Technologie

Gasschulden der Ukraine: EU-Steuerzahler muss Finanzierung übernehmen

Die EU sieht sich im Gas-Streit mit Russland einer überraschenden neuen Allianz gegenüber: Wladimir Putin und Petro Poroschenko haben sich darauf geeinigt, dass die EU die offenen Rechnungen bei Gazprom übernimmt. Der vermeintliche Kampf um die Achtung des Völkerrechts dürfte die europäischen Steuerzahler zunächst 4,5 Milliarden Euro kosten.
18.10.2014 02:14
Lesezeit: 2 min

Vor der nächsten Runde der Gasgespräche zwischen Kiew und Moskau hat sich der ukrainische Präsident Petro Poroschenko mit Kanzlerin Angela Merkel über das weitere Vorgehen abgestimmt. Die Ukraine und Russland wollen am kommenden Mittwoch eine Lösung des Streits um Schulden Kiews und Gastarife für die Wintermonate vereinbaren. Poroschenko und Merkel hätten in einem Telefonat die Ergebnisse der Gasverhandlungen am Dienstag in Brüssel besprochen, teilte das Kiewer Präsidialamt am späten Mittwochabend mit. Die beiden sprachen zudem über die Lage in der Konfliktregion Ostukraine.

Für die europäischen Steuerzahler dürfte das zu erheblichen finanziellen Belastungen führen.

Russland ist im Gasstreit mit der Ukraine zu Zugeständnissen bereit, besteht bei künftigen Lieferungen aber weiter auf Vorkasse. «Wir werden nichts mehr auf Pump liefern», sagte Kremlchef Wladimir Putin am Freitag nach Verhandlungen mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko in Mailand. Er habe in dem Gespräch Preisnachlässe und Rabatte angeboten, damit die Ukraine «über den Winter» komme. Putin rief die EU-Kommission auf, die Ukraine finanziell zu unterstützen, damit das fast bankrotte Land seine Gasrechnungen bei Russland begleichen könne. Russland hatte der Ukraine im Juni wegen Milliardenschulden das Gas abgestellt. Die Schulden belaufen sich nach Aussage Putins auf 4,5 Milliarden Dollar.

Wie die FT berichtet, sagte Putin nach dem Treffen zu Reportern: «Es liegt jetzt an der EU, etwas zu riskieren, um der Ukraine bei ihrer wirtschaftlichen Erholung zu helfen. Es braucht dazu nicht allzu viel Geld, vielleicht etwas weniger, als Russland bereits zur Verfügung gestellt hat.»

Auch der ukrainische Präsident Petro Poroschenko sagte, er hoffe, die Einigung könne bis zu einem von der EU vermittelten Treffen am Dienstag in Brüssel festgezurrt werden. Die beiden Länder streiten zum einen über den Preis und zum anderen über die Bezahlung früherer Gaslieferungen. Deshalb drehte Russland der Ukraine im Juni den Gashahn zu. Die Auseinandersetzung könnte sich im Winter auch auf andere Länder auswirken, weil die EU ein Drittel ihres Gases aus Russland bezieht. Die Hälfte davon fließt durch die Ukraine, die im Winter ebenfalls viel Gas benötigen dürfte. Noch am Donnerstag drohte Russland mit einer Verringerung der Gaslieferungen nach Europa, falls einzelne EU-Staaten weiter vertragsbrüchig sind und das für die EU gekaufte Gas an die Ukraine liefern. Erst kürzlich hatte Russland die Slowakei dazu gebracht, sich von dieser Praxis zu verabschieden. 

Damit bilden Putin und Poroschenko eine neue Allianz: Beide können nun darauf pochen, dass die EU mit dem umstrittenen Assoziierungsabkommen die Ukraine quasi zum Einflussbereich der EU zählt. Für Putin hat die Sache den Vorteil, dass der Pleite-Staat Ukraine nicht mehr sein finanzielles Problem ist. Poroschenko weiß genau, dass die verschiedenen korrupten Regierungen das Land so heruntergewirtschaftet haben, dass sie sich kein Gas mehr für ihre eigene Bevölkerung leisten kann.

Poroschenko weiß allerdings auch, dass die EU in ihrem Haushalt bereits 11 Milliarden Euro für die Integration der Ukraine vorgesehen hat. Ein Teil dieses Geldes könnte nun an Gazprom liefern, ohne dass die Steuerzahler oder die nationalen Parlamente widersprechen können. Besonders unerfreulich für die kleinen EU-Staaten: Sie waren bei den Verhandlungen in Mailand nicht vertreten. Ihre Interessen wurden von den Brüsseler Präsidenten Van Rompuy und Barroso wahrgenommen.

Die Steuerzahler der EU zahlen bereits jetzt für den säumigen Schuldner Ukraine: Die Umleitungen des russischen Gases gehen zu Lasten der Europäer. Genaue Angaben über die bereits entstandenen Kosten gibt es nicht, weil die Regierungen der EU-Staaten das Thema unter den Teppich kehren. Es wird erwartet, dass die Amerikaner darauf bestehen werden, dass die EU die Finanzierung übernimmt. Der von den Amerikanern eingesetzte Übergangspremier Arseni "Jaz" Jazenjuk ist bereits beim IWF vorstellig geworden, um einen Teil der Bank-Schulden aus IWF-Geldern zu begleichen. Der IWF vertritt vorrangig die Interessen der Amerikaner, die nicht wollen, dass ihre Banken bei der Ukraine zu Schaden kommen. 

Es wird erwartet, dass die EU den Wünschen von Putin und Poroschenko nachgibt. Der deutsche Energiekommisar Günther Oettinger hatte bereits vor Wochen angekündigt, dass die EU die Gelder ihrer Steuerzahler einsetzen will, um die offenen Gazprom-Rechnungen zu bezahlen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Technologie
Technologie BradyPrinter i7500: Revolution im Hochpräzisionsdruck

Sie haben genug vom altmodischen Druck großer Etikettenmengen? Keine Kalibrierung, keine Formatierung, kein umständliches Hantieren mit...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik US-Chatskandal: Trump weist Verantwortung von sich
26.03.2025

Nach der Enthüllung des US-Chatskandals mit sensiblen Militärinformationen spielt Präsident Donald Trump die Tragweite der...

DWN
Politik
Politik Sicherheitslage im Schwarzen Meer: Russland fordert Aufhebung von Sanktionen
26.03.2025

Die Bemühungen um eine Deeskalation des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zeigen weiterhin kaum Wirkung. Während die USA als...

DWN
Politik
Politik Razzia in sechs Bundesländern wegen mutmaßlicher Eritrea-Terrorgruppe
26.03.2025

Die Bundesanwaltschaft durchsucht Wohnungen im Zusammenhang mit einer Eritrea-Terrorgruppe. Diese soll für gewaltsame Ausschreitungen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Boeing droht harte Bruchlandung durch US-Zölle auf Kanada und Mexiko
26.03.2025

Die von der US-Regierung verhängten Zölle belasten die amerikanische Luftfahrtindustrie erheblich. Während Einfuhrzölle auf Aluminium...

DWN
Politik
Politik Verfassungsgericht: Solidaritätszuschlag auf dem Prüfstand - Karlsruhe schmettert "Soli"-Klage ab
26.03.2025

Das Soli-Urteil ist gefallen: Das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwoch entschieden, dass der Solidaritätszuschlag verfassungsgemäß...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen weiter volatil: Anleger sollten die USA verlassen, raten Aktienexperten - was das konkret heißt
26.03.2025

Da sich die US-Aktien nicht entscheidend erholen können, sprechen Marktanalysten über die Gefahr einer Rezession in den USA. Für Anleger...

DWN
Politik
Politik YouGov-Umfrage: AfD fährt höchsten Wert aller Zeiten ein
26.03.2025

Laut zwei aktuellen Wahlumfragen kann die AfD ihren Abstand zur CDU/CSU weiter verringern. Die Partei fährt bei einer YouGov-Umfrage ihren...

DWN
Panorama
Panorama Ausbildung im Bestattungswesen: Wo Handwerk und Baggerfahren auf Medizin- und BWL-Studium treffen
26.03.2025

In einer Kleinstadt in Unterfranken lernen junge Menschen in einem Ausbildungszentrum den vielseitigen Beruf des Bestatters. Neben...