Politik

Kapitalflucht: Griechen holen ihr Geld von der Bank

Griechischen Banken leiden unter den Spannungen zwischen Athen und seinen Gläubigern. Bank-Aktien verloren am Mittwoch mehr als acht Prozent ihres Wertes. Zudem ziehen Kunden aus Furcht vor Kapitalverkehrskontrollen mehr Geld von ihren Konten ab als zuvor.
19.03.2015 12:52
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Griechische Bankaktien verloren am Mittwoch rund acht Prozent ihres Wertes. Gleichzeitig war der Kapitalabzug der Kunden höher als in den Tagen davor. Insider schätzen, dass allein am Mittwoch rund 350 bis 400 Millionen Euro abgezogen wurden – was dem Fünffachen des Durchschnitts der vergangenen Tage entspricht, berichtet Kathimerini.

Vorrausgegangen waren dem Aussagen von Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem vom Dienstag, mögliche Kapitalverkehrskontrollen einzuführen. Wegen des Schuldenstreits zwischen Athen und den restlichen Euroländern ziehen die Griechen hohe Summen von ihren Konten ab. Dieses Geld fließt zum Teil ins Ausland. In Zypern wurden solche Kontrollen im Jahr 2013 im Zuge der damaligen Beteiligung privater Gläubiger an der Bankenrettung eingeführt.

Griechenland hat zudem ein großes Liquiditätsproblem. Dies gab Vizeregierungschef Giannis Dragasakis im griechischen Fernsehen zu. „Wir laufen Gefahr, ohne Geld zu bleiben“, sagte Dragasakis in einem TV-Interview am späten Mittwochabend. „Griechenland hat seit August 2014 keine Tranche von den Institutionen (Geldgebern) erhalten. Wir aber zahlen normal unsere Verpflichtungen“, fügte er hinzu.

Griechenland muss nach den Worten von Dragasakis „von jetzt bis 2020 43 Milliarden Euro Zinsen und weitere 83 Milliarden Euro für die Tilgung seiner Schulden bezahlen“. Es werde „ein Problem geben, wenn nicht gesichert wird, dass alle Institutionen ihre Rolle spielen“, sagte Dragasakis. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass es zu keinem Staatsbankrott kommen werde.

Dragasakis warf den Geldgeber-Kontrolleuren vor, sie ließen die Regierung in Athen nicht ihre Gesetze so umsetzen, wie sie es sich vorstelle. „Sie lassen die Regierung nicht regieren“, sagte er.

Eine Umfrage des griechischen Fernsehsenders Alpha TV zeigt, dass die Griechen ihre Regierung weiterhin unterstützen, allerdings sind die Werte von 83,1 Prozent vom Februar (kurz nach dem Amtsantritt) auf 59,8 Prozent gefallen. Interessanterweise stimmten allerding 61,2 Prozent der Griechen dafür, im Euro zu bleiben – auch wenn das bedeutet, dass man sich weiterhin an die Auflagen der Troika halten müsse. Etwa 32,5 Prozent würden eine Rückkehr zur Drachme bevorzugen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Griechenlands Hoffnungen auf schnelles Geld der Euro-Partner gedämpft. Entscheidungen dazu fielen weder bei einem Spitzentreffen am Rande des EU-Gipfels in Brüssel noch beim Besuch des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras am Montag in Berlin, sagte Merkel am Donnerstag im Bundestag. Nur wenn das Land seine Zusagen einlöse, könnten die Partner helfen. Für EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gehen die Reformen in Griechenland noch nicht weit genug (Video am Anfang des Artikels). EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sprach von zwei bis drei Milliarden Euro, die Griechenland kurzfristig brauche, um eine Pleite abzuwenden.

Die EZB hat Bankenkreisen zufolge den Geldhahn für die griechischen Banken etwas weiter geöffnet, um Schlimmeres abzuwenden. So wurde der Spielraum für die griechische Notenbank für Notfallkredite an die heimischen Geldhäuser um 400 Millionen Euro erweitert. Die griechischen Banken sind der wesentliche Käufer für kurzlaufende Staatspapiere, mit denen sich das Land derzeit vorrangig finanziert. Nach einem Zeitungsbericht versucht die Regierung in Athen zudem, die staatlichen Versorger dazu zu bewegen, ihr Geld zu leihen.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona: Aufwärtstrend bei Amateurmusik - Deutsche musizieren wieder
18.04.2025

Den Flohwalzer klimpern, ein Liebeslied singen, auf der Gitarre schrammeln – Hobbymusik hat viele Facetten. Doch wie viele Menschen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Blick aus China: Die USA haben an Bedeutung verloren, Zölle beeinträchtigen die Lieferketten nicht
18.04.2025

Die Bedeutung des US-Marktes für China habe in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen und mache heute nur noch 14 Prozent der...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliardärsmanager fliehen aus US-Aktien: Der stille Countdown zur Rezession hat begonnen
17.04.2025

Eine neue Erhebung der Bank of America zeigt: Die Stimmung unter den großen Vermögensverwaltern kippt dramatisch. Während die Finanzwelt...

DWN
Politik
Politik Merz und EU offen für Tauruslieferung an Ukraine: Kreml warnt vor direkter Kriegsbeteiligung
17.04.2025

In der Opposition war Merz offen für eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Als voraussichtlicher Kanzler ist er das...

DWN
Panorama
Panorama Die Macht der WHO: Internationaler Pandemievertrag kommt
17.04.2025

Fünf Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie haben sich die WHO-Mitgliedstaaten auf ein Pandemieabkommen geeinigt. „Ich habe keinen...

DWN
Technologie
Technologie Mechanische Speicher als geopolitische Alternative: Lithium-Batterien geraten unter Druck
17.04.2025

Angesichts wachsender Abhängigkeit von China bei Lithium-Batterien rücken mechanische Energiespeicher in den Fokus. Eine...

DWN
Technologie
Technologie Japanisches Genie revolutioniert Energiewende – Supermagnet jetzt 20 Milliarden Euro wert
17.04.2025

Im globalen Wettrennen um Energiesouveränität und technologische Vorherrschaft hat sich ein unscheinbares Element als strategischer...

DWN
Politik
Politik Taiwan, Sanktionen und Respekt - China stellt klare Bedingungen für Handelsgespräche mit den USA
17.04.2025

China fordert mehr Respekt und klare Signale der USA, bevor Handelsgespräche beginnen – eine Einigung ist entscheidend für die...