Finanzen

Negativ-Zinsen: Draghi-Politik bestraft gut geführte Unternehmen

Lesezeit: 2 min
30.08.2014 00:08
Mario Draghis Zinspolitik bestraft künftig auch gut wirtschaftende Unternehmen: Weil der „Eonia-Zinssatz“ in den Negativ-Bereich gefallen ist, müssen Unternehmen Banken, denen sie Cash als Sicherheit zur Verfügung stellen, sogar noch dafür Geld bezahlen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Infolge der der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank ist zum ersten Mal in der Geschichte der Zinssatz „Eonia“ in den Negativ-Bereich abgerutscht. Dies ist vor allem auf den anhaltenden Zinsverfall bei anderen Geldanlagemöglichkeiten erstklassiger Bonität zurückzuführen, meldet das Magzin Finance.

Die EZB-Politik bringt nun Unternehmen in Bedrängnis, die erstklassig wirtschaften und nicht auf eine permanente Schuldenpolitik angewiesen sind.

Finance schreibt:

„Der Fall des Eonia unter die Null-Prozent-Marke hat auch für CFOs und Treasurer handfeste Folgen. Für gewöhnlich werden Gelder, die im Rahmen von Sicherungsgeschäften als Cash Collateral bei Banken hinterlegt werden, von diesen mit dem aktuellen Eonia-Zinssatz verzinst. Jetzt, da dieser negativ ist, müssen Unternehmen Banken, denen sie Cash als Sicherheit zur Verfügung stellen, sogar noch dafür Geld bezahlen. FINANCE-Informationen zufolge hat die heutige Entwicklung in einigen Finanzabteilungen größerer Unternehmen bereits Betriebsamkeit ausgelöst: Treasurer und CFOs versuchen mit ihren Banken zu klären, wie mit der neuen Situation umzugehen ist.“

Der Eonia-Zinssatz (Euro OverNight Index Average) ist der Zinssatz, zu dem auf dem Interbankenmarkt im Euro-Raum unbesicherte Ausleihungen in Euro von einem Taregt-Tag auf den nächsten gewährt werden.

Das für kurzfristige Geschäfte zwischen Banken wichtige Barometer notierte am Donnerstagabend mit minus 0,004 Prozent so niedrig wie noch nie. Noch am Mittwoch hatte der Eonia bei plus 0,011 Prozent gelegen, somit also hauchdünn im positiven Bereich.

Ein negativer Eonia-Zinssatz bedeutet nun, dass Banken und Unternehmen, die anderen Kreditinstituten Kapital zur Verfügung stellen wollen, dafür nun bezahlen müssen. Im umgekehrten Fall muss eine Bank, die kurzfristig Geld von einer anderen Bank anfordert, erstmals keine Zinsen bezahlt. Sie käme damit quasi günstiger an eine Ausleihe.

Dabei sei die rechtliche Grundlage nicht ganz eindeutig: Auf der einen Seite gelte für Kreditgeschäfte in der Regel, dass der Zinssatz maximal auf Null sinken, sich der Zahlungsstrom zwischen Schuldner und Gläubiger aber nicht umkehren dürfe, wie das Finance-Magazin ausführt.

„Am Derivatemarkt hingegen“, so berichtet das Magazin weiter, „ist es gängige Praxis, dass sich Zahlungsströme durchaus umdrehen, sobald sich das Vorzeichen beim Zinssatz ändert. Es ist davon auszugehen, dass mit Blick auf die nächsten Tage die meisten Banken ihren Firmenkunden gegenüber kulant sein werden. Doch wenn der Eonia für längere Zeit negativ bleiben sollte, dürften in den nächsten Wochen vielerorts intensive Gespräche zwischen Banken und Industriekonzernen anstehen“.

Der Eonia ist seit der Entscheidung der EZB, Geschäftsbanken mit einem Strafzins zu belegen, wenn sie Kapital bei der EZB parken, abgesackt. Mit dieser Maßnahme wollte die EZB die Geschäftsbanken dazu veranlassen, mehr Geld an Unternehmen und Verbraucher zu verleihen. Damit sollte die Wirtschaft vor allem in den Krisenstaaten der Peripherie belebt werden.

Indessen wurde bekannt, dass die derzeitige Inflationsrate im Euroraum im August bei 0,3 Prozent lag. Dies könnte dazu führen, dass die EZB auch weiterhin ihre Geldpolitik lockern wird.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Tiefpunkt der Brandenburger Politik: Ministerin entlassen - Minister tritt zurück
23.11.2024

Machtprobe im Streit um die Klinikreform: Regierungschef Dietmar Woidke entlässt in der Bundesratssitzung die grüne Gesundheitsministerin...

DWN
Politik
Politik Rocketman: Putin kündigt Serienproduktion neuer Mittelstreckenwaffe an
23.11.2024

Der Westen verurteilt den Einsatz der neuen russischen Mittelstreckenrakete gegen die Ukraine als neuerliche Eskalation - Moskau feiert...

DWN
Politik
Politik Rentenversicherung vor Engpässen: DRV fordert Maßnahmen zur Stabilisierung
23.11.2024

Die Deutsche Rentenversicherung warnt vor einer möglichen Finanzierungslücke bis 2027. Trotz stabiler Einnahmen erfordert die Rentenkasse...

DWN
Politik
Politik Streit ums liebe Geld: UN-Klimagipfel geht in die Verlängerung
22.11.2024

Milliarden für den Klimaschutz – doch wie weit sind die Staaten wirklich bereit zu gehen? Auf der UN-Klimakonferenz in Baku entbrannte...

DWN
Politik
Politik Netanjahu Haftbefehl: Deutschland und die rechtliche Zwickmühle
22.11.2024

Der Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu erschüttert die internationale Bühne. Deutschland sieht sich in einem schwierigen Spagat:...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch kürzt 5.550 Stellen - 3.800 davon in Deutschland
22.11.2024

Bosch steht vor massiven Einschnitten: Bis zu 5.550 Stellen sollen wegfallen, davon allein 3.800 in Deutschland. Die Krise in der...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-Prognose 2025: Nach Kurskorrektur steigt der Goldpreis aktuell - wohin geht die Reise?
22.11.2024

Der Goldpreis steht derzeit im Fokus von Anlegern und Edelmetallexperten. Gerade in unsicheren Zeiten wollen viele Investoren Gold kaufen,...

DWN
Politik
Politik Iranisches Atomprogramm: Teheran will mehr Uran anreichern
22.11.2024

Droht der Iran dem Westen mit neuen Atomwaffen? Die IAEA warnt, Teheran wehrt sich – und eskaliert die Urananreicherung. Jetzt könnten...