Finanzen

Das Geheimnis der faulen Kredite: Die Enteignung Europas nimmt Fahrt auf

Die Enteignung Europas nimmt Fahrt auf: Der Hebel sind die faulen Kredite, die in Milliardenhöhe in den Bilanzen der Banken schlummern. Seit einiger Zeit boomt der Handel mit diesen Papieren. Das Ziel: Den säumigen Schuldnern werden die Assets abgenommen, die sie für die Kredite hinterlegt haben. Eine heimliche Verschiebung der Eigentums-Verhältnisse bei Immobilien und Unternehmen ist die Folge.
25.01.2014 00:30
Lesezeit: 3 min

Immer wieder ist von den „faulen Krediten“ die Rede, wenn über die Banken-Krise in Europa berichtet wird. Darunter versteht man Kredite, die nicht mehr ordnungsgemäß bedient werden. Für die Banken stellen diese Kredite theoretisch ein beträchtliches Risiko dar. Sie müssen im Hinblick auf ihre eigene Stabilität darauf achten, das Zeug aus den Büchern zu bekommen - weil sie sonst selbst in eine Schieflage geraten.

Daher versuchen Banken, diese faulen Papiere loszuwerden. Mitunter gründen die Staaten, die sich vor diesen Kredit-Risiken genauso fürchten müssen wie die Banken, eine Bad Bank: Die FSM Wertmanagement von der HRE ist so ein Zombie. Für die WestLB verwaltet ein Institut namens Portigon die faulen Kredite.

Man fragt sich unwillkürlich: Was geschieht eigentlich mit den faulen Krediten? Man kann sie ja nicht wie einen faulen Apfel wegwerfen.

Bei näherem Hinsehen zeigt sich: Faule Kredite werden auf eine ganz eigene Art entsorgt. Sie werden verkauft, meist an Hedge Fonds oder Schattenbanken. Diese in keiner Weise regulierten Unternehmen sehen sich die Kredite und vor allem die Schuldner an - und verwandeln die faulen Papiere in pures Geld.

Der Vorgang ist nichts anderes als eine knallharte Enteignung von zahlungsunfähigen Schuldnern. Denn hinter allen Kredite stehen Sicherheiten. Und diese schnappen sich die Banken, wenn ein Schuldner seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann.

Der Investmentfonds Cerberus Capital Management mit Sitz in New York kaufte unlängst der UniCredit ein Paket mit faulen Krediten im Wert von 950 Millionen Euro ab.

Das ist bei den europäischen Banken offenbar von großem Nutzen. Nach Angaben der italienischen Bankenvereinigung ABI betrugen die notleidenden Kredite in dem Land im Herbst letzten Jahrs 147,3 Milliarden Euro. Da das Land nur schwer aus der Rezession herauskommt, stehen vor allem kleine und mittlere Unternehmen unter Druck, weshalb die bei den Banken aufgenommenen Kredite nicht mehr oder nicht rechtzeitig bedient werden können.

Immer mehr Hedgefonds finden inzwischen Gefallen am Kauf notleidender Kredite, den sogenannten „Non Performing Loans“ (NPL). Denn diese sind offenbar sehr lukrativ.

NPL's gelten bei diesen Investoren als etablierte Anlageklasse. Je höher die Annahme, dass wenigstens ein Teil der faulen Kredite bezahlt werden, desto höher der Wert des Kreditpakets.

Für die Banken scheint es ein gutes Geschäft zu sein, denn so werden sie – insbesondere im Hinblick auf die bevorstehenden Bilanzprüfungen der EZB und dem folgenden Stresstest – die „notleidenden Kredite“ los.

Doch die Investmentbanker kaufen die faulen Kredite nicht aus reiner Nächstenliebe ab, oder um den europäischen Banken einen Gefallen zu tun.

Denn dabei werden von den Investmentbanken, die im Grunde nichts anderes sind als Schattenbanken, bevorzugt Immobilienkredite erworben. Im Kontext mit den Krediten, die an kleine oder mittlere Unternehmen vergeben wurden, stehen ja als Sicherheiten immer auch deren Immobilien für die Investmentbanken im Fokus, seien es Firmengrundstücke oder Firmengelände oder deren Privatimmobilien.

In letzter Zeit machte hier vor allem die Royal Bank of Scotland (RBS) von sich reden, die in Großbritannien vor allem Mittelständler in den Ruin trieben, um sich deren Grundstücke in das Immobilien-Imperium einzuverleiben.

Europa ist reif für eine Welle von fremdfinanzierten Übernahmen von faulen Krediten, um so an die heimischen Kreditnehmer heranzukommen, berichtete die Financial Times.

In so genannten „Loan-to-own“-Deals kaufen „Private Equity“- oder Hedgefonds-Anleger bestehende faule Bankkredite in Europa mit großen Rabatten zu ihrem Nennwert auf, um so ihre Schulden in Eigenkapital umzuwandeln. Denn in der Regel bedeutet der Kauf dieser faulen Krediten eine Bargeld-Injektion.

Viele US-Investoren, die während der Finanzkrise viel Geld verloren hatten, wie etwa die New Yorker Apollo Management und Oaktree Capital Management (eine US-amerikanische Investmentgesellschaft mit Sitz in Los Angeles) sammeln nun bei Anlegern Kapital ein, um in den „Loan-to-own“-Deal (also Schuldenankauf in Eigentum-Umwandlung) in Europa einzusteigen.

„In Europa kommt für uns richtig Freude auf“, sagte Viktor Khosla, Gründer und Chief Investment Officer der „Strategic Value Partners“ (SVP) mit Sitz in Greenwich, Connecticut.

Das ganze Geschäft erinnert an eine permanente Ringfinanzierung von einem Investmentfonds zum anderen, wobei der eine dem anderen die Schulden abkauft, um sich daran wiederum zu bereichern.

SVP übernahm im Jahr 2012 die Kontrolle über den deutschen Kunststoffhersteller Klöckner Pentaplast, nachdem die SVP der Investmentgesellschaft Blackstone Group deren Schulden abgekauft hatte. Diese sollen aus einem kombinierten Schuldennennwert von 400 Milliarden US-Dollar bestehen, woraus allein 75 Prozent aus Europa stammen sollen, wie die Financial Times berichtet.

Für die Staaten mit überschuldeten Banken bedeutet es die Möglichkeit, vor dem Stresstest die Schulden auf Schattenbanken abzuwälzen.

Diese wiederum haben dann Zugriff auf europäische Firmen und deren Immobilien, und zwar über die erworbenen „ownerships“, somit auf die Eigentumsrechte. Dadurch kommen sie in den Genuss der realen Assets (Werte). Sie können die Grundstücke und auch die Firmen nach Belieben weiterverkaufen oder andere Investmentfonds mit Gewinnen beteiligen.

Auch wenn Hedgefonds stets ihre eigenen Interessen verfolgen – wenn es leichte Beutel gibt, beteiligen sich im Rudel alle gemeinsam.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Börsenausblick 2025: Drohen jetzt heftige Kursbeben?
28.06.2025

Die Sommermonate bringen traditionell Unruhe an den Finanzmärkten. Mit Trump im Weißen Haus steigen die Risiken zusätzlich. Erfahren Sie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden für heiße Luft: Ex-OpenAI-Chefin kassiert ohne Produkt
28.06.2025

Ein Start-up ohne Produkt, eine Gründerin mit OpenAI-Vergangenheit – und Investoren, die Milliarden hinterherwerfen. Der KI-Hype kennt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Social Travel: Hostelworld will Facebook des Reisens werden – mit Milliardenpotenzial
28.06.2025

Hostelworld will nicht länger nur Betten vermitteln, sondern das führende soziale Netzwerk für Alleinreisende werden. Warum der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nvidia-Aktie mit Rekordhoch: Geht die Aufwärtsrally weiter?
27.06.2025

Trotz Handelskrieg und wachsender Konkurrenz feiert die Nvidia-Aktie ein Rekordhoch nach dem anderen. Experten sprechen von einer...

DWN
Politik
Politik Bas überzeugt, Klingbeil verliert Ansehen: SPD-Parteitag bestimmt neues Führungsduo
27.06.2025

Auf dem SPD-Parteitag wurde nicht nur gewählt, sondern auch abgerechnet. Während Bärbel Bas glänzt, kämpft Lars Klingbeil mit einem...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Neobroker Trade Republic: Wie ein Berliner Fintech den Kapitalmarkt für alle geöffnet hat
27.06.2025

Büroräume in Berlin-Kreuzberg, drei Gründer mit einer Vision und eine App, die Europas Sparer an die Börse gebracht hat: Trade Republic...

DWN
Politik
Politik Bundestag stellt Weichen neu: Familiennachzug vorerst gestoppt
27.06.2025

Der Bundestag hat den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte gestoppt – ein umstrittener Schritt in der deutschen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Occidental Petroleum-Aktie: Warren Buffett setzt auf US-Ölgiganten – Risiko oder Chance?
27.06.2025

Warren Buffett stockt seine Beteiligung an der Occidental Petroleum-Aktie weiter auf – während grüne Fonds schließen. DWN zeigt, was...