euro Verlust geschrieben. Die italienische Regierung stützt das Institut mit 4,1 Milliarden Euro. Darüber hinaus benötigt Monte dei Paschi derzeit eine Kapitalaufstockung von drei Milliarden Euro, (mehr dazu hier).
Professor Steffen rechnet damit, dass deutsche Banken mit bis zu 20 Prozent der benötigten Summen (ausgehend von 200 Milliarden Euro) vom Steuerzahler bezuschusst werden müssen.
Auch bestehe seiner Ansicht nach die Gefahr, dass vor allem Deutschland und Frankreich ihren Einfluss bei der EZB hinsichtlich der Ausgestaltung des Stresstests geltend machen werden, „um zu verhindern, dass die Schwächen der eigenen Banken bekannt werden". Hierbei bezieht sich Steffen auf den Fakt, dass die in den Bankenbilanzen vorhandenen Staatsanleihen bisher keinerlei Risikobewertung unterliegen.
Sowohl die EZB als auch die EU-Kommission schweigen sich über diese Frage noch immer aus. In den Bestimmungen der Bilanzierungsvorschriften werden Staatsanleihen als risikolos bewertet und müssen nicht mit Eigenkapital unterlegt werden, was Bundesbankpräsident Jens Weidmann seit längerem beanstandet und als „Illusion der Risikolosigkeit“ kritisiert.