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Poesie der Bürokraten: „Die fünf größten Errungenschaften der EU-Kommission“

José Manuel Barroso und Edmund Stoiber haben das Vermächtnis der scheidenden EU-Kommission vorgelegt: Unter dem Titel „Die fünf größten Errungenschaften der EU-Kommission“ wurde eine Pressemitteilung veröffentlicht, die die DWN ausnahmsweise ohne redaktionelle Bearbeitung präsentieren. Wer am Ende des Textes noch weiß, was drinnensteht, kann ein Zehn-Jahres-Abo der DWN gewinnen.
15.10.2014 01:29
Lesezeit: 4 min

Pressemitteilung

Brüssel, 14. Oktober 2014

Vereinfachung und Verschlankung des EU-Rechts – Eine Bestandsaufnahme

Heute bewertet die Kommission ihre Anstrengungen zur Vereinfachung und Verschlankung des EU-Rechts. Auf der Konferenz mit dem Titel „Intelligente Regulierung in der Europäischen Union – auf einer soliden Grundlage aufbauen“ werden Politiker, Interessenträger und Experten prüfen, welche Fortschritte in Bezug auf die intelligente Regulierung, den Abbau der Verwaltungslasten und die bessere Umsetzung des EU-Rechts erzielt wurden und welche Herausforderungen nach wie vor bestehen. Bei dieser Gelegenheit wird Dr. Edmund Stoiber, der Vorsitzende der Hochrangigen Gruppe zur Reduzierung von Verwaltungslasten, die die Kommission seit 2007 berät, Kommissionspräsident José Manuel Barroso den Abschlussbericht der Gruppe überreichen.

Präsident Barroso erklärte dazu: „Gleich zu Beginn meiner ersten Amtszeit habe ich die intelligente Regulierung zu einer zentralen Priorität der Kommission erklärt. Damit die Europäische Union glaubwürdig bleibt, muss sie ihre Maßnahmen auf die Themen konzentrieren, die am besten auf europäischer Ebene angegangen werden können. Gleichzeitig muss sie dafür sorgen, dass das EU-Recht schlanker, einfacher und kostengünstiger wird. Die intelligente Regulierung ist auch für die Förderung von Wachstum und Beschäftigung in Europa von entscheidender Bedeutung, und wir haben während der vergangenen zehn Jahre alles getan, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Ich glaube, wir können stolz sein auf das, was wir in diesem Zeitraum erreicht haben. Es ist uns gelungen, in Bezug auf die Arbeitsweise der Kommission so etwas wie einen kulturellen Wandel herbeizuführen. Unser Erfolg hängt ganz entscheidend davon ab, dass das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten einen ähnlichen Ehrgeiz wie die Kommission an den Tag legen. Ich danke Edmund Stoiber und seiner Hochrangigen Gruppe für den überaus wertvollen Beitrag, den sie in Form von zahlreichen Stellungnahmen, Berichten und Empfehlungen geleistet hat. Die neue Kommission kann bei ihrer Aufgabe, die Agenda für intelligente Regulierung voranzutreiben, auf einer sehr soliden Grundlage aufbauen.“

Dr. Edmund Stoiber, Vorsitzender der Hochrangigen Gruppe im Bereich Verwaltungslasten, äußerte sich mit folgenden Worten: „Mein Fazit nach sieben Jahren ehrenamtlicher Arbeit ist positiv: Wir haben viel mehr erreicht, als ich selbst erwartet hatte. Das Abbauziel wurde mit über 33 Milliarden Euro deutlich übertroffen. Der wichtigste Erfolg ist ein neues Denken: Präsident Barroso hat mit der jahrzehntelangen Grundeinstellung gebrochen, dass jede noch so detaillierte EU-Regelung automatisch gut für die europäische Integration ist. Eine neue Ära wurde eingeleitet, und Aufgabe der neuen Kommission wird es sein, diese fortzusetzen und weiter zu stärken. Ich empfehle nachdrücklich, dass die Vorschläge meiner Gruppe aufgegriffen und umgesetzt werden. Nur so werden die Versprechen im zurückliegenden Europawahlkampf für ein bürgernahes und unbürokratisches Europa eingelöst."

Die fünf größten Errungenschaften der Europäischen Kommission bei der besseren Rechtsetzung sind folgende:

Die Kommission hat die richtigen Prioritäten gesetzt. Getreu dem Motto von Präsident Barroso „Großer Einsatz bei großen Themen und Zurückhaltung bei kleinen Dingen“ betrafen die Vorschläge der Kommission insgesamt wichtige politische Herausforderungen, die eine europäische Antwort erforderten: die Rechtsvorschriften zur Regulierung und Beaufsichtigung der Finanzmärkte, die Verstärkung des Stabilitäts- und Wachstumspakts, das neue Konzept für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik im Rahmen des Europäischen Semesters, die EU-Wachstumsstrategie „Europa 2020“, die Vorschläge für eine ehrgeizige Energie- und Klimapolitik, die Vollendung des Binnenmarkts und bessere Verbindungen im Binnenmarkt, das Gemeinsame europäische Asylsystem, der moderne und wachstums- und arbeitsmarktorientierte EU-Haushalt 2014-2020, Handels- und Investitionsabkommen, Unterstützung für die Ukraine usw.

Bei der Ausarbeitung ihrer Vorschläge hat die Kommission darauf geachtet, dass sie den Grundsätzen der intelligenten Regulierung Rechnung trägt. Zu diesem Zweck hat sie ihre einschlägigen Instrumente verbessert: Systematisch durchgeführte Konsultationen der Interessenträger, Folgenabschätzungen und Evaluierungen tragen zu faktengestützten politischen Entscheidungen bei. Zu allen Vorschlägen mit erheblichen Auswirkungen wird eine Folgenabschätzung erstellt. Es werden verschiedene Optionen aufgezeigt und die potenziellen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Folgen der Maßnahme bewertet. Seit 2007 sind mehr als 680 Folgenabschätzungen erstellt worden. Um die Ergebnisse leichter zugänglich zu machen, wird eine zweiseitige Zusammenfassung der Folgenabschätzungen veröffentlicht. Unabhängige Qualitätsbewertung und -kontrolle wird durch den Ausschuss für Folgenabschätzung der Kommission gewährleistet. Dieser hat in den vergangenen zwei Jahren mehr als 40 % aller übermittelten Entwürfe für Folgenabschätzungen an die zuständigen Dienststellen zur Überarbeitung zurückgeschickt. Die Kommission verlängerte die Konsultation der Interessenträger von acht auf zwölf Wochen. Im vergangenen Jahr standen die Themen Leitlinien für die Durchführung von Bewertungen und Folgenabschätzungen und Leitlinien für die Konsultation der Interessengruppen auf dem Programm. Darüber hinaus fordert die Kommission Bürger und Unternehmen auf, Bereiche aufzuzeigen, in denen der Regulierungsaufwand reduziert und die Gesetzgebung durch eine kontinuierliche Online-Konsultation vereinfacht werden kann. Seit 2010 setzt die Kommission nach und nach den Grundsatz „erst evaluieren“ durch, mit dem die Unterstützung ihrer Vorschläge durch Ex-post-Bewertungen sichergestellt werden soll.

Seit 2012 ist das REFIT-Programm der Kommission für Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung Schwerpunkt sämtlicher Bemühungen um intelligente Regulierung. Auf der Grundlage einer regelmäßigen Überprüfung der Rechtsakte der EU wurden mit Hilfe dieses Programms bislang etwa 200 Einzelmaßnahmen ermittelt. Dazu gehören neben Vorschlägen zur Vereinfachung und zur Verringerung der Verwaltungslasten auch die Aufhebung von Rechtsvorschriften, die nicht länger notwendig sind, sowie die Zurücknahme von Vorschlägen, über die im Parlament oder Rat keine Einigung erzielt werden konnte, und Bewertungen von Politikbereichen, um weitere Möglichkeiten für eine Vereinfachung und Verringerung der Verwaltungslasten auszuloten, ohne gegen das öffentliche Interesse zu verstoßen. Seit 2005 hat die Kommission insgesamt mehr als 6100 Rechtsakte aufgehoben und beinahe 300 Vorschläge zurückgezogen. Im Rahmen von REFIT verpflichtete sich die Kommission außerdem, nur Vorschläge für neue Gesetze vorzulegen, bei denen ein eindeutiger EU-Mehrwert nachweisbar ist. Dies trifft beispielsweise auf die Vorschläge in den Bereichen Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz für Friseure oder arbeitsbedingte Erkrankungen des Bewegungsapparats zu, die derzeit eingehend auf ihren EU-Mehrwert geprüft werden. In dem jährlich aktualisierten REFIT-Anzeiger werden die Fortschritte in allen Politikbereichen und bei jeder REFIT-Maßnahme bewertet.

Die angestrebte Verringerung der Verwaltungslasten um 25 % in dreizehn Bereichen, denen im EU-Programm zur Verringerung der Verwaltungslasten Vorrang eingeräumt wurde, wurde überschritten. Mit den auf Anregung der „Stoiber-Gruppe“ von der Kommission vorgeschlagenen und vom Mitgesetzgeber verabschiedeten Initiativen konnte ein Bürokratieabbau von schätzungsweise 27 % erzielt werden, was mehr als 33,4 Mrd. EUR jährlich an Einsparungen für Unternehmen entspricht. Hierbei handelt es sich Kosteneinsparungen in Höhe von 18,8 Mrd. EUR für die Rechnungsstellung und in Höhe von 6,6 Mrd. EUR für die jährlichen Rechnungslegungsanforderungen1.

Die Kommission wendet das Prinzip „Vorfahrt für KMU“ an und trägt dabei den Auswirkungen von Rechtsvorschriften auf kleine und mittlere Unternehmen Rechnung. Sofern dies gerechtfertigt und wo immer dies möglich ist, werden für KMU Ausnahmeregelungen und weniger strenge Vorschriften für Rechtsvorschriften angewandt. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wurden im Rahmen des „Top-10“-Konsultationsprozesses gebeten, darzulegen, was ihrer Ansicht nach die größten Hindernisse sind, die sich für sie aufgrund der EU-Rechtsvorschriften ergeben. Im Rahmen des REFIT-Programms wurden umfassende Folgemaßnahmen organisiert, z. B. wurden die Gebühren für die Registrierung chemischer Stoffe im Rahmen von REACH für KMU um 35 % bis 95 % gesenkt, die Mehrwertsteuererklärung wurde vereinfacht und die Formalitäten für die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen wurden verringert.

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