Finanzen

Kapital-Kontrollen sorgen für Bitcoin-Boom in Venezuela

In Venezuela startet die erste Bitcoin-Börse. Mit Bitcoin können die Venezolaner die bestehenden Kapital-Kontrollen umgehen und weltweit Geld überweisen und empfangen. Außerdem lohnt sich in Venezuela das Bitcoin-Mining, denn der Strompreis ist staatlich subventioniert.
10.10.2014 02:25
Lesezeit: 2 min

Diese Woche startet in Venezuela die erste Bitcoin-Börse. Sie soll Käufer und Verkäufer der Internet-Währung zusammenbringen. Mithilfe von Bitcoin können die Bürger die bestehenden Kapital-Kontrollen in Venezuela umgehen.

Auch wenn Bitcoin sehr volatil ist, ist es immer noch sicherer als die nationale Währung“, zitiert Reuters Kevin Charles. Der Bitcoin-Preis ist am Sonntag vorübergehend auf unter 230 Euro eingebrochen. Noch im Juli waren Bitcoin mehr als doppelt so teuer.

Doch auch Venezuelas eigene Währung, der Bolivar, ist im vergangenen Jahr auf dem Schwarzmarkt um 60 Prozent gegenüber dem Dollar gefallen. Und der starke Wertverlust der Landeswährung hält an.

Kevin Charles hat zusammen mit seinem Bruder Victor die erste Bitcoin-Börse für Venezuela mit dem Namen SurBitcoin aufgebaut. Die Brüder leben heute in New York. Kevin ist 22 Jahre alt und hat gerade seinen Abschluss in Wirtschaft an der Colombia University gemacht.

Derzeit nutzen in Venezuela hunderte Bitcoin-Fans Internetforen und soziale Medien, um Bitcoin untereinander zu handeln. Mithilfe der Internet-Währung können sie die Kapital-Kontrollen des Landes umgehen und Dollar kaufen oder im Internet einkaufen.

Vor einem Jahrzehnt führte der damalige Präsident Hugo Chavez Kapital-Kontrollen ein. Seitdem können ausländische Währungen wie den Dollar nur von der Regierung erworben werden, die allerdings die hohe Nachfrage nicht bedienen kann. Die Alternative ist der Schwarzmarkt, wo man jedoch 16 Mal mehr für einen Dollar zahlen muss.

Präsident Nicolas Maduro hat die Schwarzmarkt-Händler wiederholt verurteilt. Seiner Ansicht nach sind sie Teil eines „wirtschaftlichen Krieges“ gegen seine Regierung und der Grund für Inflation und Knappheit im Land. Zu Bitcoin haben sich bisher weder Maduro selbst noch seine Regierung geäußert. Dieser Umstand hat einen grauen Markt für Bitcoin geschaffen.

„Bitcoin ist eine Möglichkeit, gegen das System zu rebellieren“, sagte ein Bitcoin-Händler, der 32-jährige in Caracas ansässige Software-Entwickler John Villar.

Villar entdeckte den Nutzen von Bitcoin, als er bei Amazon einen Handy-Akku für 10 Dollar kaufen wollte. Aufgrund der Kapital-Kontrollen konnte er nicht mit Dollar bezahlen. Also kaufte er mit der lokalen Währung von einem Freund Bitcoin. Mit den Bitcoin kaufte er beim Portal gyft.com einen Amazon-Geschenkgutschein, mit dem er dann bei Amazon den Akku kaufen konnte.

Wie der Software-Entwickler Villar senden viele venezolanische Bitcoin-Käufer ihre Bitcoin sofort ins Ausland, um dort Dollar zu erwerben. Eine der Schwierigkeiten der neuen Online-Börse besteht also darin, ein ausreichendes Angebot an Bitcoin zu finden.

Eine mögliche Antwort besteht darin, dass Auswanderer Bitcoin an ihre Angehörigen in Venezuela schicken, die sie dann auf der Online-Börse SurBitcoin für Bolivar eintauschen. Denn Überweisungen in Bitcoin bieten massive Vorteile gegenüber herkömmlichen Auslandsüberweisungen. Sie sind praktisch kostenlos. Zudem benötigt man kein Bankkonto, sondern lediglich einen Internetanschluss.

Eine weitere Möglichkeit, wie Venezolaner an Bitcoin gelangen können, ist das sogenannte Mining. Dies ist der Prozess, worin Computer neue Bitcoin erzeugen, indem sie komplexe Rechenaufgaben lösen. Derzeit existieren rund 13,4 Millionen Bitcoin mit einem Marktwert von circa 4 Milliarden Euro. Die maximale Geldmenge ist auf 21 Millionen Bitcoin festgelegt.

Zum Betrieb von Mining-Computern benötigt man eine Menge Strom. Dies ist ein Standortvorteil für die Venezolaner. Denn im Vergleich zu anderen Ländern zahlen sie nur einen Bruchteil der Strompreises. Der Grund dafür sind die staatlichen Strom-Subventionen.

Reuters berichtet von einem Bitcoin-Miner in Caracas. In seiner stark klimatisierten Wohnung hat er eine spezielle Mining-Ausrüstung im Wert von mehreren tausend Dollar. Er will anonym bleiben, aus Furcht, bestohlen zu werden. Er sagt: „In Venezuela haben wir ein Goldfieber: ein Bitcoin-Fieber!“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt "Aufstehen, hingehen, machen": Thomas Hintsche verkauft seit 30 Jahren gegrillte Würstchen auf dem Markt
08.08.2025

Seit 30 Jahren verkauft Thomas Hintsche Bratwurst, Steak, Buletten und mehr auf dem Markt. Seine Grillskills hat er perfektioniert, kennt...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis bleibt stabil: USA verhängen Zölle auf Goldimporte – Schweiz im Fokus
08.08.2025

US-Zölle auf Goldimporte versetzen den Markt in Aufruhr. Besonders die Schweiz könnte hart getroffen werden. Während der Goldpreis in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kreditprogramme für den Mittelstand: Neue KfW-Digitalförderung für KMU, Kritik an „Made for Germany“
08.08.2025

Zwei neue KfW-Kreditprogramme unterstützen KMU seit Juli gezielt bei Digitalisierung und Innovation. Unterdessen sorgt die fehlende...

DWN
Finanzen
Finanzen Munich Re-Aktie fällt: Rückversicherer spürt Preisdruck trotz Rekordgewinn
08.08.2025

Die Munich Re-Aktie erlebt nach einem Rekordgewinn überraschend Gegenwind. Trotz starker Halbjahreszahlen dämpfen sinkende Preise und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verhandeln lernen: Mit Strategie zum Erfolg – jeder kann es mit den richtigen Methoden
08.08.2025

Erfolgreich verhandeln kann jeder – mit den richtigen Methoden. Erfahren Sie, wie Sie mit Strategie, Künstlicher Intelligenz und...

DWN
Finanzen
Finanzen Bechtle-Aktie hebt ab: Starker Quartalsverlauf beflügelt Anleger
08.08.2025

Die Bechtle-Aktie überrascht Anleger im Börsenhandel am Freitag mit einem kräftigen Kurssprung. Nach Monaten der Flaute deutet vieles...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo: Auftragsmangel hemmt deutsche Wirtschaft weiterhin
08.08.2025

Das Ifo-Institut meldet: Der Auftragsmangel bleibt eine Bremse für die deutsche Wirtschaft. Trotz vereinzelter Lichtblicke in einigen...

DWN
Finanzen
Finanzen Novo Nordisk-Aktie: Ist der Krisenmodus vorbei? Neuer CEO Doustdar will Vertrauen zurückgewinnen
08.08.2025

Die Novo Nordisk-Aktie braucht neue Impulse, um Wachstum und Anlegervertrauen zurückzugewinnen. „Dass ich anders bin, ist die halbe...