Die Regierung in Kiew hat den pro-russischen Separatisten im Osten der Ukraine ein Ultimatum gestellt. Sie gab ihnen bis Montagfrüh (08.00 Uhr MESZ) Zeit, ihre Waffen abzugeben und die besetzten Gebäude zu verlassen. Anderenfalls müssten sie mit einem großangelegten "Anti-Terror-Einsatz" rechnen, an dem sich auch das Militär beteiligen werde, drohte Übergangspräsident Alexander Turtschinow am Sonntagabend. Russlands Außenminister Sergej Lawrow reagierte empört. Die Mobilisierung der Armee sei ein "krimineller Befehl", erklärte er. "Der Westen hat jetzt die Verantwortung, einen Bürgerkrieg in der Ukraine zu verhindern." Auf Antrag Russlands berief der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nach Angaben eines Diplomaten eine Krisensitzung noch für die Nacht zum Montag ein.
Separatisten hatten in den vergangenen Tagen in mehreren ostukrainischen Städten Verwaltungs- und Polizeigebäude besetzt und Straßensperren errichtet. In Slawjansk versuchte die ukrainische Regierung daraufhin am Sonntag erstmals mit Gewalt, die Lage wieder unter Kontrolle zu bringen. Dabei wurde nach Angaben von Innenminister Arsen Awakow ein ukrainischer Sicherheitsbeamter getötet, fünf weitere ukrainische Security-Leute sollen verletzt worden sein. Auf Seiten der Separatisten starb laut einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur RIA ein Mensch bei Kämpfen mit Kräften, die der Regierung in Kiew loyal gesinnt seien. Die Separatisten fordern eine Abspaltung der russisch geprägten östlichen Ukraine.
Turtschinow warf Russland vor, hinter den Aufständen im Osten des Landes zu stecken. "Wir werden Russland nicht erlauben, das Krim-Szenario in den östlichen Regionen der Ukraine zu wiederholen." Die Regierung in Kiew und der Westen befürchten, Russland könnte sich nach der Halbinsel Krim auch andere Teile des ehemaligen Sowjetstaates eingliedern wollen. Lawrow hat dem allerdings widersprochen. Russland hat nach Nato-Angaben inzwischen 40.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen.
Die UN-Botschafterin der USA, Samantha Power sagte dem Sender ABC, die jüngsten Ereignisse in der Ost-Ukraine deuteten auf eine Verwicklung der Regierung in Moskau. Sie drohte mit weiteren Sanktionen. Präsident Barack Obama habe klar gemacht, dass abhängig vom Verhalten Russlands Strafmaßnahmen in den Bereichen Energie, Banken und Bergbau auf den Tisch kommen könnten. "Und es gibt viel, was dazwischen liegt."
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier warnte unterdessen vor zu hohen Erwartungen an ein für Donnerstag geplantes Krisentreffen von Vertretern Russlands, der Ukraine, der EU und der USA. Er erwarte nicht mehr von der Konferenz als eine Verständigung auf einen Arbeitsplan. Für die vier Seiten gehe es darum, die Zuspitzung der Lage zu verhindern, zur Deeskalation sowie zur politischen und wirtschaftlichen Stabilität der Ukraine beizutragen. Er hoffe, dass es auf dem Weg dahin keine größeren Störungen gebe, "die dieses Format wieder auseinanderfliegen lassen".
Steinmeier nannte die Lage in der Ukraine hochgefährlich. Er hoffe, dass die Räumung der von pro-russischen Demonstranten besetzten Gebäude in der Ost-Ukraine die Wahrscheinlichkeit eines Eingreifens Moskaus nicht erhöht habe. Lawrow hatte gewarnt, eine Anwendung von Gewalt gegen die russischsprachige Bevölkerung in der Ukraine gefährde das Genfer Krisentreffen.