Politik

Berater der Bundesregierung fordert EZB zu offenem Rechtsbruch auf

Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung fordert, dass die EZB umfassend Staatsanleihen aller Länder der Euro-Zone aufkaufen soll, um die Wirtschaft anzukurbeln. Dies wäre eine offener Rechtsbruch, sagt das Bundesverfassungsgericht.
10.03.2014 13:30
Lesezeit: 2 min

In einem Gastbeitrag für die Welt hat der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) die EZB aufgefordert, unverzüglich mit der monetären Staatsfinanzierung zu beginnen. Fratzscher will, dass die EZB Staatsanleihen aufkauft (OMT-Programm).

Der IWF hatte kürzlich vor einer Deflation gewarnt: Fratzscher schreibt, dass diese Warnung Anlass zur Sorge gäbe.

Marcel Fratzscher, der früher einmal für die Weltbank gearbeitet hat, schreibt, dass die „EZB nun eine Geldpolitik der quantitativen Lockerung in Betracht ziehen“ solle:

„Solch ein Programm könnte einen Ankauf von Staatsanleihen und privaten Anleihen aller Länder der Euro-Zone beinhalten. Denkbar wären monatlich 60 Milliarden Euro, für die die EZB, gemäß dem Kapitalschlüssel der Euro-Mitgliedsländer, Papiere auf dem Sekundärmarkt aufkauft. ..Das Programm könnte zudem das Versprechen beinhalten, diese Ankäufe so lange fortzuführen, bis sich die Finanzierungsbedingungen in der Euro-Zone normalisiert haben und die Inflationsrate wieder konsistent mit dem Mandat der EZB ist.“

Fratzscher verweist auf Japan und will als Beleg für seine Forderung die Tatsache anführen, „wie schmerzhaft ein solches Szenario sein kann“.

Gerade Japan hat allerdings bewiesen, dass das massive Geld-Drucken eine Deflation nicht stoppen kann. Es macht sie nur schlimmer, weil die Ursachen nicht bekämpft werden und Betriebe, die die Wettbewerbsfähigkeit verloren haben, unnötig länger künstlich am Leben gehalten werden und damit den Weg für echte Innovationen und Wettbewerb blockieren. Das unbegrenzte Gelddrucken führt zu einer Deflation - die deswegen ein Problem ist, weil die Zentralbanken nicht mehr wissen, wie sie sie stoppen sollen.

Das Vernünftigste ist, wenn sich die Zentralbanken aus dem unbegrenzten Schulden-Finanzieren der Staaten heraushalten. Dies zeigt eindrucksvoll die Erfolgsgeschichte der Deutschen Bundesbank, die sich im damaligen Europäischen Währungssystem (EWS) erfolgreich gegen die Schuldenpolitiker in Bonn und gegen die Abwertungs-Fetischisten in Rom und Paris durchgesetzt hatte.

Tatsächlich ruft der Wirtschaftsberater die Bundesregierung zum offenen Rechtsbruch auf: Der Verfassungsrechtler Christoph Degenhart hat in seiner Bewertung der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgericht zu den von Fratzscher nun gefordertem OMT-Programm „klar gesagt, dass das OMT-Programm für Deutschland nicht in Frage kommt“. Die „Bundesregierung ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass dieses Programm nicht zum Einsatz kommt“.

Karlsruhe hatte in seiner Entscheidung festgehalten, dass das OMT-Programm, wie es von Draghi verkündet wurde, den Europäischen Verträgen widerspreche (mehr zu den klaren Worten aus Karlsruhe hier).

Fratzscher ist sich des Problems bewusst, räumt jedoch dem Recht offenbar eine untergeordnete Rolle ein. Er schreibt:

„Ein solches Ankaufprogramm würde bei Unternehmen und auf den Finanzmärkten Europas auf große Zustimmung stoßen. Es würde aber sicherlich Ablehnung bei denen hervorrufen, die im angekündigten OMT-Programm der EZB einen Verstoß gegen das Verbot der monetären Staatsfinanzierung sehen.“

Fratzscher ist Mitglied des Beirats des Bundesministeriums der Wirtschaft. Als solcher müsste er wissen: Es gab einmal eine Zeit, in der die Demokratie noch funktionierte - weil nämlich das Recht auch dann Geltung hatte, wenn der Rechtsbruch „auf große Zustimmung“ von Interessensgruppen gestoßen war.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Datensammeln ohne Richtung: Warum der falsche Analyst Ihrem Unternehmen schadet
31.05.2025

Viele Unternehmen sammeln Daten – doch ohne den richtigen Analysten bleiben sie blind. Wer falsche Experten einsetzt, riskiert...

DWN
Panorama
Panorama Umfrage: Vielen Bädern fehlt das Personal
31.05.2025

Viele Bäder in Deutschland haben laut einer Umfrage mit Personalengpässen zu kämpfen. So hatten 38 Prozent der befragten Hallen- und...