Technologie

Elektroschrott: Europa sitzt auf Millionen Tonnen wertvoller Rohstoffe

Europa produziert jährlich über 10 Millionen Tonnen Elektroschrott – doch der Großteil bleibt ungenutzt. In alten Handys, Laptops und Haushaltsgeräten stecken Rohstoffe im Wert von Milliarden Euro, die bislang oft verloren gehen. Was tun?
19.10.2025 14:32
Lesezeit: 3 min
Elektroschrott: Europa sitzt auf Millionen Tonnen wertvoller Rohstoffe
Ein defekter öffentlicher Fernsprecher steht am Rande des Weges. Darin harren wertvolle Rohstoffe ihrer nächsten Nutzung. Die Telekom hat ihre letzten 12.000 öffentlichen Telefone schon im Januar 2023 abgeschaltet, aber noch immer nicht alle abgebaut. (Foto: dpa) Foto: Federico Gambarini

Wie sich aus Elektroschrott mehr herausholen lässt

Über 10 Millionen Tonnen Elektroschrott fallen jährlich in Europa an. Warum darin ein großes Potenzial steckt und was jeder Haushalt beitragen kann.

Elektroschrott: Rohstoffe warten auf Rückgewinnung

Ausgediente Handys, Laptops, Kabel und Haushaltsgeräte: In Elektroschrott steckt noch viel Potenzial, Rohstoffe zurückzugewinnen. Insgesamt erzeugten Haushalte und Unternehmen in der EU, Großbritannien, Island, Norwegen und der Schweiz 2022 einem Report zufolge rund 10,7 Millionen Tonnen Elektroschrott – rund 20 Kilogramm pro Einwohner.

Grob zehn Prozent davon sind kritische Rohstoffe – diese sind wirtschaftlich sehr wichtig, doch ein hohes Risiko für Versorgungsengpässe besteht. Die Zahlen stammen aus einem Bericht, dessen Daten das EU-finanzierte Projekt FutuRaM zum Internationalen Tag des Elektroschrotts, der jährlich am 14. Oktober stattfindet, veröffentlichte.

In dem Elektroschrott stecken demnach unter anderem 29 kritische Rohstoffe mit einem Gesamtgewicht von rund einer Million Tonnen. Davon seien jedoch nur rund 400.000 Tonnen zurückgewonnen worden.

Rückgewinnung im Jahr 2022

Der Bericht zeigt auf, was im Jahr 2022 an kritischen Rohstoffen wiedergewonnen wurde: rund 162.000 Tonnen Kupfer, 207.000 Tonnen Aluminium, 12.000 Tonnen Silizium, 1000 Tonnen Wolfram und zwei Tonnen Palladium. Doch selbst bei Recyclingverfahren nach EU-Regeln gingen etwa 100.000 Tonnen kritischer Rohstoffe verloren, überwiegend Seltene-Erden-Metalle, die sich nur schwer voneinander trennen lassen.

«Europa ist bei der Beschaffung kritischer Rohstoffe zu über 90 Prozent auf Drittländer angewiesen, doch einige der Rohstoffe recyceln wir nur zu einem Prozent», wird EU-Umweltkommissarin Jessika Roswall in einer Mitteilung des internationalen Verbands WEEE Forum zitiert, der den Elektroschrott-Tag organisiert und 50 Mitgliedsorganisationen hat. WEEE steht für Waste Electrical and Electronic Equipment (Abfall aus elektrischen und elektronischen Geräten).

Problematische Entsorgung

Insgesamt sind dem Report zufolge 46 Prozent des gesamten Elektroschrotts nicht nach den Vorgaben der EU-Regulierungen entsorgt worden. Von diesen rund fünf Millionen Tonnen Elektroschrott waren 3,3 Millionen mit anderem Metallschrott vermischt, sodass sie höchstens teilweise zurückgewonnen werden können. 700.000 Tonnen wurden mit anderen Abfällen deponiert oder verbrannt, 400.000 Tonnen zur Wiederverwertung exportiert.

Die EU-Gesetzgebung versucht, die Recyclingquote zu erhöhen, indem sie bequeme Rückgabemöglichkeiten schafft, die Recyclingkapazitäten erweitert und politische Instrumente, wie Ökodesign-Anforderungen oder Vorschriften zu Reparaturfähigkeit und Haltbarkeit, einsetzt.

Elektroschrott als Ressource

«Europas Elektroschrott ist kein Müll, sondern eine milliardenschwere Ressource, die darauf wartet, erschlossen zu werden», betonte der Seniorautor des Berichts, Cornelis Peter Baldé vom Programm «Nachhaltige Kreisläufe» des UN-Instituts für Training und Forschung (Unitar-Scycle).

So ist Palladium laut WEEE Forum bis zu 30.000 US-Dollar (rund 26.000 Euro) pro Kilogramm wert, weshalb eine kleine Verbesserung der Rückgewinnung bereits hunderte Millionen wert sein könne. Im Hinblick auf alle kritischen Rohstoffe ergänzte Baldé: «Jedes Kilogramm, das wir zurückgewinnen, und jedes Gerät, das wir reparieren, stärkt unsere Wirtschaft, verringert unsere Abhängigkeit und schafft neue Arbeitsplätze.»

Jeder Verbraucher kann beitragen

In einer Prognose für das Jahr 2050 gehen die Berichterstatter davon aus, dass die Menge an Elektroschrott auf 1,2 Millionen bis 1,9 Millionen Tonnen steigen wird – je nachdem, ob so weitergemacht wird wie bisher, ob das Recycling verbessert wird oder ob eine echte Kreislaufwirtschaft aufgebaut wird. Die Berichtsautoren erwarten, dass der Anteil von Solarmodulen am Elektroschrott bis 2050 besonders stark steigt, und zwar von 0,15 Millionen Tonnen auf bis zu 2,2 Millionen Tonnen. Zuwächse prognostizieren sie auch für große und kleine elektrische Haushalts- und IT-Geräte, mit Ausnahme von Bildschirmen und Monitoren, für die sie einen Rückgang vorhersagen.

Magdalena Charytanowicz vom WEEE Forum hob zum Internationalen Tag des Elektroschrotts außerdem hervor, dass die Kreislaufwirtschaft in jedem Haushalt beginnt: «Indem sie alte Elektronikgeräte reparieren, wiederverwenden oder über ordnungsgemäße Sammelsysteme zurückgeben, tragen Verbraucher direkt dazu bei, die Versorgung Europas mit wichtigen Rohstoffen zu sichern, Umweltschäden durch den Bergbau zu reduzieren und neue grüne Arbeitsplätze zu schaffen.» Der Erfolg der Maßnahmen hängt ihr zufolge nicht nur von der Gesetzgebung ab, sondern auch von den täglichen Entscheidungen der Bürger.

FutuRaM: Wissen über Sekundärrohstoffe

FutuRaM steht für Future Availability of Secondary Raw Materials (Zukünftige Verfügbarkeit von Sekundärrohstoffen). Ziel des Projektes ist es, Wissen über Sekundärrohstoffe in der EU zu sammeln und weiterzugeben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN-Wochenrückblick

Weniger E-Mails, mehr Substanz: Der DWN-Wochenrückblick liefert 1x/Woche die wichtigsten Themen kompakt und Podcast. Für alle, deren Postfach überläuft.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: US-Aktien steuern mit Gewinnen auf das Jahresende zu, Goldpreis erreicht neues Rekordhoch
22.12.2025

Die US-Aktien legten am Montag zu, wobei die drei großen Indizes den dritten Tag in Folge Gewinne verzeichneten. Gold setzte seine Rallye...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Globale Wirtschaft: Fed-Zurückhaltung bremst Wachstum und Aktienmärkte weltweit
22.12.2025

Nach der starken Rally an den Aktienmärkten mehren sich die Zweifel, ob das globale Wachstum ohne neue geldpolitische Impulse tragfähig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundeskartellamt verhängt zehn Millionen Euro Bußgeld
22.12.2025

Zehn Millionen Euro Bußgeld – das klingt nach wenig für Deutschlands oberste Wettbewerbshüter. Tatsächlich ist es ein deutlicher...

DWN
Finanzen
Finanzen Persönliche Daten bei Banken: Was Sie preisgeben müssen - und was nicht
22.12.2025

Bevor Banken Konten, Kredite oder Depots freigeben, sammeln sie umfangreiche Daten. Doch nicht jede Auskunft ist verpflichtend – viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Schaeffler-Aktie vor dem Ausbruch: Zehn Prozent Umsatz aus neuen Geschäften
22.12.2025

Während andere Rüstungsaktien nach ihrer Rally ins Stocken geraten, schiebt sich ein Industriekonzern überraschend nach vorn. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fallender Ölpreis hält Kraftstoffpreise vor den Feiertagen niedrig
22.12.2025

Der Ölpreis ist erstmals seit Beginn des Ukrainekriegs unter 60 US-Dollar gefallen. Für Verbraucher bedeutet das niedrige...

DWN
Technologie
Technologie Smart Cities: Fluch oder Segen?
22.12.2025

Smart Cities sind längst keine Zukunftsmusik mehr. In Städten wie Grevenbroich testen Sensoren, Kameras und KI das urbane Leben der...

DWN
Politik
Politik EU-Ukraine-Finanzierung: Milliardenkredit ohne Zugriff auf russisches Vermögen – die Hintergründe
22.12.2025

Die EU sucht nach Wegen, die Ukraine finanziell zu stützen, ohne neue politische Bruchlinien in der Union zu erzeugen. Doch welche Folgen...