Politik

Ratlos in der Schulden-Krise: Politiker in Ost und West lechzen nach Krieg

Die USA und die EU wollen die russischen Banken, den Energiesektor und den Bergbau mit Sanktionen belegen. Die Politiker lechzen nach Krieg, weil sie von dem träumen, was Putin schon hat: Eine Staatswirtschaft, die springt, wenn im Betonklotz von Brüssel einer pfeift. Einen heißen Krieg können sich die Pleite-Staaten nicht mehr leisten. Daher nehmen sie die Wirtschaft als Geisel.
12.04.2014 00:09
Lesezeit: 4 min

Im Grunde ist es absurd: Politiker, die ihr Leben lang nie im realen Leben gearbeitet haben, sondern ausschließlich auf Kosten der Steuerzahler leben, befleißigen sich einer Kriegsrhetorik, als wären sie die Herren der Welt. Die USA haben weitere "Sanktionen" gegen Russen verhängt. Sie betreffen sieben Krim-Bürger und das Gasunternehmen Tschernomorneftegas mit Sitz auf der Halbinsel, wie das Finanzministerium in Washington am Freitag mitteilte. Die US-Regierung unterstrich damit, dass sie im Vorfeld eines angedachten Krisentreffens zwischen hochrangigen Vertretern der USA, Russlands, der Ukraine und der Europäischen Union in der kommenden Woche in Genf eine "härtere Gangart" einschlagen will.

Ob sich diese Personen etwas zuschulden haben kommen lassen, ist völlig unerheblich. Russische Bürger werden in Sippenhaft genommen, Rechtsfragen spielen keine Rolle (mehr dazu hier).

Präsident Barack Obama hatte zuvor bereits in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel empfohlen, auf eine weitere Eskalation der Krise mit zusätzlichen Strafmaßnahmen zu reagieren. Falls die Russen in der Ostukraine einmarschieren, dann werde man weitere russischen Banken, Energierunternehmen und Bergbaubetriebe isolieren. Der EUObserver berichtet, dass die Russen vom Handel in den Rohstoffmärkten ausgeschlossen werden könnten, dass die EU-Unternehmen gezwungen werden sollen, den russischen Öl-Firmen die Serviceverträge aufzukündigen. Der Maßnahmenplan wird von der Irin Catherine Day koordiniert. Bei einer Wirtschaftsveranstaltung in Berlin machte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier der deutschen Wirtschaft Vorwürfe, dass sie sich zu gut mit den Russen verstehe. Mit dem anwesenden russischen Vizeaußenminister sprach Steinmeier kein Wort.

Hier wird klar, worum es geht: Die Politik hat sich mit dem Schuldenmachen überhoben und sucht nun neue Betätigungsfelder, um die Bürger in die Irre zu führen: Ein Wirtschaftskrieg kommt den Regierungen in allen Staaten sehr gelegen. Ein Krieg der Worte ist noch besser - weil er vermeintlich gar nichts kostet.

Denn einen heißen Krieg können sie sich nicht leisten, weil sie alle pleite sind. Der nächstliegende Gedanke wäre nämlich: Wenn Barroso, Obama und Merkel die Russen als Gefahr für Europa halten, dann müssen sie die Nato gegen die Russen losschicken. Eine Armee ist der Arm der Politik, weil der Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln ist.

Warum marschieren die Nato-Elitetruppen nicht auf, um die Russen in die Schranken zu weisen? Wenn ein russischer Angriff so gefährlich ist, dann reichen 12 lächerliche Nato-Jets nicht über dem Luftraum des Baltikums.

Doch nichts dergleichen geschieht.

Stattdessen diskutiert die EU die furchterregende Maßnahme, ihre Schwarze Liste für missliebige Russen von 33 auf 100 Personen zu erhöhen.

Buhuu! Das wird Putin sich aber gewaltig fürchten.

Doch statt eine seriöse militärische Option zu ziehen, greifen die Politiker der Wirtschaft in die Räder: Es wird Hass gesät, begleitet vom stumpfsinnigen Getrommel der Staatsmedien. Claus Kleber wird demnächst mit hysterischer Betroffenheit beklagen, dass Volkswagen seine Autos immer noch in Russland verkauft und sich damit unpatriotisch verhält.

Die Kriegsrhetorik um die Ukraine ist ein Bluff: Denn die einzigen, die außer der Rüstungsindustrie vom Wirtschaftskrieg, profitieren, sind die Regierungen. Sie wollen ihren Einfluss auf die eigene Wirtschaft stärken. Man kann förmlich sehen, wie Bürokraten vom Format eines Barroso oder Van Rompuy sich aufplustern in der Vorstellung: Ich befehle, und die CEOs von Siemens, VW und Deutscher Bank gehorchen! Auch Merkel glaubt, dass man die Wirtschaft mit Gängelband und Unterwanderung durch Ex-Politiker am besten steuern kann. Sigmar Gabriel hat als ehemaliger VW-Lobbyist die korrumpierende Symbiose zwischen Politik und Wirtschaft am eigenen Leib erfahren. Er weiß, wo der Rubel rollt. Die SPD ist zornig über Gerhard Schröder, weil der jetzt bei Gazprom abcasht. Welche Heuchelei der Agenda-2010-Partei!

Auch Putin kann das Getöse nützen: Mit wenig Aufwand kann er sich als starker Mann profilieren. Der Geheimdienst-Mann als Super-Bluffer. Ganz nebenbei kann Putin intern Kritiker beseitigen. Im Vorkriegs-Zustand kann das "nationale Interesse"  für jede Zensur-Maßnahme in Stellung gebracht werden.

Die Bürokraten in Berlin, Washington und Brüssel lechzen nach Krieg, weil sie Putin heimlich bewundern: Der Russe kann seinem Gas-Konzern Gazprom direkt befehlen, was er zu tun hat. Die Wirtschaft als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln – davon träumen die von ihrem eigenen Lobbyismus schon völlig vernebelten Granden auf allen Ebenen, wo Politik sich in die Wirtschaft einmischt. Barroso, Merkel und Obama sind Phantasten des Zentralstaats: Sie wollen den Zugriff auf die freie Wirtschaft, weil ihnen die Schulden über den Kopf wachsen.

In diesen Zusammenhang passt auch das Ankaufprogramm der EZB: Sie soll weiter Geld in den Markt pumpen, und nun als nächstes möglichst viele Unternehmen in die Schuldenknechtschaft treiben. Am Ende, wenn die Unternehmen kollabieren, wird der Staat sie „retten“. Die Blaupause, wie das geht, haben wir bei der britischen Staatsbank Royal Bank of Scotland gesehen (mehr zu dieser brutalen Enteignungsmaschine – hier).

Auch der Angriff gegen Zypern erscheint vor dem neuen Kriegs-Geheul in einem neuen Licht: Heute wird klar, dass es damals nicht gegen die Zyprioten gegangen ist, sondern gegen die Russen: Die Auslöschung des Finanzplatzes Zypern war ein politischer Coup, der vor allem dazu gedient hat, die Steueroase Luxemburg zu stärken. EU und USA wollten einen ersten Nadelstich gegen Putin setzen, um zu testen, wie der russische Bär reagiert. Er nahm die Aggression damals erstaunlich gelassen (mehr hier). Doch nach dem Assoziierungs-Abkommen mit der Ukraine, bei der die Russen bewusst ignoriert worden waren, reichte es Putin.

Auch kurzfristig profitieren vor allem die Vertreter des technokratischen Zentralismus: Die USA können die EU unter das Freihandelsabkommen TTIP zwingen. Die etablierten Eliten in der EU wollen um jeden Preis verhindern, dass die Euro-Skeptiker die Mehrheit im EU-Parlament übernehmen. Daher haben sei auch solch ein gewaltiges Theater um die Neuverschuldung Griechenlands gemacht (hier). Ein Krieg gegen die Russen schweißt nicht nur die Amerikaner und die EU-Technokraten aneinander, sondern auch die europäischen Schuldenpolitiker.

Und Putin ist ein Gefangener seiner eigenen Staatswirtschaft: Er muss den Konzernen wie Gazprom „helfen“, denn er ist der Eigentümer.

Wolfgang Schäuble sagte, dass die EU eine Krise brauche, um zu dem zu werden, was er möchte.

In dieser Hinsicht befinden wir uns wieder einmal auf einem guten Weg.

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